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Schlaganfall – auch während der Coronakrise immer ein Notfall!

15. Mai 2020 | Das Neueste, Gesundheit, Photo Gallery

Das Team der Zentralen Notaufnahme – (v. l.) Gesundheits- und Krankenpflegerin Anke Voll, Dr. med., Joshua Krämer, Priv.-Doz. Dr. med. Jan Purrucker, Gesundheits- und Krankenpflegerin Marina Ernstberger –ist auch während der Corona-bedingten Einschränkungen bestens auf die Versorgung von Patienten mit akutem Schlaganfall vorbereitet. Bestmöglicher Infektionsschutz ist zu jedem Zeitpunkt gegeben. (Foto: GRN)

(zg) Interview mit Privatdozent Dr. med. Jan Purrucker, Oberarzt der Stroke Unit an der GRN-Klinik Sinsheim und an der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg, anlässlich des bundesweiten „Tages gegen den Schlaganfall“ der Deutschen Schlaganfall-Hilfe am 10. Mai: „Die Schlaganfall-Versorgung ist auch in Zeiten von Corona ohne Ansteckungsgefahr gewährleistet. Abwarten ist lebensbedrohlich.“

Klinikärzte berichten, dass seit Beginn des Corona-Lockdowns weniger Patienten mit akuten Beschwerden die Kliniken aufsuchen. An sinkenden Zahlen von Schlaganfall oder Herzinfarkt liegt das vermutlich nicht. „Wahrscheinlich zögern viele Betroffene mit Notruf oder Klinikbesuch, da sie sich vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus fürchten. Das ist unbegründet und unter Umständen lebensgefährlich“, betont Privatdozent Dr. med. Jan Purrucker, Oberarzt der Schlaganfall-Station in der GRN-Klinik Sinsheim. Anlässlich des bundesweiten „Tages gegen den Schlaganfall“ der Deutschen Schlaganfall-Hilfe haben wir ihn zur Schlaganfall-Versorgung in Zeiten von Corona befragt.

Herr Dr. Purrucker, hat sich an der Schlaganfall-Versorgung in der GRN-Klinik Sinsheim durch Corona etwas verändert? Gibt es Einschränkungen, beispielsweise durch die Belegung von Intensivbetten mit Covid-19-Patienten?
Grundsätzlich hat sich an der Schlaganfall-Versorgung in der GRN Klinik Sinsheim nichts geändert. Patienten erhalten weiterhin sofort die im Notfall benötigte Hilfe, Erstdiagnostik und Therapie sowie die sich anschließende Versorgung auf der Stroke Unit (Schlaganfall-Station). Von den teilweise eingeschränkten Intensivkapazitäten als Folge der bundesweit geltenden Vorgabe, Betten für Covid-19-Patienten freizuhalten, waren Schlaganfallpatienten nicht betroffen, da sie primär auf der Stroke Unit behandelt werden.

Wie schützen Sie Schlaganfall-Patienten in Sinsheim vor einer Ansteckung?
Das Risiko einer Ansteckung in unserer Klinik ist generell gering. Alle Patienten und Mitarbeiter trugen auch schon vor Einführung der Maskenpflicht einen Mund-Nasen-Schutz, um Mitpatienten sowie das Pflege- und Therapeutenteam zu schützen. Der Rettungsdienst bringt neue Patienten grundsätzlich bereits mit Mund-Nase-Schutz oder FFP2-Maske in die Klinik, zusätzlich fragen sowohl die Rettungsdienst-Leitstellen als auch wir in der Klinik mögliche Covid-19-Symptome ab. Patienten mit Verdacht auf eine Corona-Infektion werden isoliert und separat behandelt. Einen hundertprozentigen Schutz gibt es aber nicht, weder in der Klinik noch außerhalb. Schließlich gibt es auch asymptomatische Verläufe, und selbst negative Screening-Tests stellen nur eine Momentaufnahme dar – diesem Risiko begegnen wir mit den strengen Hygieneregeln.

