Basisinformationsblätter (BIB) sollen Anleger über die wichtigsten Eigenschaften der angebotenen Anlageprodukte informieren. Die dort anzugebenden Renditen für verschiedene Szenarien zur Wertentwicklung der Anlageprodukte (Performance-Szenarien) stellen für Verbraucher jedoch keine belastbare Entscheidungsgrundlage dar. Das zeigen Erkenntnisse des Marktwächter-Teams in der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zu BIBs von unterschiedlichen Anbietern. Grund für die teils nicht nachvollziehbaren Angaben sind gesetzlich vorgegebene Berechnungen.
Seit dem 1. Januar 2018 gibt es mit der EU-Verordnung Nr. 1286/1014 eine standardisierte Informationspflicht für BIBs in Bezug auf verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP-Verordnung). Anbieter von bestimmten Geldanlageprodukten sind dadurch verpflichtet, in ihren BIBs Angaben zu Performance-Szenarien auf Grundlage gesetzlich vorgegebener Berechnungen zu machen. Bei diesen Angaben handelt es sich um geschätzte jährliche Durchschnittsrenditen für verschiedene Laufzeiten. Die Performance-Szenarien sollen Verbrauchern eine informierte Anlageentscheidung erleichtern.
Keine belastbare Entscheidungsgrundlage für Verbraucher
Das Marktwächter-Team stellte anlässlich von Verbraucherbeschwerden fest, dass die Angaben in den Performance-Szenarien unlogisch sein können. „Die Performance-Szenarien in den BIBs der untersuchten Zertifikate stellen keine belastbare Entscheidungsgrundlage für Verbraucher dar“, sagt Benjamin Wick, Referent Marktwächter Finanzen bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
So kann die Umsetzung der gesetzlich vorgegebenen Berechnungen etwa dazu führen, dass die geschätzten jährlichen Durchschnittsrenditen selbst im pessimistischen Szenario nach einem Jahr noch eine durchschnittliche Rendite von 48 Prozent erzielen können (siehe Beispiel 1 im Faktenblatt: Bonus-Zertifikat der Deka Bank).
Problem: Berechnungsgrundlage
Nicht nachvollziehbare Renditeangaben fanden die Marktwächterexperten in zahlreichen untersuchten BIBs unterschiedlicher Anbieter. „Die Berechnungsgrundlage des Gesetzgebers führt teilweise zu abwegigen Ergebnissen“, so Wick. Die Angaben zu den Szenarien werden mittels Simulationsverfahren gemäß PRIIP-Verordnung ermittelt. Hierbei fließen zwar historische Renditen der Bezugsgrößen ein, wie beispielsweise Zinssätze, Aktienkurse oder Indexstände, allerdings lediglich mit Blick auf die vergangenen fünf Jahre. Die Verteilung der Renditen über diesen kurzen Zeitraum lässt aber keine validen Schlussfolgerungen über zu erwartende künftige Renditen und Risiken zu.
Problem bekannt, Lösung bleibt aus
Einige Anbieter sind offenbar schon selbst auf unplausible Angaben aufmerksam geworden. Die DZ-Bank hat beispielsweise einen Hinweis auf „nicht nachvollziehbare Zahlen“ ergänzt (siehe Beispiel 6 im Faktenblatt: Aktienanleihe der DZ Bank). Doch auch entsprechend ergänzte BIBs könnten bei Verbrauchern eher Fragen aufwerfen, als dass sie deren Anlageentscheidung erleichtern.
EU-Gesetzgeber muss handeln
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert die EU-Gesetzgeber auf, die Probleme bei den Basisinformationsblättern umgehend abzustellen. „Der Blick in die Glaskugel hilft Verbrauchern bei der Geldanlage nicht. Unglaubhafte Szenarien zur Wertentwicklung können vielmehr von Vertrieben missbraucht werden, um bestimmte Produkte zu verkaufen. Kaum überprüfbare Berechnungen gehören nicht in Verbraucherinformationen“, sagt Dorothea Mohn, Leiterin des Teams Finanzmarkt beim vzbv. Die PRIIP-Verordnung soll planmäßig bis zum Jahr 2019 von der EU-Kommission evaluiert werden.
Quelle: Verbraucherschutz Baden Württemberg