Schuldsprüche wegen gefährlicher Körperverletzung am häufigsten
In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2019 von den insgesamt 109 847 Verurteilten 3 902 Personen wegen Gewaltdelikten schuldig gesprochen.1 Zu den Gewaltdelikten zählen vor allem schwere und gefährliche Körperverletzung einschließlich Körperverletzungen mit Todesfolge, aber auch Raubdelikte, Mord, Totschlag und Vergewaltigung.2 Wie das Statistische Landesamt nach Auswertung der Strafverfolgungsstatistik mitteilt, nahmen die Verurteilungen wegen Gewaltdelikten nunmehr im vierten Jahr in Folge zu. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich deren Zahl um 144, was einem Zuwachs von 3,8 % entspricht. Der Anstieg war in allen Altersgruppen zu beobachten. Bei den Jugendlichen im Alter von 14 bis unter 18 Jahren war gegenüber dem Vorjahr der Zuwachs mit +9,2 % (+54 Fälle) am höchsten, gefolgt von den Heranwachsenden in der Altersgruppe von 18 bis unter 21 Jahren mit +7,3 % (+46 Fälle) und den Erwachsenen mit +1,7 % (+44 Fälle). Insgesamt wurden 640 Jugendliche, 677 Heranwachsende und 2 585 Erwachsene im Jahr 2019 wegen Gewaltdelikten verurteilt.
Die Verurteilten waren mit einem Anteil von 91,3 % ganz überwiegend männlich. Insgesamt wurden 2 040 Deutsche (1 816 Männer, 224 Frauen) und 1 862 Nicht-Deutsche (1 745 Männer, 117 Frauen) wegen Gewaltdelikten verurteilt.
Innerhalb der Gewaltdelikte stellen die Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung3 mit einem Anteil von 72,6 % die größte Untergruppe. Auf diese entfielen im vergangenen Jahr 2 834 Verurteilungen, 1 469 Schuldsprüche ergingen gegen Deutsche und 1 365 gegen Nichtdeutsche. Danach folgten mit deutlichem Abstand die Verurteilungen wegen räuberischer Erpressung4 (323 Fälle) und räuberischen Diebstahl5 (191 Fälle), Raub und schwerem Raub6 (173 bzw. 122 Fälle) sowie Vergewaltigung7 (100 Fälle). Wegen Mordes8, dem im deutschen Strafrecht schwersten Verbrechen, ergingen im Jahr 2019 insgesamt 19 Schuldsprüche, wegen versuchten Mordes9 wurden 20 Verurteilungen ausgesprochen.
Das Strafmaß war je nach dem zur Anwendung kommenden Gesetzes und dem abzuurteilenden Deliktes unterschiedlich.10 Ganz allgemein ist jedoch festzustellen, dass aufgrund der Schwere der Straftaten bei den wegen Gewaltdelikten Verurteilten sehr viel häufiger eine Jugend- oder Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde als bei der Gesamtheit aller Verurteilungen.
Nach den Ergebnissen der Strafverfolgungsstatistik kam bei 1 247 Personen im Alter von 14 bis unter 21 Jahren die wegen Gewaltdelikten verurteilt wurden, das Jugendstrafrecht zur Anwendung. Dabei wurden 640 Schuldsprüche gegen Jugendliche ausgesprochen, 607 Urteile ergingen gegen Heranwachsende. 577 oder 46,3 % der Jugendlichen und Heranwachsenden wurden zu einer Jugendstrafe, d. h. einer im Jugendstrafrecht speziell für Jugendliche und Heranwachsende konzipierte Freiheitsstrafe, verurteilt. Damit lag die Quote mehr als doppelt so hoch wie bei allen nach Jugendstrafrecht Verurteilten (19 %). In weiteren 620 Fällen wurden als schwerste Strafe sogenannte Zuchtmittel wie Jugendarrest, Verwarnungen oder Auflagen wie beispielsweise Arbeitsleistungen verhängt. Im Gegensatz zur Jugendstrafe haben Zuchtmittel einen ahnenden Charakter und sollen bei den Jugendlichen und Heranwachsenden das Bewusstsein schärfen, dass man für die begangene Straftat einzustehen hat. Die restlichen wegen Gewaltdelikten verurteilten 50 Jugendlichen und Heranwachsenden erhielten Erziehungsmaßregeln auferlegt. Diese stellen keine Strafen im herkömmlichen Sinn dar, sondern es handelt sich vielmehr um Weisungen und Hilfen, die die Lebensführung des Jugendlichen und Heranwachsenden regeln und dadurch die Erziehung fördern und sichern sollen.
Bei 2 655 Personen, 70 Heranwachsende und 2 585 Erwachsene, die wegen Gewaltdelikten schuldig gesprochen wurden, kam das allgemeine Strafrecht zur Anwendung. Davon wurden 1 954 Heranwachsende und Erwachsene bzw. 73,6 % zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. In weiteren 701 Fällen (26,4 %) lautete der Schuldspruch auf Geldstrafe. Während also bei den wegen Gewaltdelikten Verurteilten mit Abstand am häufigsten der Schuldspruch auf Freiheitsstrafe lautete, wurde bei der Gesamtzahl aller nach allgemeinem Strafrecht Verurteilten nur in 13,5 % der Fälle eine Freiheitsstrafe ausgesprochen. 86,5 % aller Schuldsprüche lauteten dagegen auf Geldstrafe.