(zg) Der ins Sprichwörtliche erhobene Titel eines Films von R.W. Fassbinder aus dem Jahr 1974, „Angst essen Seele auf“, drängt sich nach dem Spiel in Augsburg förmlich auf. Seltsam leblos geriet der Hoffenheimer Auftritt vor der stimmungsvollen Augsburger Kulisse, sodass unter dem Eindruck auch des letzten Heimspiels gegen Stuttgart viele Fans der Mannschaft wenig mehr zutrauen.
Die Frage, wo Hoffenheim sportlich steht und wie es längerfristig weitergeht, ist aber ernsthafter zu beantworten als aus noch so verständlicher Enttäuschung heraus. Außerdem hat die Leistungskurve der Mannschaft in den ersten Spielen unter Trainer Kurz stetig nach oben gezeigt. Woher kommt also der plötzliche Einbruch? Warum wirkte Augsburg so viel entschlossener als die TSG?
Die Antwort darauf könnte so aussehen: Augsburg hat derzeit keinen Ruf zu verlieren und kann darum imgrunde auch niemanden enttäuschen, Hoffenheim hatte zu Beginn der Saison ganz andere Ambitionen. Augsburg kennt zudem den Abstiegskampf und kann nur besser werden. Die Spieler der TSG dagegen, in Abstiegssorgen unerfahren, haben nicht nur um Punkte, sondern permanent auch um ihren Ruf und um ihr Selbstverständnis zu kämpfen, gerade in Spielen wie gegen Stuttgart und Augsburg, wo es um so viel mehr geht als beim Zusammentreffen mit Vereinen, die in der Tabelle weit oben stehen.
Die Angst, dass der Kampf misslingen könnte, könnte darum den Kopf in der Begegnung mit echten Konkurrenten umso müder und die Beine nochmal schwerer gemacht haben. Es ist eine Angst, die aus der handfesten Auseinandersetzung resultiert, aus der Begegnung mit der Realität. Anders gesagt konnte das bevorstehende Spiel gegen Hoffenheim bei Augsburg jede Menge Hoffnung und damit auch Motivation freisetzen, während die TSG an erster Stelle nicht noch tiefer in den Abgrund blicken wollte.
Genau das ist aber geschehen. Die Angst vor der Niederlage, vor noch mehr Rufschädigung, vor der blanken Realität hatte sich zentnerschwer auf die Mannschaft gelegt. Anders ist der massive Einbruch doch kaum zu erklären. Vielleicht hat die Mannschaft damit aber auch die Talsohle dieser Problemsaison erreicht und wird sich jetzt erst neu finden können. Aufgrund der ganz anderen Auftritte gegen Gladbach, Frankfurt, Hannover und Freiburg, die gezeigt haben, dass mehr in der Mannschaft steckt, darf man das durchaus vermuten.
Nun ist der kommende Gegner, der FC Bayern München, leider kein Aufbaugegner. Aber die gibt es in der Liga ohnehin nicht mehr, und gerade mit vermeintlichen Aufbaugegnern tut sich Hoffenheim ja besonders schwer. Trotzdem könnte die Mannschaft ausgerechnet in diesem Spiel etwas Glauben an sich zurückgewinnen, um für die dann folgende Partie in Fürth besser gerüstet zu sein. Nicht durch drei Punkte, die gegen die Bayern in den Bereich der Phantasie gehören. Aber durch mutiges Auftreten, durch das Wiederfinden des spielerischen Fadens, der in den letzten beiden Spielen verloren gegangen ist. Noch sind elf Spiele zu absolvieren. Bei aller Enttäuschung Zeit genug, um sich zu fangen und neu anzugreifen!
Quelle: TSG 1899 Hoffenheim von Alexander Hans Gusovius