Dennoch: Knapp 40 % der Ehen werden geschieden
Im vergangenen Jahr wurden in Baden-Württemberg 18 081 Ehen geschieden, darunter 102 von gleichgeschlechtlichen Paaren. Damit ist die Zahl der Ehescheidungen nach Angaben des Statistischen Landesamtes gegenüber dem Jahr 2019 um knapp 5 % zurückgegangen.1 Im Vergleich zu 1980 lag aber deren Zahl im vergangenen Jahr um rund 40 % höher. Ähnlich hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die Zahl der von einer Scheidung betroffenen Kinder entwickelt (Schaubild 1).
Am häufigsten war im Jahr 2020 eine Scheidung im 6. Ehejahr (870).2 Am zweithäufigsten wurden Ehen im »verflixten« 7. Ehejahr geschieden (869), gefolgt vom 9. Ehejahr (860).
Die durchschnittliche Ehedauer aller im Jahr 2020 geschiedenen Ehen lag ähnlich wie in den Vorjahren bei knapp 16 Jahren, wobei aber Ehescheidungen auch nach einer verhältnismäßig langen Zeit des Zusammenlebens keine Einzelfälle waren: So hatten Paare bei jeder sechsten der im vergangenen Jahr geschiedenen Ehen das Jubiläum der Silberhochzeit bereits hinter sich. Bei 350 Ehepaaren erfolgte die Scheidung im Jahr des 25-jährigen Ehejubiläums, bei immerhin 5 Paaren im Jahr der »goldenen Hochzeit«.
In den vergangenen Jahrzehnten ist mit jedem jüngeren Heiratsjahrgang die Scheidungshäufigkeit angestiegen: Vom Heiratsjahrgang 1960 wurden etwa 15 % der seinerzeit geschlossenen Ehen geschieden. Für den Heiratsjahrgang 1970 traf dieses Schicksal auf jedes vierte Ehepaar zu, für den Jahrgang 1980 bereits auf jede dritte Ehe. Von den Paaren, die 1995 den Bund der Ehe eingingen, waren bis zum Jahr 2020 – also nach 25 Ehejahren – bereits 36 % geschieden. Die Prognose für diesen Heiratsjahrgang läuft auf eine Scheidungshäufigkeit von annähernd 40 % hinaus (Schaubild 2).3 Damit hat sich die Scheidungshäufigkeit jüngerer Heiratsjahrgänge im Vergleich zu den Ehen aus den 1960er-Jahren mehr als verdoppelt.
Für jüngere Heiratsjahrgänge deutet aber eine Auswertung der Ehescheidungen darauf hin, dass die Ehen in den letzten Jahren wieder etwas stabiler geworden sind: So wurden beispielsweise von den im Jahr 2005 geschlossenen Ehen bislang »nur« 25 % geschieden – für die Heiratsjahrgänge 1995 und 2000 lag der entsprechende Anteil nach den ersten 15 Ehejahren dagegen bei jeweils 27 %.
In regionaler Hinsicht zeigen sich Unterschiede im Scheidungsverhalten, die aber relativ gering ausfallen. Die wenigsten Ehen wurden zuletzt in den Regionen Donau-Iller, Heilbronn-Franken und Ostwürttemberg geschieden: Im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 20204 kamen in diesen württembergischen Regionen jeweils 71 bzw. 72 Ehescheidungen auf 10 000 Ehen (Schaubild 3). Am höchsten war diese sogenannte spezifische Scheidungsziffer (vgl. Hinweis) in den badischen Regionen Rhein-Neckar und Hochrhein-Bodensee mit jährlich 81 bzw. 78 Ehescheidungen bezogen auf 10 000 Ehen.
Darüber, weshalb die Scheidungshäufigkeit im württembergischen Landesteil etwas geringer als in Baden ist, können lediglich Vermutungen angestellt werden. Ein möglicher Erklärungsansatz ist, dass gemeinsame Kinder die Scheidungshäufigkeit mindern; in württembergischen Regionen sind Haushalte mit Kindern etwas häufiger als in den meisten badischen.5 Ein weiterer Grund könnte sein, dass Ehen mit Wohneigentum – wie ebenfalls aus der Familiensoziologie bekannt – seltener geschieden werden; in den württembergischen Regionen ist die Eigentümerquote tendenziell höher als in Baden. Schließlich könnte auch die unterschiedliche Erwerbsbeteiligung mitentscheidend sein: Ehen, in denen beide Partner erwerbstätig sind, werden häufiger geschieden als Ehen, in denen die Frau nicht berufstätig ist.