Der Rhein-Neckar-Kreis erstellt in den nächsten zwei Jahren eine kreisweite Seniorenplanung
„Altern ist wandelbar und durch Politik gestaltbar“, sagt Gastrednerin Prof. Dr. lnes Himmelsbach bei der Auftaktveranstaltung im Landratsamt in Heidelberg
Der Rhein-Neckar-Kreis erstellt zusammen mit seinen 54 Kommunen in den nächsten zwei Jahren eine kreisweite Seniorenplanung. „Hinter diesem Ziel steht der Gedanke, dass jeder im Rhein-Neckar-Kreis in Würde altern können soll“, erläuterte Landrat Stefan Dallinger, der bei der Auftaktveranstaltung für die Kreisseniorenplanung im Landratsamt in Heidelberg zahlreiche Besucher, darunter Oberbürgermeister, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen sowie Experten wie die Chefärzte regionaler Gerontologie-Abteilungen begrüßte.
Für die im Landkreis lebenden Seniorinnen und Senioren sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Erhalt der Selbständigkeit im Alter unterstützen und die seniorengerechte Strukturen ermöglichen. Die Stabsstelle Sozialplanung im Dezernat ll des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis will deshalb gemeinsam mit Politik, Vertretern von Verbänden, Einrichtungen und Diensten sowie Fachexperten Strategien und Handlungskonzepte entwickeln, um diesen demografischen Anforderungen zu begegnen. Die Kreisseniorenplanung ist bereits in die Handlungsfelder der Strategischen Ziele des Kreises („Soziale Agenda“ und „Sozialplanung“) integriert. Sie soll bedarfsgerechte Angebote und Versorgungsstrukturen für Senioren enthalten, deren Wünsche berücksichtigen und die allgemeine Lebenssituation optimieren. Niedrigschwellige und präventive Angebote sollen dabei gewährleisten, dass ältere Menschen möglichst langfristig in den eigenen vier Wänden leben können, so dass die Aufnahme in Pflegeeinrichtungen vermieden wird. „Bringen Sie bitte Ihr Fachwissen ein, damit wir wissen, wo welche Bedarfe vorhanden sind“, appellierte Landrat Dallinger an die Anwesenden, ehe er das Wort an Prof. Dr. lnes Himmelsbach weitergab.
Die Professorin für Soziale Gerontologie an der Katholischen Hochschule Freiburg sprach in ihrem kurzweiligen Vortrag unter anderem darüber, wie sich das gesellschaftliche Bild vom Alter(n) wandle. Sie warnte davor, beim Begriff „Altern“ zuerst an den Zusammenhang mit der Pflege zu denken. Ausführlich zitierte die Professorin aus dem aktuellen (siebten) Altenbericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der viele kluge Einschätzungen beinhalte. Mit dem Themenkomplex „Sorge und Mitverantwortung in der Kommune. Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften“ inklusive der Empfehlungen sei der Bericht „fast schon eine Art Handbuch für Ihre Planungen“, sagte Himmelsbach zu den Zuhörerinnen und Zuhörern.
Mit Blick auf die Verwirklichung einer Sorgekultur reiche es nicht, ältere Menschen vorwiegend oder gar ausschließlich als „Umsorgte“ zu verstehen, sie seien vielmehr auch als „Sorgeleistende“ zu betrachten, die sich in einer mitverantwortlichen Haltung anderen Menschen zuwenden wollen und zuwenden. „Es sind gerade ältere Frauen in Familien und Nachbarschaften, die den größten Anteil an Sorgeaufgaben für Andere übernehmen – für andere Ältere, aber auch in nennenswertem Umfang für Kinder und Enkelkinder“, erläuterte die Wissenschaftlerin. Himmelsbach empfahl, genau zu analysieren, wo und welche Versorgungs- und Erlebniszentren es in der jeweiligen Kommune gibt. „Das muss nicht zwingend in jedem Ort ein Supermarkt sein.“ Nicht zuletzt wegen der Entwicklung, dass es immer mehr „junggebliebene Alte“ gebe, sei es hilfreich, die gesundheitliche Versorgung präventiv auszurichten und wohnortnah sicherzustellen. Für die Kreisseniorenplanung wünschte die Professorin für Soziale Gerontologie dem Rhein-Neckar-Kreis viel Erfolg und gab als Schlusssatz allen Beteiligten mit auf den Weg: „Altern ist wandelbar und durch Politik gestaltbar!“
Anschließend stellten Bettina Ghiorghita und Benjamin Röben vom Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) Baden-Württemberg Details sowie den Fahrplan der Kreisseniorenplanung vor. Zunächst soll kreisweit eine Bestandsaufnahme der Angebote und Einrichtungen erhoben werden, um Bedarfe, insbesondere in den Bereichen Pflege und Betreuung, zu erkennen. In einem breiten Beteiligungsprozess wird dann in themenbezogenen Fachgesprächen und Workshops eine Gesamtstrategie erstellt. Diese soll insbesondere auch die kreisangehörigen Kommunen künftig bei ihren Planungen unterstützen. Der Rhein-Neckar-Kreis wird hierzu in fünf Planungsräume eingeteilt: Neckargemünd, Schwetzingen, Sinsheim, Weinheim und Wiesloch. Sozialdezernentin Stefanie Jansen macht deutlich, dass innerhalb dieser Räume Synergieeffekte – auch zu den weiteren Planungen im Landkreis (unter anderem die Teilhabeplanung für Menschen mit Behinderung) – erzielt werden sollen. Der Kreisseniorenplan mit seinen Handlungsempfehlungen soll bis Ende des Jahres 2020 in gedruckter Form vorliegen.
Quelle: Silke Hartmann