Schuldsprüche wegen Straßenverkehrsdelikten am häufigsten
Im Jahr 2018 wurden in Baden-Württemberg 104 8001 Personen vor Gericht schuldig gesprochen. Gegenüber 2017 waren dies 4 100 Personen oder 4,1 % mehr. Damit hat sich der seit dem Jahr 2008 rückläufige Trend der Verurteiltenzahl nicht weiter fortgesetzt. Dies sagte die Präsidentin des Statistischen Landesamtes, Dr. Carmina Brenner, heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Justizminister Guido Wolf bei der Präsentation der aktuellen Ergebnisse der Strafverfolgungsstatistik. Der Anstieg der Schuldsprüche war in allen Altersgruppen festzustellen. Prozentual am stärksten war er in der Gruppe der Jugendlichen im Alter von 14 bis unter 18 Jahren, wo die Anzahl der Verurteilten erstmals seit 2007 wieder zunahm, und zwar um 6 % oder 230 Verurteilte auf nunmehr 4 100 Verurteilte. Bei den Erwachsenen der Altersgruppe 21 Jahre und älter erhöhte sich die Verurteiltenzahl um 4 % oder 3 600 auf nunmehr 92 000 Verurteilte. Auch in der Gruppe der Heranwachsenden im Alter von 18 bis unter 21 Jahren nahm die Zahl der Schuldsprüche erstmals nach 5 Jahren wieder zu, und zwar um 3,9 % oder 330 Personen auf 8 700 Verurteilte.
Verurteiltenhäufigkeit in allen Altersgruppen höher als im Vorjahr
Informationen zur Zahl der Verurteilten sowie deren Entwicklung im Zeitverlauf sind gesellschaftspolitisch von besonderer Bedeutung. Allerdings ist bei der Auswertung der Daten zu beachten, dass die Zahl der Gerichtsverfahren durch eine ganze Reihe von Faktoren beeinflusst wird. Dies können beispielsweise mögliche Änderungen im Anzeigeverhalten, der Erfolg der Ermittlungsbehörden und von Projekten der Kriminalprävention sowie mögliche Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen und/oder der Sanktionierungspraxis der Gerichte und Staatsanwaltschaften sein. Ganz entscheidend für die Beurteilung der Kriminalitätsbelastung ist aber auch die demografische Struktur und vor allem die Entwicklung der Bevölkerung. Um den Einfluss der demografischen Entwicklungen auf die Verurteiltenzahlen auszuschließen, wird eine demografiebereinigte Verurteiltenhäufigkeit (Verurteiltenziffer) berechnet, bei der die Zahl der Verurteilten auf die Personen der jeweiligen Bevölkerungsgruppe bezogen wird. Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren bleiben unberücksichtigt, da diese nicht strafmündig sind. Aus dem Ergebnis der Strafverfolgungsstatistik zeigt sich, dass im Berichtsjahr 2018 auch die Verurteiltenhäufigkeit gegenüber dem Vorjahr wieder angestiegen ist, und zwar um 3,5 % auf 1 092. Anders ausgedrückt heißt dies, dass 2018 von jeweils 100 000 Personen im Alter von mindestens 14 Jahren 1 092 Personen wegen einer Straftat verurteilt wurden, das waren 37 Verurteilte mehr als im Jahr 2017. Im Vergleich zum Anstieg der Verurteiltenzahl (+4,1 %) fiel der Zuwachs der Verurteiltenhäufigkeit etwas schwächer aus, weil die Bevölkerung im strafmündigen Alter, also die Bezugszahl zur Berechnung der Verurteiltenziffer, leicht zugenommen hat. In der Altersgruppe der Jugendlichen war der Zuwachs der Verurteiltenziffer mit 8,6 % auf 931 am stärksten. Bei den Heranwachsenden nahm die Ziffer um 5 % auf 2 274 zu und bei den Erwachsenen um 3,1 % auf 1 048.
Im Ergebnis haben sich damit die Verurteiltenziffern im Jahr 2018 in allen Altersgruppen erhöht. In der Altersgruppe der Heranwachsenden war die Verurteiltenziffer nach wie vor mit Abstand am höchsten. Die Verurteiltenziffer der Jugendlichen war bereits seit 2014 niedriger als bei den Erwachsenen.
Von den insgesamt 104 800 Schuldsprüchen im Jahr 2018 wurden rund 85 800 gegen Männer und 19 000 gegen Frauen ausgesprochen. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich die Zahl der Schuldsprüche gegen Männer um 4,5 % (+3 700 Verurteilte) und bei den Frauen um 2,5 % (460 Verurteilte). Die Frauenquote unter den Verurteilten sank von 18,4 % im Jahr 2017 auf nunmehr 18,1 %. Frauen sind somit in weitaus geringerem Umfang an der gerichtlich registrierten Kriminalität beteiligt als Männer. Nur weniger als jeder fünfte ausgesprochene Schuldspruch betraf eine Frau.
