Autoren ziehen falsche Schlüsse
(zg) „Viel Kaffeesatzleserei statt wissenschaftlicher Erkenntnisse“, kommentierte Landeshandwerkspräsident Joachim Möhrle den heute (13.06.) veröffentlichten Nationalen Bildungsbericht. Die Ergebnisse gingen an der Realität im Handwerk völlig vorbei.
Dies sei allerdings auch nicht weiter verwunderlich, sei der Bildungsbericht doch nur eine Sekundärauswertung bestehender Statistiken ohne Abgleich mit Betriebswirklichkeit vor Ort, sagte Möhrle weiter. Wer den Betrieben vorwerfe, in wichtigen Berufen seit Jahren viel zu wenige Lehrstellen anzubieten, der gehe von falschen Annahmen aus und ziehe dann daraus auch noch ebenso falsche Schlussfolgerungen. Alleine im Handwerk im Land seien mindestens 7.000 bis 8.000 Ausbildungsplätze unbesetzt geblieben und viele Betriebe würden mangels Erfolgsaussichten ihre freien Stellen schon gar nicht mehr melden. Das von den Autoren dargestellte Überangebot in den drei Bereichen Ernährungshandwerk, Köche und Hotel- und Gaststättengewerbe sei nur die Spitze des Eisbergs. Azubis fehlten vielmehr auch im Bau- und Ausbauhandwerk praktisch in jedem Gewerk: „Es fehlen Straßenbauer, Maurer, Zimmerer, Stuckateure, Heizungsbauer und Klempner.“
„Es ist eine Mär, dass die bei den Agenturen für Arbeit gemeldeten Bewerber allesamt den Weg in eine duale Ausbildung finden“, meinte Möhrle. Viele verfolgten gleichzeitig das Ziel höherer Bildungsabschlüsse, hätten nur ganz bestimmte Ausbildungsberufe im Blick oder würden die nötige Ausbildungsreife vermissen lassen. Und wenn in Baden-Württemberg über 30.000 Schulabgänger zunächst in Maßnahmen des sogenannten Übergangssystems vermittelt würden, dann sollten sich die Autoren fragen, gegen wen sie ihre Schelte richten. Der Bildungsbericht fordere, noch mehr Ausbildungsplätze anzubieten und Schwächeren eine Chance zu geben: „Das alles und noch viel mehr tun wir längst, man muss nur genau hinschauen.“ Die immense Ausbildungsleistung kleiner und mittlerer Handwerksbetriebe finde mit keinem Wort Anerkennung. Da werde augenscheinlich versucht, der Wirtschaft den Schwarzen Peter für angeblich fehlende Ausbildungsstellen zuzuschieben: „Diesen Schuh zieht sich das Handwerk nicht an.“
Quelle: Baden-Württembergischer Handwerkstag e.V.