Handwerk kritisiert halbherzigen Kompromiss
(zg) „Da wurde von Anfang an alles in einen Topf geworfen“, ärgert sich Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold. Der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments hat gestern die Ausdehnung der Pflicht zum Einbau eines digitalen Tachographen auf Fahrzeuge zwischen 2,4 und 3,5 Tonnen beschlossen. Dass die Regelung auf internationale Transporte und Entfernungen von mehr als 100 Kilometern für Handwerker beschränkt werden soll, weise in die richtige Richtung. Reichhold: „Man kann Dachdecker, Installateure oder Fleischer eben nicht wie Berufskraftfahrer im Güter- und Personenferntransport behandeln.“
Wenn es Bedarf nach Regulierungen für das Transportgewerbe gebe, sollten diese von Anfang an nur auf diese Branche ausgerichtet werden und nicht das regional tätige Handwerk mit nicht nachvollziehbaren Pflichten belasten, sagte Reichhold. Die Notwendigkeit der Kontrolle von Lenk- und Ruhezeiten stehe außer Frage. Der Berufsalltag im Transportgewerbe stelle sich aber ganz anders dar als im Handwerksbetrieb. Reichhold: „Eine Ausdehnung des Gewichtsbereiches hätte mit massiven negativen Auswirkungen auf den Fuhrpark des Handwerks die Falschen getroffen.“ Baden-württembergische Handwerker seien aber auch immer wieder grenzüberschreitend, insbesondere in Frankreich oder Österreich, im Einsatz und könnten so dennoch der neuen Tachographenpflicht unterfallen. Der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) fordert das EU-Parlament deshalb grundsätzlich auf, das regional tätige Handwerk nicht mit neuer Bürokratie zu belasten und ein weiteres Handelshemmnis im Binnenmarkt aufzubauen. Einer späteren weiteren Ausweitung auf alle innerstaatlichen Transportvorgänge im unteren Gewichtsbereich müsse von vornherein ein Riegel vorgeschoben werden..
Durch die Tachographenpflicht fallen für einen Betrieb erhebliche Kosten und Bürokratien an: Allein der Einbau eines Tachographen kostet 1.500 Euro. Die Anschaffung von Kontrollkarten für das Unternehmen und die Mitarbeiter, der Kauf von Software zur Datenverwaltung sowie regelmäßige Wartungs-, Archivierungs- und Auslesungspflichten und die Unterweisung aller Mitarbeiter kommen noch hinzu. Nach der Abstimmung über die geänderte Fassung der Lenkzeitenrichtlinie im Verkehrsausschuss wird nun im interinstitutionellen Trilog weiter über die genauen Regelungen verhandelt werden, bevor das Mobilitätspaket endgültig im Europäischen Parlament verabschiedet werden kann.
Quelle: Eva Hauser