Sinsheim „Wetzstoi(n)spucker“
Die Sinsheimer sind schon lange weit über ihren Ort hinaus als „Wetzstoi(n)spucker“ bekannt. Dies kommt daher, dass die Sinsheimer Männer früher beim Röhrichtmachen, dem Mähen von Gras und Schilf, täglich bis an die Knie im alten Stadtgraben standen. Trotzdem spuckten sie, manche sagen, aus Gewohnheit, andere meinen, es sei Faulheit gewesen, immer beim Schleifen der Werkzeuge auf den Wetzstein, obwohl dieser zur Hälfte selbst im Wasser stand und so immer gut befeuchtet war. Älteren Bewohnern der Stadt ist noch heute bekannt, dass es im Bereich der Elsenz immer nass und sumpfig war.
Rudolf Lehr hat dem Sinsheimer Wetzstoi(n)spucker ein würdiges Mundart-Denkmal gesetzt, das dem Wetzstoi(n)spucker in der Sinsheimer Fußgängerzone um nichts nachsteht:
Sinsemer Wetzstoi(n)spucker
„Des isch en Zu von alder Zeit
De Wetzstoi(n)spucker spuckt noch heit,
Er spuckt ufs Reff un isch am Grinse,
Midde im Stadtzentrum vun Sinse –
Un schun de kleenschde Sinsemer Bu,
Der lacht, un er bekennt sich dezu,
S isch unser Wetzstoi(n)spucker,
(Rudolf Lehr)
Kann Gucker un kann Mucker,
Er hot nie faul gegafft,
Hot immer fleißisch gschafft…
Des gilt aa noch fer heit
Fer alle Sinsemer Leit –
Guckt eich die Stadt a(n) zum Beweis,
S isch alles entstanne durch Sinsemer Fleiß!“
Die Sinsheimer selbst ärgerten vormals ihre Nachbarn mit folgenden Neckreimen, die uns aus längst vergangenen Tagen geblieben sind:
„Sinse isch e schöne Stadt,
Rohrbach isch e Bettelsack,
Erbse, Bohne, Linse,
Steinfurt, Rohrbach, Sinse.“
„Stoifurt, Rohrbach, Sinse,
Erbse, Bohne, Linse,
Sinse isch e schene Stadt,
Rohrbach isch e Bettelsack,
Stoifurt isch de Säuküwel,
Reie (Reihen) isch der Deckel drüwer.“
Sinsheim – Adersbach „Blosbälg“
Zur Entstehung dieses Uznamens gibt es nicht nur eine Variante:
Von Hasselbach aus gesehen liegt Adersbach im Westen, in der Hauptwindrichtung. Von Adersbach her wehte der Wind, der im Winter gefürchtet und bitterkalt war, daher meist nach Hasselbach. So kam es, dass die Adersbacher von den Hasselbachern bald und bis heute „Blosbälg“ genannt wurden.
Eine andere Erklärung besagt, dass die Adersbacher wegen folgendem, schon lange zurückliegendem Missverständnis zu „Blosbälg“ wurden:
Anstelle der benötigten Blasebälge sollen Adersbacher Männer einmal trigonometrische Signalstangen an eine Baustelle geholt haben und mussten diese, als der Irrtum bemerkt wurde, unter allgemeinem Gelächter zurücktragen.
Der schon lange verstorbene Maurer und heute fast vergessene Lokaldichter Huber hat hierzu einmal Folgendes in Versform berichtet:
„In einem Ort gab’s Spass zum Lachen,
Wollt einer da die Orgel machen,
Er tät zu dem Ortsdiener sagen:
Soll Blosbalg aus das Rathaus tragen!
Er tut das Ding halt letz verstehn,
Und tät nach drei Gehilfen gehen.
Sie gehen auf die Hochstraße nauf
Und packe dort den Signal auf.
Der Haffner sprach: „Was brauchen wir uns da zu plagen?
