(zg) Die Linke Baden-Württemberg kritisiert, dass der Armuts- und Reichtumsbericht für Baden-Württemberg weiterhin nicht gedruckt oder elektronisch verschickt werden darf.
Die für den Sommer angekündigte Veröffentlichung ist zurückgestellt, bis das Kabinett den Bericht genehmigt hat.
Nach Ansicht des Landtagskandidaten im Wahlkreis Sinsheim, Thomas Wenzel, ist es ein Skandal – “aber politisch gewollt”, dass die Armut trotz wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland nicht gesunken ist.
“Armut und Hartz IV sind die Folterwerkzeuge des Kapitals gegen die arbeitende Bevölkerung. Immer mehr Menschen sind arm trotz Arbeit”, kritisiert der Gewerkschafter in seiner Stellungnahme.
In diese Diskussion kommt jetzt durch das Flüchtlingsdrama zusätzlicher Zündstoff. Wenzel: “Es ist wieder einmal nicht zu überbieten – wenn Vertreter der IHK nichts besseres zu tun haben, als für anerkannte Flüchtlinge die Aussetzung des Mindestlohns zu fordern.”
Für den Landtagskandidaten im Neckar-Odenwald-Kreis, Simon Gramlich, steht “der jämmerliche Versuch von Grüne und SPD die Armutsentwicklung beiseite zu schieben, leider symptomatisch für deren sozialpolitisches Versagen.” Die eindringlichen Forderungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes nach einem durchgreifenden sozialpolitischen Kurswechsel, würden bei der grün-roten Landesregierung ungehört verhallen. Stattdessen halte man nach Gramlichs Einschätzung “immer noch an einer neoliberalen Politik fest, die die Zunahme der Armut geradezu herbeigeführt hat. Diese Entwicklung ist keineswegs ‘natürlich’ entstanden, sondern die Folge neoliberaler ‘Reformen’. So hat die OECD in ihrem jüngsten Sozialbericht den Sozialabbau und die wachsende Anzahl ungesicherter Arbeitsverhältnisse als wesentliche Ursachen benannt. Vor dieser Entwicklung die Augen zu verschließen, statt diese endlich wirksam zu bekämpfen, ist ein sozialpolitisches Armutszeugnis.”
Nach Ansicht von Linken-Geschäftsführer Bernhard Strasdeit, soll mit dem zurückhalten des Armuts- und Reichtumsberichts offenbar vom eigenen Versagen abgelenkt werden:
“Der Landesregierung fehlt das soziale Gewissen, sie hat die zunehmende Spaltung unserer Gesellschaft in arm und reich nicht ernst genommen. Warum behandelt Ministerin Altpeter (SPD) den Bericht weiter wie ein Staatsgeheimnis? Wir fordern die sofortige Veröffentlichung.“
Die vom Statistischen Landesamt präsentierten Zahlen zeigen, dass 45% der Kinder alleinerziehender Eltern im Land in Armut oder an der Schwelle zur Armut leben. Der Paritätische Wohlfahrtsverband berichtet, dass viele Menschen auf Grund der hohen Mieten von Wohnungslosigkeit bedroht oder schon wohnungslos sind. Alarmierend sei die Zunahme der Altersarmut sowie die Verfestigung von Langzeitarbeitslosigkeit.
Zwar habe Baden-Württemberg mit 11,4% eine der niedrigsten Armutsquoten, gemessen am Einkommens- und Preisniveau liege sie aber mit 14,8% so hoch wie im Bundesdurchschnitt und steige weiter trotz guter Konjunktur. Zudem gebe es erhebliche regionale Unterschiede, in den Städten, etwa in der Region Mannheim, sei die Armut doppelt so hoch wie am Bodensee. Die Linke stimmt dem Paritätischen Wohlfahrtsverband zu, der eine konsequente Politik der Armutsbekämpfung fordert, etwa beim Wohnungsbau oder in der Familienpolitik.
Quelle: Christian Anschütz