Schuldsprüche wegen Straßenverkehrsdelikten am häufigsten
Im Jahr 2017 wurden in Baden-Württemberg rund 100 7001 Personen vor Gericht schuldig gesprochen. Gegenüber 2016 waren dies rund 2 000 Personen oder 1,9 Prozent weniger. Wie das Statistische Landesamt nach Auswertung der Strafverfolgungsstatistik 2017 weiter mitteilte, hat sich damit mit Ausnahme von 2016 der seit dem Jahr 2007 zu beobachtende Rückgang der Verurteiltenzahl weiter fortgesetzt. Besonders positiv ist, dass der Rückgang in allen Altersgruppen festzustellen war. Prozentual am stärksten war er in der Gruppe der Jugendlichen im Alter von 14 bis unter 18 Jahren um 7,2 Prozent oder 300 Verurteilte auf nunmehr rund 3 800 Verurteilte. In der Gruppe der Heranwachsenden im Alter von 18 bis unter 21 Jahren ging die Zahl der Schuldsprüche um 6,8 % (–600 Personen) auf 8 400 Verurteilte zurück. Nachdem bei den Erwachsenen der Altersgruppe 21 Jahre und älter 2016 gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg der Verurteiltenzahl zu beobachten war, ging die Zahl der Schuldsprüche 2017 in dieser Altersgruppe auch wieder zurück, und zwar um rund 1 100 oder 1,2 % auf 88 400.
Verurteiltenhäufigkeit in allen Altersgruppen gesunken
Informationen zur Zahl der Verurteilten sowie deren Entwicklung im Zeitverlauf sind gesellschaftspolitisch von besonderer Bedeutung. Allerdings ist bei der Auswertung der Daten zu beachten, dass die Zahl der Gerichtsverfahren durch eine ganze Reihe von Faktoren beeinflusst wird. Dies können beispielsweise mögliche Änderungen im Anzeigeverhalten, der Erfolg der Ermittlungsbehörden und von Projekten der Kriminalprävention sowie mögliche Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen und/oder der Sanktionierungspraxis der Gerichte und Staatsanwaltschaften sein. Ganz entscheidend für die Beurteilung der Kriminalitätsbelastung ist aber die demografische Struktur und Entwicklung der Bevölkerung. Um den Einfluss der demografischen Entwicklungen auf die Verurteiltenzahlen auszuschließen, wird eine demografiebereinigte Verurteiltenhäufigkeit (Verurteiltenziffer) berechnet, bei der die Zahl der Verurteilten auf die Personen der jeweiligen Bevölkerungsgruppe bezogen wird. Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren bleiben unberücksichtigt, da diese nicht strafmündig sind. Aus dem Ergebnis der Strafverfolgungsstatistik 2017 zeigt sich, dass die Verurteiltenhäufigkeit insgesamt gegenüber dem Vorjahr um 2,4 % auf 1 055 zurückging. Anders ausgedrückt heißt dies, dass 2017 von jeweils 100 000 Personen im Alter von mindestens 14 Jahren 1055 Personen wegen einer Straftat verurteilt wurden, das waren 26 Verurteilte weniger als im Jahr 2016. Innerhalb der Altersgruppen war bei den Heranwachsenden der Rückgang der Verurteiltenziffer mit 7,7 Prozent auf nunmehr 2 165 am stärksten. Bei den Jugendlichen ging die Ziffer um 5,6 Prozent auf 857 und bei den Erwachsenen um 1,8 % auf 1 016 zurück. Damit war in allen Altersgruppen die Verurteiltenziffer so niedrig wie noch nie seit der Gründung Baden-Württembergs im Jahr 1952. Des Weiteren war die Verurteiltenziffer der Jugendlichen nunmehr bereits seit 2014 niedriger als bei den Erwachsenen. In der Altersgruppe der Heranwachsenden war die Verurteiltenziffer nach wie vor mit Abstand am höchsten.
Von den insgesamt 100 700 Schuldsprüchen im Jahr 2017 wurden rund 82 100 gegen Männer und 18 500 gegen Frauen ausgesprochen. Gegenüber dem Vorjahr ging die Zahl der Schuldsprüche gegen Männer um 1,6 % (–1 300 Verurteilte) und bei den Frauen um 3,4 % (–700 Verurteilte) zurück. Die Frauenquote unter den Verurteilten sank von 18,7 % im Jahr 2016 auf nunmehr 18,4 %. Frauen sind somit in weitaus geringerem Umfang an der gerichtlich registrierten Kriminalität beteiligt als Männer. Nur weniger als jeder fünfte ausgesprochene Schuldspruch betraf eine Frau.