Verurteiltenzahl bei Nichtdeutschen stärker gestiegen als bei Deutschen
Unter den insgesamt 104 800 gerichtlichen Verurteilungen entfielen 43 100 auf Personen, die keinen deutschen Pass besaßen, das waren 7,3 % bzw. 2 900 Schuldsprüche mehr als im Jahr 2017. Die Zahl der deutschen Verurteilten nahm im gleichen Zeitraum um 2 % oder 1 200 Verurteilte auf 61 700 zu. Der Anteil der ausländischen Verurteilten an den Verurteilten insgesamt stieg im vergangenen Jahr um 1,3 Prozentpunkte auf 41,2 %. Während es in den Altersgruppen der verurteilten nichtdeutschen Erwachsenen und Heranwachsenden Zuwächse um 8,2 % bzw. 3,9 % gab, war bei den nichtdeutschen Jugendlichen mit –11,4 % ein kräftiger Rückgang der Schuldsprüche zu beobachten. Bei den Deutschen nahm die Zahl der Verurteilungen dagegen in allen Altersgruppen zu, allen voran bei den deutschen Jugendlichen mit +12,9 %. Berücksichtigt man die Bevölkerungsentwicklung (nichtdeutsche strafmündige Wohnbevölkerung: +4,2 %, deutsche strafmündige Wohnbevölkerung: – 0,1 %) und berechnet für die Verurteilten insgesamt die demografiebereinigte Verurteiltenhäufigkeit, so erhöhte sich diese 2018 gegenüber dem Vorjahr bei den nichtdeutschen Verurteilten um 3 %. Bei den deutschen Verurteilten betrug der Zuwachs 2,1 %.
Deliktstruktur deutscher und nichtdeutscher Verurteilter
Im Jahr 2018 entfielen 71 % der insgesamt 104 800 gerichtlichen Schuldsprüche auf fünf Straftatengruppen. Die restlichen 29 % verteilten sich auf eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Straftaten2. An erster Stelle der fünf Straftatengruppen standen mit einem Anteil von 24,0 % an allen verurteilten Straftaten die Straßenverkehrsdelikte, noch vor Betrug und Untreue3 (19,4 %) und den Diebstahlsdelikten (14,9 %). Verurteilungen wegen Drogen- und Gewaltdelikten waren mit Anteilen von 9,4 bzw. 3,6 % im Vergleich dazu deutlich seltener.
Bezüglich der Struktur zeigen sich allerdings Unterschiede bei deutschen und nichtdeutschen Personen. So standen 2018 bei den verurteilten Deutschen die Straßenverkehrsdelikte deutlich an erster Stelle (26,1 %), vor Betrug und Untreue (19,7 %). Diebstahlsdelikte und Verurteilungen wegen Drogendelikten folgten praktisch gleichermaßen mit 11,3 % bzw. 11,1 % und mit deutlichem Abstand die Gewaltdelikte mit 3,2 %. Personen, die keinen deutschen Pass hatten, wurden ebenfalls am häufigsten wegen Straßenverkehrsdelikten (20,9 %) verurteilt, es folgten dann jedoch die Verurteilungen wegen Diebstahlsdelikten (20,1 %). Schuldsprüche wegen Betrug und Untreue hatten einen Anteil von 18,8 %. An vierter und fünfter Stelle folgten die Drogen- und Gewaltdelikte mit 7,1 bzw. 4,2 %.
In allen fünf Straftatengruppen mehr Verurteilte
Den mit Abstand höchsten absoluten Zuwachs an Verurteilungen gab es 2018 in der Deliktgruppe Betrug und Untreue. Insgesamt stieg die Zahl der Schuldsprüche um 1 000 oder 5,3 %. Ursächlich hierfür war der starke Anstieg an Verurteilungen wegen des Erschleichens von Leistungen wie beispielsweise Schwarzfahren in öffentlichen Verkehrsmitteln (Beförderungserschleichung)4 (+1 200 Fälle bzw. +14,9 %). 2018 wurden insgesamt 20 300 Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue ausgesprochen, davon 14 700 gegen Männer und 5 500 gegen Frauen. Der Frauenanteil ist bei den Verurteilten in dieser Straftatengruppe mit 27,3 % vergleichsweise hoch und liegt gut 9 % höher als bei der Gesamtheit aller Straftaten (18,1 %).
