(zg) Die Versorgung mit Lebensmitteln, aber auch anderen Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs gestaltet sich insbesondere in ländlichen Gemeinden zunehmend schwierig. So findet im Lebensmittelhandel bereits seit langem eine starke Konzentration auf wenige, großflächige Filialanbieter in verkehrsgünstigen Lagen statt. Gerade für ländliche Regionen droht dadurch eine Ausdünnung des Versorgungsangebots in der Fläche. Auch bei Finanzdienstleistungen oder sozialen Dienstleistungen wird es im Zuge des demographischen Wandels immer schwieriger, ein hinreichendes Angebot vor Ort zu erhalten. Es droht ein zunehmender Attraktivitätsverlust ländlicher Gemeinden. In der Folge ziehen noch mehr Menschen in die Städte, die wiederum als potenzielle Kunden für ländliche Versorgungsangebote fehlen.
Mit dem Projekt „Intelligente Marktplätze“ will die Wirtschaftsförderung des Rhein-Neckar-Kreises dazu beitragen, die Entstehung eines solchen Teufelskreises zu verhindern und aktiv gegenzusteuern. „Ziel des Projektes ist es, innovative Techniken zu nutzen, um die Entwicklung und Erprobung bedarfsgerechter, modellhafter Lösungen zur Stärkung der ländlichen Nahversorgung zu ermöglichen“, erläutert Danyel Atalay, Leiter der Wirtschaftsförderung im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis. Eine besondere Herausforderung, aber auch eine große Chance stelle dabei zwangsläufig die Digitalisierung dar, die bereits seit Jahren für einen tiefgreifenden Strukturwandel im Einzelhandel sorgt. „Momentan arbeiten viele große Unternehmen darauf hin, den Durchbruch beim Online-Handel mit Lebensmitteln zu schaffen. Wir sind aber davon überzeugt, dass das Internet den Einkauf im Laden, wo man die Produkte tatsächlich anfassen und sich auch mal mit Bekannten unterhalten kann, nicht gänzlich ersetzen können wird“, so Denis Guth von der Stabsstelle Wirtschaftsförderung, der das Projekt im Landratsamt betreut. „Deshalb wollen wir das Thema genau umgekehrt angehen: Die Frage ist, wie können die neuen digitalen Technologien dabei helfen, den Bestand an stationären Versorgungsangeboten in ländlichen Gemeinden zu stärken und den Verdrängungswettbewerb aufzuhalten?“
Wie ein solcher „intelligenter Marktplatz“ konkret aussehen kann, soll gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie den in der Region tätigen Nahversorgungsakteuren erarbeitet werden. „Zunächst einmal wollen wir einen breiten und ergebnisoffenen Dialog in den Gemeinden anstoßen, wie die Nahversorgungssituation konkret verbessert werden kann“, betont Landrat Stefan Dallinger. „Deshalb wollen wir ab Herbst 2017 mehrere Bürgerforen und Workshops zum Thema Nahversorgung in Spechbach und Schönbrunn durchführen und hoffen natürlich auf eine rege Beteiligung bei diesem wichtigen Thema. Außerdem wird es auch eine Beteiligungsplattform im Internet geben“, so der Landrat weiter.
Begleitet wird der Prozess von der CIMA Beratung + Management GmbH aus Stuttgart, die eine umfassende Bestandsaufnahme vornimmt und eine Machbarkeitsstudie mit konkreten Handlungsempfehlungen für die Verwirklichung eines „intelligenten Marktplatzes“ ausarbeitet. Die CIMA ist ein im gesamten deutschsprachigen Raum tätiges Beratungsunternehmen mit den Schwerpunkten u.a. im Bereich Regionalentwicklung und Einzelhandel und verfügt über langjährige Erfahrung bei der Erstellung von Nahversorgungskonzepten in Zusammenarbeit mit Gemeinden und Landkreisen.
Für diese erste Projektphase ist es dem Rhein-Neckar-Kreis gelungen, Fördermittel in Höhe von 25.440 Euro aus dem Programm LEADER einzuwerben. Der Kreis selbst steuert ebenfalls knapp 25.000 Euro zu dem Projekt bei. LEADER ist ein Förderprogramm der Europäischen Union zur Entwicklung ländlicher Räume. Zusätzlich stellt das Land Baden-Württemberg Mittel für private Projekte im Rahmen von LEADER bereit. Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg 18 so genannte LEADER-Regionen, in denen Projekte gefördert werden können. Spechbach und Schönbrunn sind Teil der LEADER-Region Neckartal-Odenwald aktiv, diese umfasst insgesamt 28 Gemeinden im Rhein-Neckar-Kreis und im Neckar-Odenwald-Kreis.
Quelle: Silke Hartmann