Weniger ausländische Verurteilte
Unter den insgesamt 100 700 gerichtlich Verurteilten besaßen 40 200 Personen eine ausländische Staatsangehörigkeit. Ihre Zahl ist 2017 gegenüber dem Vorjahr erstmals seit 2010 wieder zurückgegangen und zwar um gut 400 bzw. 1 %. Bei den Deutschen setzte sich der bereits seit 2008 zu beobachtende Rückgang der Schuldsprüche ebenfalls weiter fort. 2017 wurden insgesamt 60 500 Verurteilungen gegen deutsche Personen ausgesprochen, das waren im Vergleich zum Vorjahr 1 600 oder 2,5 Prozent weniger. Bezogen auf die Gesamtzahl der Verurteilungen hatten 2017 insgesamt 39,9 % der Verurteilten eine ausländische Nationalität. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich der Anteil der ausländischen Verurteilten leicht um 0,3 Prozentpunkte. Berücksichtigt man, dass die ausländische Bevölkerung im strafmündigem Alter in Baden-Württemberg gegenüber dem Vorjahr um gut 58 000 Personen zugenommen hat, so ergibt sich für die Entwicklung der demografiebereinigten Verurteiltenziffer bei den ausländischen Verurteilten 2017 ein Minus von 5 %. Bei der deutschen Bevölkerung sank die Verurteiltenziffer um 2,5 %.
Deliktstruktur deutscher und ausländischer Verurteilter
Im Jahr 2017 entfielen rund drei Viertel der insgesamt 100 700 gerichtlichen Schuldsprüche auf fünf Straftatengruppen. An erster Stelle standen mit einem Anteil von 24,4 % an allen verurteilten Straftaten die Straßenverkehrsdelikte, noch vor Betrug und Untreue (19,1 %) und Diebstahlsdelikten (15,3 %). Verurteilungen wegen Drogen- und Gewaltdelikten waren mit Anteilen von 9,1 bzw. 3,7 Prozent im Vergleich dazu deutlich seltener2.
Bezüglich der Struktur zeigen sich allerdings deutliche Unterschiede bei deutschen und ausländischen Personen. So standen 2017 bei den verurteilten Deutschen die Straßenverkehrsdelikte deutlich an erster Stelle (26,7 %), vor Betrug und Untreue (19,4 %). Diebstahlsdelikte und Verurteilungen wegen Drogendelikten folgten mit 11,6 % bzw. 10,4 % und mit deutlichem Abstand die Gewaltdelikte mit 3,2 %. Personen mit ausländischer Nationalität wurden dagegen praktisch gleichermaßen am häufigsten wegen Diebstahls (20,9 Prozent) und wegen Straßenverkehrsdelikten (20,8 %) verurteilt. Schuldsprüche wegen Betrug und Untreue hatten einen Anteil von 18,8 %. Verurteilungen wegen Drogen- und Gewaltdelikten (7,1 bzw. 4,4 %) waren im Vergleich dazu wie bei den deutschen auch bei den ausländischen Verurteilten deutlich seltener.
Weniger Verurteilte wegen Diebstahls sowie wegen Betrugs und Untreue
Der mit Abstand höchste Rückgang an Verurteilungen war bei Diebstahlsdelikten zu beobachten. 2017 ging die Zahl der Schuldsprüche gegenüber dem Vorjahr um fast 3 000 auf 15 400 zurück, was einem Rückgang um 16,1 % entspricht. Ursächlich hierfür war die deutlich geringere Zahl der Schuldsprüche gegen ausländische Tatverdächtige (–2 200 Verurteilte bzw. –20,9 Prozent). Bei den deutschen Verurteilten gab es einen Rückgang um rund 700 (–9,5 Prozent). Insgesamt wurden 8 400 Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit und 7 000 Deutsche wegen Diebstahls verurteilt. Der starke Rückgang der Schuldsprüche wegen Diebstahlsdelikten resultierte 2017 aus der gegenüber dem Vorjahr deutlich geringeren Zahl der Verurteilungen bei den einfachen3 Diebstählen, die nicht mit Gewaltanwendung verbunden sind. Darüber hinaus war aber auch bei den Fällen von schweren4 Diebstählen ein Rückgang zu beobachten. 2017 wurden insgesamt 12 300 Schuldsprüche wegen einfachen Diebstahlsdelikten (–2 700 Fälle bzw. –17,9 %) und rund 3 200 wegen Fällen von schweren Diebstahls (– 300 Fälle bzw. –8,1 %) ausgesprochen.