Die Zahl der Verurteilungen wegen Drogendelikten nahm nunmehr im dritten Jahr in Folge mit steigender Tendenz zu. 2018 wurden insgesamt 9 900 Personen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig gesprochen. Das waren 710 Personen oder 7,7 % mehr als ein Jahr zuvor (2017: +6 %, 2016: +2,1 %). Die höhere Zahl an Schuldsprüchen war in allen Altersgruppen zu beobachten. Der prozentuale Zuwachs war jedoch mit einem Plus von 20,2 % (+120 Fälle) bei den Jugendlichen mit Abstand am höchsten. Insgesamt wurden 6 800 Deutsche (+8,3 %) und 3 100 Nichtdeutsche (+6,5 %) wegen Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Allgemein handelte es sich bei den Verurteilungen wegen Drogendelikten überwiegend um den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln5 (5 000 Fälle) und um das unerlaubte Anbauen, die Herstellung und das Ein- oder Ausführen von solchen6 ( 3 200 Fälle).
Auch bei den Straßenverkehrsdelikten gab es 2018 mehr Schuldsprüche als im Vorjahr, gleichwohl war der Anstieg mit einem Plus von 580 Fällen bzw. 2,4 % deutlich geringer als 2017 (+1 700 Fälle bzw. +7,3 %). Insgesamt wurden 25 100 Verurteilungen wegen Straßenverkehrsdelikten ausgesprochen, darunter entfielen 82,7 % der Schuldsprüche auf Männer (20 800 Fälle). 2018 wurden allein 10 600 Personen wegen Straftaten im Straßenverkehr in Trunkenheit schuldig gesprochen. Das waren 42,1 % aller Verurteilungen wegen Straßenverkehrsdelikten.
Nach dem deutlichen Rückgang der Verurteilungen wegen Diebstahlsdelikten im Jahr 2017 (–3 000 Fälle bzw. –16,1 %) war 2018 wieder ein leichter Zuwachs an Schuldsprüchen von 160 Fällen oder 1,0 % auf insgesamt 15 600 Verurteilungen zu beobachten. Ursächlich hierfür war die höhere Zahl an Schuldsprüchen gegen nichtdeutsche Tatverdächtige (+240 Fälle bzw. +2,9 %). Insgesamt wurden 8 700 Personen mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit und 6 900 Deutsche wegen Diebstahls verurteilt. Der Anstieg der Verurteilungen wegen Diebstahlsdelikten resultierte 2018 aus der gegenüber dem Vorjahr höheren Zahl der Schuldsprüche bei einfachen Diebstählen7, die nicht mit Gewaltanwendung verbunden sind. Bei den Fällen von schweren Diebstählen8 war dagegen ein Rückgang zu beobachten. 2018 wurden insgesamt 12 500 Schuldsprüche wegen einfachen Diebstahlsdelikten (+220 Fälle bzw. 1,8 %) und 3 100 wegen Fällen von schwerem Diebstahl (-60 Fälle bzw. -1,9 %) ausgesprochen.
In der unter den fünf Straftatengruppen zahlenmäßig kleinsten Gruppe der Gewaltdelikte nimmt die Zahl der Schuldsprüche seit dem Jahr 2016 wieder zu. 2018 ergingen 3 800 Schuldsprüche wegen Gewaltdelikten (+50 Fälle bzw. +1,5 %). Gegenüber 2017 war in allen Altersgruppen ein Zuwachs der Schuldsprüche zu beobachten, besonders hoch war er jedoch mit +7,1 % bei den Jugendlichen (+40 Fälle). Im Jahr 2018 wurden insgesamt 2 000 Schuldsprüche gegen Deutsche (+20 Fälle bzw. +1,0 %) und 1 800 gegen nichtdeutsche Personen (+40 Fälle bzw. +2,0 %) ausgesprochen. Zu den Gewaltdelikten zählen vor allem gefährliche und schwere Körperverletzungen einschließlich Körperverletzungen mit Todesfolge, aber auch Raubdelikte, Mord, Totschlag und Vergewaltigung. Innerhalb der Gewaltdelikte stellen die Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung9 mit einem Anteil von 73 % die größte Untergruppe. Auf diese entfielen im vergangenen Jahr 2 700 Verurteilungen, 1 400 Schuldsprüche ergingen gegen Deutsche und 1 300 gegen Nichtdeutsche.
Geldstrafe mit Abstand am häufigsten verhängt
Bei den insgesamt 104 800 Schuldsprüchen im Jahr 2018 wurde in 83 400 Fällen oder 79,6 % eine Geldstrafe verhängt. 14 900 Personen oder 14,2 % wurden zu einem Freiheitsentzug in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe verurteilt. Davon setzten die Gerichte fast 10 100 zur Bewährung aus, sodass letztlich rund 4 800 Verurteilte oder 4,6 % aller Verurteilten nach dem Schuldspruch eine Gefängnisstrafe in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe antreten mussten. Bei den übrigen 6 400 nach dem Jugendstrafrecht Verurteilten (6,2 %) wurden vor allem Verwarnungen oder Jugendarrest als sogenannte »Zuchtmittel« auferlegt (5 700 Fälle) sowie »Erziehungsmaßregeln« wie die Erbringung von Arbeitsleistungen oder die Unterbringung in einem Heim angeordnet (740 Fälle).