Klärschlammverwertung und Phosphor-Recycling im Rhein-Neckar-Kreis gehört ab sofort zu den strategischen Zukunftszielen
(zg) In seiner Sitzung vom 10. Juli 2017 hat der Kreistag des Rhein-Neckar-Kreises seine weiteren, strategischen Entwicklungsziele definiert und dabei die zukünftige Verwertung von Klärschlämmen inklusive Phopshor-Recycling in den mittel- und langfristigen Maßnahmenkatalog aufgenommen. Sprich: man will die Klärschlammverwertung und – entsorgung in Kombination mit dem ökologisch und vor allem auch ökonomisch interessanten Phosphor-Recycling bald möglich in die eigenen, regionalen Hände nehmen. Mit der Umsetzung beauftragte das Gremium die AVR UmweltService. Das kreiseigene Unternehmen wird einmal mehr die unternehmerische Basis dafür schaffen, dass die regionalen Entwicklungsziele im Bereich Umwelt- und Klimaschutz erfolgreich umgesetzt werden.
Neue rechtliche Rahmenbedingungen sind bereits in Kraft
Hintergrund der weitreichenden Klärschlamm- und Phosphor-Thematik ist die neue Klärschlammverordnung (AbfKlärV), die der Deutsche Bundestag im Juli 2017 verabschiedet hatte. Damit definiert der Gesetzgeber die zukünftige Pflicht zur Phosphor-Rückgewinnung für Kläranlagenbetreiber und fordert entsprechend ausgearbeitete Konzeptvorlagen bis zum Jahr 2023 ein. Die neue Verordnung basiert auf dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus dem Jahre 2013 (Zitat: „… wir werden die Klärschlammausbringung zu Düngezwecken beenden und Phosphor und andere Nährstoffe zurückgewinnen.“) und wird innerhalb der nächsten 12 bzw. 15 Jahre vollumfänglich umgesetzt werden. Ab dann ist im Übrigen auch eine bodenbezogene Verwertung von Klärschlämmen definitiv verboten, was sicherlich dazu beitragen wird, die teilweise bedenkliche Phosphorbelastung der Gewässer fortan drastisch zu reduzieren.
Die aktuelle und zukünftige Situation im Rhein-Neckar-Kreis
Mit seinen rund 540.000 Einwohnern ist der Rhein-Neckar-Kreis einer der bevölkerungsreichsten Stadt- bzw. Landkreise in Baden-Württemberg. Derzeit befinden sich 18 Kläranlagen in Betrieb, acht davon sind aufgrund der neuen gesetzlichen Vorgaben zum Phosphor-Recycling verpflichtet. Kreisweit fallen ca. 50.000 Tonnen Klärschlamm pro Jahr an. Der Hauptentsorgungsweg für die Klärschlämme ist die thermische Verwertung mit ca. 90 Prozent, 10 Prozent werden landwirtschaftlich verwertet. Aufgrund der fehlenden Kapazitäten in Baden-Württemberg erfolgt die thermische Verwertung der Klärschlämme aus dem Rhein-Neckar-Kreis derzeit (leider noch) in anderen Bundesländern, wobei sie dabei oftmals über hunderte von Kilometern transportiert werden müssen.
Genau hier setzen die strategischen Überlegungen der AVR UmweltService an. „Vor allem die regionale, interkommunale Zusammenarbeit ist jetzt gefragt“, sagt Thomas Brümmer, Prokurist der AVR UmweltService und verantwortlich dafür, die thematischen Fäden zusammenzuführen und im ersten Schritt einen möglichst tragfähigen Knoten daraus zu formen. „Vorstellbar bei dieser Form der Zusammenarbeit sind verschiedene Modellvarianten, es ist aber noch zu früh, sich damit jetzt bereits im Detail zu beschäftigen. Zunächst geht es um die interkommunalen Gespräche und da bauen wir, wie bereits bei verschiedenen AVR-Projekten in der Vergangenheit, auf das „Wir-Gefühl“ im Rhein-Neckar-Kreis“, zeigt sich Brümmer optimistisch, bald mit ersten Ergebnissen aufwarten zu können.
Klärschlamm als wichtige sekundäre Phosphorquelle
Beschäftigt man sich etwas eingehender mit dem chemischen Element Phosphor, so stellt man schnell fest, dass es ein Rohstoff von geradezu existenzieller Bedeutung ist, beispielsweise beim Düngen landwirtschaftlich genutzter Flächen. Phosphor ist ein unverzichtbarer Nährstoff für die Pflanzenernährung, dessen Reserven allerdings begrenzt und deshalb begehrt sind. Drastische Preisschwankungen an den internationalen Märkten oder politische Unwägbarkeiten in den wenigen Ländern mit großen Phosphorlagerstätten sind ein untrügliches Indiz dafür, dass die Ressource Phosphor durchaus zu einem Unsicherheitsfaktor in der Pflanzen- und Ernährungsproduktion werden kann. Zudem weisen die heutigen Vorkommen in Marokko, China und den USA zunehmend Kontaminationen mit Schwermetallen und Radioaktivität auf, was zur schwerwiegenden Folge hat, dass diese Stoffe automatisch irgendwann in den Nahrungskreislauf gelangen.
Ratsam also, die langfristige Verfügbarkeit sicherzustellen, und das möglichst schnell. Die praktische Lösung liegt auf der Hand: Klärschlamm! Weil Klärschlamm aufgrund seiner hohen Konzentration an Phosphaten eine der wichtigsten sekundären Phosphorquellen ist. Theoretisch könnte man zukünftig mit einem flächendeckenden Phosphor-Recycling aus Klärschlämmen die Hälfte des heutigen Bedarfs der Bundesrepublik Deutschland decken!
Quelle: Stephan Grittmann