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Frank Kramer: Doppelbelastung durch Fußballlehrer-Ausbildung

7. November 2012 | Das Neueste, TSG 1899 Hoffenheim

Familie – Noch benötigt Frank Kramer kein Lexikon, um die Bedeutung dieses Begriffs nachzuschlagen. Aber die Zeit, die er mit Frau und Kindern verbringt, ist derzeit äußerst knapp. Der U23-Trainer steckt mitten in der Fußballlehrer-Ausbildung in Hennef. „Arsène Wenger hat einen Vortrag bei uns gehalten“, sagt Kramer. Sein erster Satz war: „Coach is a single‘s job.“ Trainer ist ein Beruf für Singles.

Wenger bestritt mit Arsenal die Saisonvorbereitung in Hennef. „Ein absolut bodenständiger Typ mit einer unglaublichen Ausstrahlung, der zudem noch sehr gut deutsch spricht“, so Kramer über den Elsässer. „Und er war sich nicht zu schade, uns einen Kurzbesuch abzustatten. Während seiner Ansprache hätte man eine Stecknadel fallen hören können.“ Als Trainer müsse man immer auf sich selbst schauen und gut delegieren können, gab der 63-Jährige den Hennef-Schülern unter anderem mit auf den Weg.

Kramers Woche beginnt am Montagmorgen um 5 Uhr. Dann geht’s mit dem Auto von Rauenberg nach Hennef, wo Chefausbilder Frank Wormuth seine Schüler – darunter viele Ex-Profis wie Otto Addo, André Breitenreiter oder Jörg Böhme – erwartet. „Montags sind wir selten vor 23 Uhr fertig“, so Kramer. Denn nach der Platzeinheit am Abend stehen Nachbereitung und Analyse an. Die angehenden Fußballlehrer sind Trainer und Spieler zugleich. Dienstags arbeiten sie in der Regel mit der ersten Mannschaft des Mittelrheinligisten FC Hennef 05, die die Anweisungen der Wormuth-Schützlinge umsetzt, am Mittwoch sitzen die Teilnehmer auf dem „heißen Stuhl“. So nennen die Trainer die Gesprächsrunde, in der sie sich gegenseitig beurteilen. „Da wird die große Keule rausgeholt“, schmunzelt Kramer. Anschließend geht’s nach Hause, Kinder ins Bett bringen – und dann volle Konzentration für Hoffenheim.

Seit Anfang Juni sieht Kramers Alltag so aus. Die Bandbreite des Lehrstoffs ist enorm und beinhaltet neben der Fülle an fußballspezifischen Themen auch andere Inhalte, die der Bundesliga-Trainer von heute mitbringen muss, wie etwa eine Rhetorikschulung oder Interviews in Drucksituationen führen. Hinzu kommen „Ausflüge“ wie zum Beispiel nach Estland, um im Rahmen der U19-EM Spiele zu filmen, zu schneiden, zu analysieren und die Ergebnisse der Gruppe zu präsentieren. Zuletzt stand die Praktikumsphase an, die bei einem Erst- oder Zweitligisten absolviert werden muss. Für Kramer lag es natürlich auf der Hand, bei Markus Babbel und den 1899-Profis aufzuschlagen. „Eine sehr lehrreiche Erfahrung“, sagt der 40-Jährige.

„Jungs wollen sich oben festbeißen“

Während seiner Fehlzeiten in der U23 tragen die beiden Co-Trainer Otmar Rösch und Frank Fröhling die Verantwortung. Donnerstags übernimmt Kramer, der auch an trainingsfreien Tagen im Trainingszentrum anzutreffen ist, schließlich geht es dann bereits in die intensive Spielvorbereitung. Frei gibt es auch am Wochenende nicht, denn wenn Kramer nicht auf der Bank sitzt, ist er in Sachen Gegner- oder Spielerbeobachtung unterwegs.

Mit dem bisherigen Auftreten seiner Mannschaft ist der gebürtige Memminger zufrieden. „Wir haben sehr gute Spiele abgeliefert und uns in jeder Partie eine Vielzahl von Chancen herausgearbeitet“, sagt Kramer. „Natürlich müssen wir noch mehr Konstanz reinkriegen und unsere Effizienz steigern, aber die Jungs haben Blut geleckt und wollen sich oben festbeißen.“ Sechs U23-Spieler haben zuletzt regelmäßig bei den Profis trainiert, und mit Vincenzo Grifo und Denis Streker blicken zwei bereits auf ihren ersten Bundesliga-Einsatz zurück.

Am Montag klingelt in aller Herrgottsfrühe wieder der Wecker, die Sportschule Hennef wartet. Über die Ausbildung verteilt muss Kramer zehn Modultests über sich ergehen lassen, im März stehen die schriftlichen und mündlichen Abschlussprüfungen an, die zusammen mit dem Praktikumsbericht und einer Hausarbeit über die eigene Spielphilosophie die Abschlussnote bilden. Dann darf sich Frank Kramer Fußballlehrer nennen. „Die Lizenz berechtigt uns, in Deutschlands höchsten drei Ligen zu trainieren – nicht mehr, nicht weniger.“

Quelle: TSG 1899 Hoffenheim

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