Das Thema Rüstungsexporte ist im Wahlkampf und in der breiten Öffentlichkeit angekommen. Und das ist gut so. Denn hier besteht Handlungsbedarf. In den letzten zehn Jahren konnte ich keinen zielführenden Schritt auch nur einer Regierungspartei erkennen, um Rüstungsexportkontrolle effektiver und verantwortungsvoller zu machen. Im Wahlkampf hören wir von dieser verheerenden Bilanz leider nur selten.
Die Piraten fordern eine grundlegend neue Ausrichtung der deutschen Rüstungsexportpolitik: Die Entscheidungsverfahren und ihre Ergebnisse sind einer tatsächlichen Kontrolle durch das Parlament und die Öffentlichkeit zu unterwerfen. Empfängerländer für Rüstungsexporte müssen überzeugend darlegen, dass sie die Menschenrechte achten und Weiterexporte denselben Kriterien unterwerfen.
Wie erreichen wir das?
- Die bedingungslose Achtung der Menschenrechte in den Empfängerländern bildet den Kern neuer Genehmigungsstandards. Politische Stabilität, zivilie Kontrolle der Streitkräfte, gute Regierungsführung und eigene, restriktive Rüstungskontrollmechanismen in diesen Ländern sichern dieses Kriterium nachhaltig ab. Exporte in Spannungsgebiete erfolgen grundsätzlich nicht.
- Ein starkes parlamentarisches Kontrollgremium erhält volle Akteneinsicht und, aufsetzend auf den vorgenannten Kriterien, ein Vetorecht für die Exportbewilligungen der Bundesregierung.
- Umfassende und zeitnah veröffentlichte Rüstungsexportberichte stellen sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger sich im Bedarfsfall in die politische Diskussion einmischen können. Diese Berichte legen alle erteilten Ausfuhrgenehmigungen, alle nicht bewilligten Anträge, den Verkauf und Transfer rüstungsrelevanter Software und Technologie, den Verkauf von Dual-Use-Gütern, Altbestandsverkäufe der Bundeswehr und die Erteilung von Nachbaulizenzen detailliert offen.
- Für die Rüstungsindustrie werden Anreize für einen Umstieg in die zivile Tätigkeitsfelder geschaffen. Umgekehrt fallen Erleichterungen im militärischen Bereich weg: Hermes-Bürgschaften für Rüstungsgüter werden nicht mehr erteilt, Exportanträge und Voranfragen werden mit für die Antragsteller deutlich wahrnehmbaren Gebühren belegt, ein getrennte Rechnungslegung für zivile und militärische Geschäftsbereiche wird verbindlich eingeführt. Weitere Maßnahme sind zu prüfen.
- Eine europaweit und international koordinierte Vorgehensweise sorgt für eine nachhaltige Umsetzung. Die Möglichkeit dazu hat die Bundesrepublik bereits nächste Woche in New York. Das Regelwerk der EU („Gemeinsamer Standpunkt“, 2008/449) wird im Sinne der obigen Grundsätze konkreter gefasst und seine Umsetzung in nationales Recht wird verbindlich. Die Förderung der europäischen Rüstungsindustrie wird als Ziel gestrichen.
Eine Piratenfraktion im 18. Deutschen Bundestag wird ihre Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der obigen Ziele einsetzen. Und wir werden es ohne politische Taktiererei und Parteienspielchen tun. Denn wenn es um Menschenrechte und letztendlich auch um Menschenleben geht, dann ist dafür kein Platz. Eine Selbstverständlichkeit?
Leider nein. Erinnern wir uns kurz an ein eindrückliches Beispiel aus dem Bundestag: DIE LINKE hatte im Bundestag beantragt, die Federführung für Rüstungsexportkontrolle vom Wirtschaftsausschuss zum Auswärtigen Ausschuss zu überführen. Die SPD stimmte mit Schwarz-Gelb dagegen. Dreißig Sekunden später stimmte DIE LINKE mit der Koalition gegen einen SPD-Antrag, der u.a. eine Offenlegung von Parteispenden von Rüstungsfirmen forderte. Wieder waren Themen und Inhalte politischer Taktiererei zum Opfer fallen. Eine Piratenfraktion im Bundestag hätte beiden Anträgen zugestimmt – ungeachtet von welcher Partei sie kommen. Und für einen eigenen Gesetzesvorschlag ist mit den Eckpunkten von oben bereits der Grundstein gelegt.
Quelle: von Stevan Cirkovic