(zg) Am 2. April 2014 feiert das Auto & Technik Museum Sinsheim ein ganz besonderes Jubiläum: an diesem Tag vor genau 10 Jahren wurde die im Museum ausgestellte Air-France Concorde F-BVFB erstmals für die Besucher zur Besichtigung freigegeben. Rund zwei Wochen zuvor war das Flugzeug von zwei riesigen Kränen auf ein massives Stahlgerüst oberhalb des Museumsdachs gehoben worden. Danach musste noch eine stählerne Wendeltreppe installiert werden, über die die Besucher den Einstieg auf einer Höhe von gut 25 Metern erreichen können. Mehr als 5 Millionen Museumsgäste haben die Concorde in Sinsheim seither besichtigt. Das sind über 1 Million Menschen mehr, als von der gesamten Concorde-Flotte während der Zeit des Liniendienstes befördert wurden.
Fast drei Jahrzehnte lang, von 1976 bis 2003, hat das kleine Concorde-Geschwader von Air France und British Airways die Stratosphäre beherrscht. Die Concorde war ein Statussymbol, das Flugzeug der Schönen und Reichen, denn man musste tief in die Tasche greifen, wenn man mit dem eleganten Aluminiumvogel mit doppelter Schallgeschwindigkeit den Atlantik überqueren wollte. Dafür kam man aber auch früher an, als man abgeflogen war, denn für die Strecke von Paris nach New York mit sechs Stunden Zeitverschiebung brauchte die Concorde nur etwas über drei Stunden.
Obwohl die Technik den Weiterbetrieb noch viele weitere Jahre ermöglicht hätte, entschlossen sich Air France und British Airways im Frühjahr 2003, den Linienflugbetrieb mit der Concorde zu beenden und die Flugzeuge an Museen zu übergeben. Die wichtigsten Gründe für diese Entscheidung waren ungelöste Sicherheitsprobleme nach dem Unglück vom 25. Juli 2000, bei dem 113 Menschen, davon 97 aus Deutschland, ihr Leben verloren, und die sinkenden Passagierzahlen nach dem Anschlag auf das World Trade Center im September 2001 kurz nach der Wiederaufnahme der Linienflüge nach New York.
Nur zwei „Concorde“ wurden nach der Außerdienststellung von Air France an Museen außerhalb Frankreichs vergeben, eine davon nach Sinsheim. Dadurch war es möglich, in Sinsheim ein einzigartiges Ensemble der Luftfahrtgeschichte zu gestalten, denn bereits zwei Jahre zuvor war es dem Museum pünktlich zum 20-jährigen Gründungsjubiläum gelungen, eine Tupolev 144 zu erwerben und in Sinsheim auf riesigen Stahlstützen auf dem Museumdach aufzustellen.
Die Tupolev 144 war das sowjetische Gegenstück zur Concorde und das einzige weitere Überschall-Passagierflugzeug, das bis heute im Liniendienst flog. Vorsichtshalber wurde die Tupolev 144 so auf dem Dach platziert, dass ausreichend Platz für eine Concorde blieb. Aber niemand hätte damals ernsthaft geglaubt, dass sich der Traum des Museums, die beiden einzigen jemals in Serie gebauten Überschall-Passagierflugzeuge Seite an Seite zu präsentieren, schon bald erfüllen sollte.
„Die Concorde war ein Meilenstein in der Geschichte von Air France“, unterstrich der Air France Vorstandsvorsitzende Jean-Cyril Spinetta bei der Übergabe der Concorde an das Auto & Technik Museum Sinsheim. „Die siebenundzwanzigjährige Concorde-Ära war geprägt von Engagement, Rekorden, Enthusiasmus und der Tragödie vom 25. Juli 2000, die sich für immer in unser Gedächtnis eingegraben hat. Die Erinnerung an die Besatzung und die Passagiere des Fluges 4590 wird für immer in uns weiterleben. Wir alle wissen, wie sehr unsere deutschen Freunde von diesem tragischen Ereignis betroffen waren. Die Hommage an die Opfer bewog Air France nun wie selbstverständlich dazu, dem Auto & Technik Museum Sinsheim, einem der faszinierendsten Luftfahrtmuseen der Welt, ein Flugzeug aus der Concorde-Flotte zu überstellen.“
Zehn Jahre sind seither vergangen und die „schönen weißen Vögel“ auf dem Museumsdach sind längst nicht nur für die Bewohner der Region, sondern auch für die Autofahrer, die auf der A6 unterwegs sind, zu einem vertrauten Anblick geworden. Im Verlauf des März wurden beide Flugzeuge aufwändig gereinigt, um jetzt wieder im vollen Glanz zu erstrahlen.
Das Auto & Technik Museum Sinsheim ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet, am Wochenende bis 19 Uhr.
Zur Concorde F-BVFB des Auto & Technik Museum Sinsheim
Die „Concorde“ Seriennummer 7 mit der Kennung F-BVFB wurde am 8. April 1976 in die Air France Flotte aufgenommen. Die Maschine flog vom 1. bis 21. September 1988 um die Welt und legte dabei in 38 Stunden und 13 Minuten 47.572 km zurück. Insgesamt brachte diese Concorde 14.771 Flugstunden und 5.473 Flüge hinter sich.
Am 24. Juni 2003 startete die F-BVFB ein letztes Mal, um über dem Atlantik noch einmal die Schallmauer zu durchbrechen. Diesmal war das Ziel aber nicht New York oder Rio de Janeiro, sondern der Baden – Airpark bei Karlsruhe. Viele Arbeiten waren danach notwendig, um die Königin der Lüfte transportfertig zu machen. Spezialisten der Air France und des Auto & Technik Museum Sinsheim bauten die Triebwerke aus und nahmen die Flügelspitzen und das Heckleitwerk ab. Nach zahlreichen Machbarkeitsstudien und Sitzungen mit den zuständigen Behörden wurde eine optimale Transportstrecke ausgewählt und der Transport akribisch vorbereitet. Wie bei fast allen Schwertransporten des Museums waren dabei wieder die Spezialisten der Spedition Kübler und der Firma Scholpp federführend tätig. Das größte Problem war die extreme Breite des Flugzeugs. Trotz der Demontage der Flügelspitzen betrug diese immer noch stolze 14,45 Meter. Der Transport konnte daher nur auf einem kippbaren Spezial-Tieflader erfolgen. Ansonsten hätte die „Concorde“ nicht unter allen Autobahnbrücken hindurch gepasst.
Die Concorde wurde zunächst auf einem Tieflader zum Rhein gefahren und mit einem Lastenponton zu einem Naturhafen bei Speyer gebracht. Von dort wurde sie über die Autobahn dann nach Sinsheim transportiert. Der Straßentransport startete am 19. Juli 2003 und
dauerte bis in die Morgenstunden des darauf folgenden Tages. Zehntausende Schaulustige säumten noch weit nach Mitternacht die gesperrte Autobahn, um das Großereignis mitzuerleben. Nach dem Zusammenbau auf dem Museumsgelände wurde die „Concorde“ am 17. März 2004 in Startposition auf einem Stahlgerüst über der Halle 2 des Museums neben der Tupolev 144 verankert.
Quelle: Auto & Tehnik Museum Sinsheim