Gleich geh i ham unn hol mei Wagen!“
S’Weeke Stoffel kommt a zu springe:
„Ja wollt ihr den ufs Rathaus bringe?“
So wurde das Missverständnis schnell publik und bald zum Uznamen für den Ort in der Umgebung benutzt.
Wie der Uzname aber wirklich letztlich zustande kam, ist leider nicht mehr in Erfahrung zu bringen. In Gebrauch ist er jedenfalls bis auf den heutigen Tag.
Sinsheim – Dühren „Manschettenbauern“
Die Dührener Bauern wurden in vergangener Zeit und bis heute als „Manschettenbauern“ geuzt.
Es hat im Ort früher den einen oder anderen „größeren“ Bauern gegeben.
Zu jener Zeit sollen diese, böse Zungen zufolge, mit Manschettenknöpfen an weißen Hemden und mit Stehkrägen zur Feldarbeit gegangen sein.
Andere meinen, die Vorfahren der Dührener hätten gerne Manschettenstiefel getragen und versuchen so, den Uznamen zu deuten.
Ob sich der Neckname somit vom Bauernstolz dieser Großbauern oder vielleicht nur von Neidern ableitet, ist heute nicht mehr mit Gewissheit zu sagen.
Sinsheim – Ehrstädt „Bodelädle“
Die Ehrstädter wurden in vergangener Zeit von ihren Nachbarn als „Bodelädle“ oder „Bodelädlesgugger“ bezeichnet. Dieser Uzname setzt sich aus den Wortteilen „Bode-„ für „Dachboden“ und „-lädle“ für „Fensterladen“ zusammen und bedeutet „Dachbodenfenster“ oder „Dachbodenfensterkucker“.
Angeblich sind die Ehrstädter in längst vergangener Zeit gerne auf den Dachboden gestiegen und haben aus den Dachfenstern geschaut, um draußen nach dem Rechten zu sehen. So bekamen sie ihren heute noch gebräuchlichen Uznamen verpasst.
Sinsheim – Eschelbach „Hoben“
Die Eschelbacher wurden in vergangenen Zeiten nicht nur von ihren Tairnbacher Nachbarn wegen der häufig im Rebbau bei der Pflege der Rebstöcke und beim Kleinholzmachen im Wald eingesetzten krummen Messern „Hoober“, „Hoppe“ oder einfach „Hoben“ gerufen. Diesen Uznamen teilen sie sich unter anderem mit den Elsenzern und den Dielheimern.
Den Uznamen nutzte man früher gerne selbst, um mit einem Reim die Eichtersheimer Nachbarn zu ärgern und ihnen die angeblich schwäbische Abstammung, die natürlich nicht der Realität entsprach, vorzuhalten:
„Eschelbacher Howe,
Eischderscher Schwowe.“
Auch als „Spengler“ waren die Eschelbacher einst bekannt, ein Uzname, der auf die Tradition der Metallwarenfertigung in Heimarbeit zur Aufbesserung des Einkommen hindeutet, sich aber heute ganz verloren hat.
Der Uzname „Kiehstumbe“ weist wie in vielen Orten der Umgebung auf die ehedem häufig genutzten Kienhölzer hin, die in ärmeren Orten gern zum Feueranzünden oder als Leselichter verwendet wurden und mit denen zudem häufig rege gehandelt wurde. Allerdings ist auch dieser Uzname heute im Ort nicht mehr gebräuchlich.
