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Unverdient verdient

12. Februar 2013 | Das Neueste, TSG 1899 Hoffenheim

(zg) Was kann man von einem Spiel erwarten, in dem sich beide Mannschaften wenige echte Torszenen erarbeiten, in dem viel Spannung mit wenig Brisanz einhergeht, in dem beidseitig das Mittelfeld dominiert, die Abwehrreihen sicher stehen und der Angriff jeweils schwächelt? Ein torloses Unentschieden, mehr nicht. Alles andere wäre unverdient, Sieg wie Niederlage. Oder doch nicht?

Wenn es so einfach wäre, besonders im Fußball, dem man ganz zu Unrecht unterstellt, einfach zu sein… Neben der komplexen Aufgabe, den Ball zu zehnt oder auch zu elft so geschickt nach vorn zu treiben, dass die gegnerischen zehn Spieler und deren Torhüter trotz höchster Motivation nicht zu verhindern vermögen, dass der Ball zuletzt im Tor landet, muss die mindestens so komplexe Team-Aufgabe gemeistert werden, den Gegner an der umgekehrten Zielerfüllung zu hindern. Aber die sportliche Komplexität ist nicht alles. Was den Fußball mindestens nochmal so kompliziert macht, ist die mentale Verfassung der Beteiligten.

Beim Spiel Hannover 96 vs. 1899 Hoffenheim war das wie im Brennglas zu besichtigen, bloß dass eigentlich auch da ein ungefährer Gleichstand an mentaler Indisponiertheit zu verzeichnen war. Der Zögerlichkeit der TSG, von der katastrophalen Hinrunde verständlicherweise tief verunsichert, stand Hannovers fehlendes Selbstvertrauen wegen einer weitaus schwächeren Saisonleistung als inzwischen gewohnt gegenüber. Insgesamt schien Hannover aber wegen bewiesener Heimstärke leicht im Vorteil zu sein; nicht zuletzt, weil die TSG nicht so recht daran zu glauben schien, dass man in Hannover nicht nur defensiv, sondern auch offensiv erfolgreich sein könnte.

Ein einziges frühes Tor entschied demnach das Spiel. Zu diesem unglücklichen Zeitpunkt war Hoffenheim, wie man so sagt, noch gar nicht richtig drin in der Partie, die TSG suchte fast zwanzig Minuten lang vergeblich nach ihrem eigenen Zugriff aufs Spiel. Als sie ihn gefunden hatte, war es zu spät – und der Schlüssel passte auch nicht ins hannoversche Schloss. In fast bewundernswerter Weise spielte dann Hoffenheim den Gegner nach Ball-Eroberung zwar immer wieder elegant aus, hielt die Fäden im Mittelfeld in der Hand, stand hinten sicher und wollte den Ball zum glücklichen Abschluss regelrecht ins Tor tragen. Aber genau das gelang nicht.

Dass man viel mehr Eckbälle getreten, mehr Torschüsse und höhere Spielanteile verzeichnet hatte, galt zuletzt gar nichts. Das entscheidende Problem war, dass die Mannschaft ihren Platz in der Partie nicht selbst bestimmen zu können meinte, sondern sich, vor allem offensiv, an Hannover herantastete. Das verschaffte dem Gegner den entscheidenden defensiven Vorteil. Ein ums andere Mal gab Hoffenheim fein angeknüpfte Fäden wieder aus der Hand, indem statt dem direkten Weg der komplizierte Weg aufs Tor gesucht wurde. Zweite, dritte und vierte Pässe wurden vorsichtig um den Strafraum herum gespielt, allzu oft blieb der Ball dann in den gegnerischen Reihen stecken.

Aufgrund der Spielanteile und des spielerischen Gewichts war die Niederlage insofern unverdient. Verdient war sie jedoch auch, weil unterm Strich alle verstehbare offensive Unentschiedenheit, alle Zögerlichkeit und fehlende Geradlinigkeit eben nichts zählen. Ganz im Gegenteil wird wie Hannover jeder Gegner sich bemühen, seinen Vorteil daraus zu ziehen, so lange die Unsicherheit anhält. Schafft der Gegner das, ist die Niederlage zuletzt verdient.

Trotz des verlorenen Punktes muss die Niederlage gegen Hannover niemanden verzweifeln lassen. Wieder war die in der Hinrunde so schmerzlich vermisste mannschaftliche Geschlossenheit auch im Licht gewisser Verspieltheiten klar zu erkennen, wieder war läuferisch viel Einsatz zu verzeichnen. Hoffenheim hat diesmal also spielerisch einen Schritt nach vorn gewagt – aber leider die nötige Klarheit geopfert. Woran es letztlich fehlte, war die Zielstrebigkeit in Richtung Tor. Hier hat die TSG, nachdem defensiv nur noch wenig anbrennt, ganz klar die größte Entwicklungsnotwendigkeit.

Schon in einer Woche wird es offensiv deutlich mehr Durchschlagskraft brauchen, beim Derby gegen den VfB. Vielleicht wird man aus Stuttgarter Sicht ja wieder bestreiten, dass die Partie ein echtes Derby sei, aber nach verlorenen fünf Spielen in Folge ist auch der Stuttgarter Zusammenhang so angespannt, dass man auf verbale Nebenschauplätze wenig, aufs angespannte Zusammentreffen viel geben und den fesselnden Charakter dieser nachbarschaftlichen Begegnung endlich anerkennen könnte. Wie auch immer – das Spiel garantiert höchste Spannung. Und die TSG wird, weil sie in der Rückrunde aus jedem vorangegangenen Spiel erkennbar gelernt hat, wieder hinzugelernt haben.

Quelle: TSG 1899 Hoffenheim von Alexander Hans Gusovius

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