Kann eine Covid-19-Erkrankung das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen?
Es gibt vereinzelte Fallberichte von Schlaganfallhäufungen insbesondere bei jungen Patienten. Diese Berichte müssen erst noch wissenschaftlich überprüft werden. Bei der Influenza ist dieser Zusammenhang allerdings bekannt: Das Schlaganfallrisiko ist nach der Erkrankung erhöht, eine Schutzimpfung für Risikopatienten im Hinblick darauf daher sogar doppelt empfehlenswert.
Bislang nicht beachtet, aber theoretisch auch denkbar ist, dass durch die derzeitigen, in ihren Ausmaßen bislang einzigartigen sozialen und wirtschaftlichen Einschränkungen auch positive Effekte bei einigen Menschen auftreten. Denn während die Alltagshektik von vielen als „krankmachend“ empfunden wird, könnte eine Reduktion dieser Stressfaktoren das Herzkreislaufsystem entlasten. Aber das ist Spekulation. Wissenschaftliche Studien hierzu laufen bzw. sind in Vorbereitung.

Ist momentan überhaupt eine stationäre Rehabilitation oder Anschlussheilbehandlung nach Schlaganfall möglich?
Ja, eine stationäre neurologische Rehabilitation nach Schlaganfall war und ist jederzeit möglich. Die Rehakliniken der Umgebung sind hier sehr kooperativ. Vereinzelt waren die Wartezeiten auf Rehabilitationsplätze etwas länger als gewohnt – in diesen Fällen wurden die frührehabilitativen Maßnahmen auf der Stroke Unit und unserer angrenzenden Normalstation zunächst durch unsere hausinternen Therapeuten fortgesetzt. Problematischer war der Wegfall einiger Pflegeheimplätze, aber auch dies wird langsam kompensiert.

Was müssen Angehörige derzeit beachten?
Da auch Infizierte ohne Symptome, die sich für gesund und ungefährlich für ihre Angehörigen halten, Covid-19-Viren übertragen können, gelten weiterhin Besuchseinschränkungen. Insbesondere Schlaganfall-Patienten sind noch eine Zeit lang besonders anfällig für Infekte, da Schlaganfälle zu einer Schwächung des Immunsystems führen können. Bei mobilen und nicht kritisch erkrankten Patienten kann aber ein Treffen mit Beachtung der Abstandsregeln im Eingangsbereich der Klinik oder im Klinikgarten stattfinden. Bei bettlägerigen, kritisch kranken Patienten, die einer ständigen Überwachung bedürfen, ermöglichen wir tägliche Telefonate. Selbstverständlich sind auch die Nutzung von Smartphones und Videotelefonate erlaubt. Der Besuch sterbender Patienten ist in der GRN-Klinik Sinsheim jederzeit unter Beachtung besonderer Schutzmaßnahmen möglich.

[Vorschlag für Infokasten:] Schlaganfall schnell erkennen mit dem „FAST-Test“:

Ein Schlaganfall ist immer ein Notfall und muss genauso dringend behandelt werden wie ein Herzinfarkt. Hinzu kommt, dass ein Schlaganfall meistens nicht mit Schmerzen einhergeht und daher unterschätzt wird – wodurch wertvolle Zeit vom Auftreten der Symptome bis zum Transport ins Krankenhaus verloren gehen kann. Denn nach einem Schlaganfall läuft für Patienten die Zeit: Jede Sekunde, die nach dem Gefäßverschluss im Gehirn ohne Therapie verstreicht, sterben um die 30.000 weitere Hirnzellen ab. Die Chancen auf Behandlungserfolg sind daher dann am besten, wenn die Therapie so schnell wie möglich eingeleitet wird. 

Eine Hilfe beim schnellen Erkennen von Schlaganfall-Symptomen ist der sogenannte FAST-Test (Face, Arms, Speech, Time):

  • Face (Gesicht): Kann die Person problemlos lächeln oder bewegt sich beispielsweise ein Mundwinkel nicht mit?
  • Arms (Arme): Kann die Person problemlos beide Arme bewegen oder ist ein Arm schwächer beziehungsweise vollständig kraftlos und unbeweglich? Was ist mit den Beinen?
  • Speech (Sprache): Bitten Sie die Person, ihren Namen oder Geburtstag zu sagen. Kann sie problemlos antworten? Spricht sie undeutlich oder kann die richtigen Worte nicht finden?
  • Time (Zeit): Treten bei einer oder mehrerer dieser Aufgaben Probleme auf, sofort die 112 anrufen.

Man sollte nicht abwarten, ob sich die Symptome mit der Zeit verbessern, sondern sofort den Rettungsdienst alarmieren.

Quelle: Tina Bergmann

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