Sinsheim – Hasselbach „Trampel“
Der Hasselbacher Uzname „Trampel“ geht auf die langen Fußmärsche zurück, welche die Bewohner der Orte einstmals zurücklegen mussten, um von Ort zu Ort zu gelangen. Da den einfachen Leuten früher kein Transportmittel zur Verfügung stand, das sie sich hätten leisten können, wurden auch größere Strecken regelmäßig zu Fuß zurückgelegt. Bei diesen Fußmärschen ging man meistens im „Gänsemarsch“ hintereinander. Die Hasselbacher sollen dabei immer besonders laut aufgetreten sein und sind daher von ihren Nachbarn im Laufe der Zeit mit dem Necknamen „Trampel“ versehen worden, der sich bis heute im Ort und in der Umgebung erhalten hat und auf den man reimt:
„Hasselbacher Trombe(r)
Ohner wie de onder.“
Sinsheim – Hilsbach „Katzen“
Die Hilsbacher sind in der näheren Umgebung des Ortes bis auf den heutigen Tag als „Katzen“ bekannt. Dies hatte mit der alten Stadtmauer zu tun, wie man noch heute im Ort vermutet, was aber heute nur noch den allerwenigsten Einwohnern bekannt ist.
Schon früh reimte man, wohl wegen der Enge der Stadt, bedingt durch die alten Stadtmauern, die im Ort teilweise noch heute zu sehen sind:
„Hilsbach isch a schönes Städtle, ringsherum mit Mauere,
Wer darin a Schätzle hat, der isch zum bedauere.“
Gerade diese Enge soll der Grund für die Verleihung des Hilsbacher Uznamens gewesen sein.
Die Hilsbacher Bürger sollen u früheren Zeiten innerhalb der Stadtmauern derart beengt gewohnt haben, dass sich Dach an Dach und Fenster an Fenster reihte und die Bewohner „Katzen gleich von Dach zu Dach springen konnten“.
Vielleicht erfuhr aus diesem Grund auch der Neckreim, der andernorts regelmäßig auf „Ratzen“ gereimt wurde, für Hilsbach die Wandlung in:
„Hilsbacher Katze,
Reite uff de Spatze,
Reite uff de Bänk,
Kriege die siedig Kränk.“
Sinsheim – Hoffenheim „Schleicher“
Die Hoffenheimer waren in alten Zeiten als „Schleicher“ bekannt. Der Volksmund berichtet, die Hoffenheimer Jungen seien besonders den Zuzenhausener Mädchen gerne in Verehrung zugeneigt gewesen. Da einst eine Liaison über die Ortsgrenzen hinweg nie besonders gern gesehen war, hieß es, vorsichtig zu agieren. So schlichen die Hoffenheimer Jungmänner in freilich längst vergangenen Nächten häufig heimlich nach Zuzenhausen, um bei ihren Angebeteten zu fensterln, ohne eine Tracht Prügel zu riskieren. Die hätte ihnen sicherlich gedroht, wären sie von den Zuzenhausener Männern bei ihrem Werben ertappt worden.
Gleichzeitig verhalfen sie ihren Mitbewohnern durch ihre vorsichtige „Vorgehensweise“ im wahrsten Sinne des Wortes ungewollt zu ihrem Ortsnecknamen „Schleicher“, der bis heute bekannt und gebräuchlich ist.
Sinsheim – Reihen „Kuckuck“
Die Reihener waren in früheren Zeiten ein sehr armes Volk. Hier hat es sich zugetragen, dass ein verletzter Vogel gefunden wurde. Er wurde in einem Tischkasten, in dem sich noch ein paar Brotkrümel befanden, eingesperrt. Leider hat man den Vogel in seinem Gefängnis vergessen. Nach wenigen Tagen wurde er verhungert aufgefunden. Einem zufällig vorbeikommenden Fremden wurde der tote unbekannte Vogel gezeigt, der ihn sofort als Kuckuck erkannte. Seit dieser Zeit tragen die Reihener den Utznamen „Kuckuck“
„So könnte es gewesen sein!“
Sinsheim – Rohrbach „Brückahossla“
Weil die Rohrbacher nach Feierabend gerne auf der Mauer ihrer Dorfbrücke saßen, Passanten beobachteten und tratschten, wurden sie früher „Brückahossla“ genannt, ein Uzname, den sie unter anderem mit den Baiertalern teilen. Von dieser Tradition des Zeitvertreibs zeugt noch heute folgender Neckvers:
„Die Rohrbacher Wigge-Wacke,
Die hawwe derre Arschbacke,
Die Rohrbacher Brückehossler:
Uff der Brück‘ hossle!“
Als die Unterschiede zwischen den Konfessionen noch Reibungspunkte im täglichen Leben bildeten, hieß man im ritterschaftlichen evangelischen Nachbardorf die fürstbischöflich-speyerischen und demnach katholischen Rohrbacher zudem „Kreizköpf“. Dieser Uzname hat sich allerdings heute in Rohrbach fast verloren.
