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Dem Heimat-Begriff auf der Spur

11. März 2020 | Das Neueste, Leitartikel, Photo Gallery

Gesprächsrunde zum Heimisch werden und sein im Stadtmuseum

(Stadtmuseum Sinsheim): Der Abend im Stadtmuseum brachte ganz unterschiedliche Einblicke in das Verständnis von Heimat

(zg) Am vergangenen Freitag, den 06. März empfingen der Fachbereich Integration und das Stadtmuseum zu einer ganz besonderen Veranstaltung im Rahmen der Heimattage Baden-Württemberg. Unter dem Titel „Was ist Heimat? Gespräche zum Heimisch werden und Heimisch sein“ erzählten unterschiedliche Gäste ihre Heimatgeschichten und teilten ihre Gedanken zum Heimisch sein mit dem Publikum. Und so unterschiedlich die Gäste, so facettenreich sind auch die Vorstellungen von Heimat.

Den Anfang machte „d’Marie vun Sinse“ alias Monika Möhring, die im Kostüm mit Leidenschaft Gäste und Einheimische durch Sinsheim bei einer Stadtführung begleitet. Sie betonte, dass Heimat nicht nur da ist, wo der Anker fällt. Als „Reingeschmeckte“ in Sinsheim bereitete ihr vor allem am Anfang der Dialekt ein wenig Probleme. Doch meinte sie, inzwischen ganz der Region verbunden, andere feiern Goldene Hochzeit, sie selbst feiere 50 Jahre im Kraichgau und sei stolz, hier eine Heimat gefunden zu haben. Wie schwierig der Heimatbegriff zu beschreiben ist, weiß Svenja Kück aus eigener Erfahrung. Sie promoviert aktuell zu diesem Thema im Fach Geographie. Heimat kann vielfältig betrachtet werden: sprachlich, historisch und natürlich auch ganz persönlich. Es hat viel mit Sesshaftigkeit zu tun. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde mit dem Wort Heimweh das erste Mal dem Sehnen nach Zuhause als Krankheit einen Namen gegeben. Als Mittel dagegen wurden beispielsweise Söldnern ein Stück Brot aus der Heimat in den Rock eingenäht. Stadtarchivar Marco Neumaier brachte die historische Dimension mit in den Fokus. Denn Sinsheim, der Kraichgau und die Kurpfalz boten im Lauf der Geschichte immer wieder fremden Menschen einen Ort des Ankommens. Erst mit großer Skepsis wurden die vertriebenen Mennoniten beäugt. Hundert Jahre später wurden sie mit Bewunderung angesehen und hatten fast Vorbildfunktion als Landwirte.

Als Urgestein konnte Peter Hesch so manche Anekdote aus Sinsheim erzählen. Er liebt jeden Winkel und wusste nach 5-jährigem Exil in Baiersbronn noch mehr, dass er Sinsheim nie wieder den Rücken kehren wollte. Als Zuwanderin der 2. Generation berichtete Asiye Ersoy, wie ihr Vater von 1969 immer wieder seine Gastarbeiteranstellung verlängerte, bis er 1981 die ganze Familie aus der Türkei nach Sinsheim holte. Sie habe zwei Heimaten und erzählte lachend, dass sie sogar zweisprachig träumt: auf Deutsch und Türkisch. „Ich bin ein Sinsheimer“ sagt auch Jamil Fafa Ceesay nach fast vier Jahren als jüngster Neu-Sinsheimer in der Runde. Nach einer abenteuerlichen Reise beginnend in Gambia und dem Senegal, ist für ihn Heimat vor allem das Gefühl, zuhause zu sein. Seine ersten Gerichte als angehender Koch waren Spätzle und Kartoffelsalat – auch das ist Heimat!

Was ist es, was die Heimat so einzigartig macht? So unterschiedlich die Biografien sind, so einzigartig ist auch der Begriff besetzt. Und wie fühlt man sich heimisch? Eine Antwort von vielen ist: Durch Neugier auf Land und Leute, vielleicht durch gemeinsame Erlebnisse und das Einbringen der eigenen Fähigkeiten im Fremden. Die Heimattage Baden-Württemberg sind vielleicht die Chance, seine Heimat auch mal mit ganz anderen Augen zu sehen.

Quelle: Stadt Sinsheim

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