Auch in der Deliktgruppe Betrug und Untreue gab es 2017 weniger Verurteilungen als ein Jahr zuvor. Insgesamt ging die Zahl der Schuldsprüche um 1 600 oder 7,7 % zurück. Dieser Rückgang ergab sich fast ausschließlich aus dem Rückgang der Verurteilungen gegen deutsche Personen (–1 300 Verurteilungen). Ursächlich für die deutlich geringere Zahl an Verurteilungen in der Deliktgruppe war vor allem der starke Rückgang an Verurteilungen wegen Betrugs5 (–800 Fälle bzw. –7,8 %) und wegen des Erschleichens von Leistungen wie beispielsweise Schwarzfahren in öffentlichen Verkehrsmitteln (Beförderungserschleichung)6 (–600 Fälle bzw. –7,1 %). Insgesamt wurden 2017 rund 19 300 Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue ausgesprochen, davon 13 700 gegen Männer und 5 500 gegen Frauen. Der Frauenanteil ist bei den Verurteilten dieser Straftatengruppe mit 28,7 % vergleichsweise hoch und liegt über 10 Prozentpunkte höher als bei der Gesamtheit aller Straftaten (18,4 Prozent).
Mehr Verurteilte wegen Straßenverkehrsdelikten, Drogen- und Gewaltdelikten
Bei den Straßenverkehrsdelikten hat sich der seit 2003 fallende Trend nicht weiter fortgesetzt. 2017 gab es insgesamt 24 500 Schuldsprüche wegen Straßenverkehrsdelikten, das waren 1 700 Verurteilungen oder 7,3 % mehr als 2016. 83 % der Schuldsprüche (20 400 Fälle) entfielen auf Männer. 2017 wurden allein 10 800 Personen wegen Straftaten im Straßenverkehr in Trunkenheit verurteilt, das waren 44 Prozent aller Verurteilungen wegen Straßenverkehrsdelikten.
Die Zahl der Verurteilungen wegen Drogendelikten nahm nach einem leichten Rückgang im Jahr 2015 nunmehr im zweiten Jahr in Folge wieder zu. 2017 wurden insgesamt 9 200 Personen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig gesprochen. Das waren gut 500 Personen oder 6 % mehr als ein Jahr zuvor. Der Zuwachs an Schuldsprüchen war bei den ausländischen Personen mit 10,2 % mehr als doppelt so hoch wie bei den Deutschen (+4,1 %). Insgesamt wurden 2 900 Ausländer und 6 300 Deutsche wegen Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Allgemein handelte es sich bei den Verurteilungen wegen Drogendelikten überwiegend um den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln (4 600 Fälle) und um das unerlaubte Anbauen, die Herstellung und das Ein- oder Ausführen von Betäubungsmitteln (3 000 Fälle).
Nachdem die Zahl der Verurteilungen wegen Gewaltdelikten fünf Jahre in Folge rückläufig war, nimmt die Zahl der Schuldsprüche in dieser Deliktgruppe seit dem Jahr 2016 wieder leicht zu. 2017 ergingen 3 700 Schuldsprüche wegen Gewaltdelikten (+10 Fälle bzw. +0,3 %). Gegenüber dem Vorjahr war bei den Erwachsenen ein Zuwachs der Schuldsprüche (+3,6 %) zu beobachten, während bei den Heranwachsenden und Jugendlichen die Zahl der Verurteilungen zurückging (–4,4 % bzw. –8,1 Prozent). 1 900 Schuldsprüche wurden gegen Deutsche verhängt (–40 Fälle bzw. –2,2 %) und 1 800 gegen ausländische Personen (+50 Fälle bzw. +3,2 %). Zu den Gewaltdelikten zählen vor allem gefährliche und schwere Körperverletzungen einschließlich Körperverletzungen mit Todesfolge, aber auch Raubdelikte, Mord, Totschlag und Vergewaltigung. Innerhalb der Gewaltdelikte erhöhte sich die Zahl der Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung7 zahlenmäßig am stärksten. Auf diese mit einem Anteil von 74,3 % größte Untergruppe entfielen im vergangenen Jahr rund 2 800 Verurteilungen, gut 60 Schuldsprüche oder 2,3 % mehr als 2016.
Geldstrafe mit Abstand am häufigsten verhängt
Bei den insgesamt 100 700 Schuldsprüchen im Jahr 2017 wurde in 80 000 Fällen oder 79,5 % eine Geldstrafe verhängt. 14 700 Personen oder 14,6 % wurden zu einem Freiheitsentzug in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe verurteilt. Davon setzten die Gerichte knapp 10 000 zur Bewährung aus, so dass letztlich rund 4 700 Verurteilte oder 4,7 % aller Verurteilten nach dem Schuldspruch eine Gefängnisstrafe in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe antreten mussten. Bei den übrigen 6 000 Verurteilten oder 5,9 % wurden vor allem Verwarnungen oder Jugendarrest sowie Erziehungsmaßregeln wie die Erbringung von Arbeitsleistungen oder die Unterbringung in einem Heim auferlegt.