Sinsheim – Steinsfurt „Schnooge“
Der Steinsfurter Uzname „Schnooge“ oder „Schnoogadängler“ zeugt von den einstmals im Ort häufig vorkommenden Schnaken und den oft vergeblichen Versuchen der Einwohner, sich dieser mit Schlägen zu erwehren.
Konkreter Anlass zur Entstehung der Schnakenplage, so weiß man im Ort zu berichten, sei die Verlegung von „der Bach“ gewesen, wie die Elsenz nicht nur in Steinsfurt genannt wird. Diese wurde zum Bau der Mühle in der Ortsmitte umgeleitet, um die Wasserversorgung der Mühle zu Energiegewinnungszwecken zu gewährleisten. Im alten Flussbett stand in der Folgezeit das verbliebene Wasser ab und bildete so eine ideale Brutstätte für die kleinen Plagegeister, die den Ort in Trag hielten und ihm mit den Jahren so zudem zu seinem heute noch sehr bekannten Uznamen verhalfen.
Sinsheim – Waldangelloch „Rechenmacher“
Die Waldangellocher wurden in früheren Zeiten „Rechenmacher“ genannt. Anscheinend gingen seinerzeit im Ort besonders viele Einwohner dieser in ärmlicheren Gegenden weit verbreiteten Tätigkeit nach, so dass die Berufsbezeichnung dem Ort zu seinem Uznamen gereichte. Heute geht wenigstens noch ein Rechenmacher im Dorf seinem Beruf im Nebenerwerb nach und zeugt so von der langen Tradition dieses heute fast ausgestorbenen Berufs in Waldangelloch.
Die Bewohner des Ortes wurden in längst vergangenen Zeiten auch „Zwiebeln“ genannt. Ob wegen des Anbaus des Gemüses oder wegen des bevorzugten Verzehrs desselben, ist heute nicht mehr zu ergründen.
Ebenso ist nicht mehr bekannt, warum die Waldangellocher früher auch als „Harschebuwe“ (Hirschbuben) geneckt wurden. Ob dies wegen der Tiere im Wald oder vielleicht wegen einer schnellen Gangart der Bewohner geschah (siehe Michelfeld), ist heuer nicht mehr auszumachen.
Sinsheim – Weiler „Bären“
Dem Weilerer Uznamen „Bären“ liegt der Überlieferung nach folgende Begebenheit zugrunde:
Weil die Nachbarn aus Reihen einstmals einen Büschel aus Erbsen- oder Bohnenkraut an einen Baum gehängt hatten, glaubten die Weilerer, in dem Baum säße ein Bär und rückten nach allgemeinem Alarm mit Dreschflegeln und Heugabeln aus, um das Untier zu töten. Als sie ihren Irrtum bemerkten und dieser in den Nachbardörfern bekannt wurde, wurden sie fortan als „Bären“ oder „Erbsensäck“ geuzt. So berichtet der Volksmund von der Entstehung des Uznamens, der sich bis heute erhalten hat und für Weiler auch in der Umgebung bekannt ist. Auch reimte man:
„Weilerer Bären,
Hocke uff de Scheeren,
Hocke uff de Bänk,
Kriege all die Kränk.“