Grenke und Reichhold: Meisterprüfungen sind gefährdet; große Nachteile für das neue Ausbildungsjahr drohen
IHKs und Handwerkskammern plädieren für eine baldige Öffnung der beruflichen Weiterbildungseinrichtungen. Durch die Schließung der öffentlichen wie privaten Bildungseinrichtungen ist die berufliche Weiterbildung quasi vollständig zum Erliegen gekommen. Zur Wiedereröffnung am 4. Mai droht nun eine Ungleichbehandlung schulischer und außerschulischer Einrichtungen der beruflichen Bildung. Während an den Berufsschulen die Meister- und weitere Weiterbildungskurse starten dürfen, fehlt diese Möglichkeit für die Überbetrieblichen Ausbildungsstätten und Bildungszentren der Kammern (ÜBAs) in der Corona-Verordnung.
„Bereits im Juni stehen Prüfungen in der Weiterbildung nach Handwerksordnung (HWO, Meister) und Berufsbildungsgesetz (BBiG, Industriemeister, Fachwirte, Betriebswirte) an. Das sind bundeseinheitliche Berufsabschlüsse. Dafür brauchen wir Vorbereitungslehrgänge. Wenn wir damit nicht beginnen können, sind die Prüfungen in Gefahr. Industrie- wie Handwerksmeister werden in den Betrieben dringend benötigt, um junge Menschen auszubilden und Aufträge abzuwickeln. Wenn sie nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen, drohen im neuen Ausbildungsjahr große Nachteile“, mahnen Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) und Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold gemeinsam.
„Dies ist ein unhaltbarer Zustand für unsere Wirtschaft in Baden-Württemberg“, so Grenke weiter. „In Anbetracht der derzeit rund 90.000 kurzarbeitenden Betriebe im Land muss es Beschäftigten möglich sein, sich beruflich qualifiziert weiterzubilden. Nur mit Online-Angeboten alleine ist das nicht zu schaffen. Sach- und Fachkundeprüfungen von Gefahrguttransporten bis zum Sicherheitsgewerbe müssen ebenso zügig zum Abschluss gebracht werden. Gerade diese Personen werden jetzt sofort gebraucht, um für Sicherheit im Rahmen des Corona-Schutzes laufender Geschäftsbetriebe und auf Einkaufsstraßen im öffentlichen Raum zu sorgen. In der Erwachsenenbildung ist es kein Problem, Abstandsregelungen und Hygienevorschriften verantwortungsbewusst einzuhalten.“
Bei der überbetrieblichen Ausbildung, beispielsweise in der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung im Handwerk, sei die Präsenz von Lehrenden und Lernenden vor Ort notwendig, führt Landeshandwerkspräsident Reichhold weiter aus. Zudem stünden Aus- und Weiterbildungsprüfungen im hoheitlichen Bereich an. „Wir brauchen die ÜBAs in der Ausbildung. Einige Ausbildungsberufe werden im ersten Jahr ausschließlich an den ÜBAs unterrichtet. Wenn diese nicht bald öffnen dürfen, verlieren die jungen Leute ein ganzes Ausbildungsjahr. Damit verlängert sich die Ausbildungszeit und es stehen weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung.“
Grenke und Reichhold geht es dabei um den Standort als Ganzes: „Auch die Politik weiß, dass für einen Neustart nach der Krise gerade die berufliche Aus-, Fort-, und Weiterbildung von entscheidender Bedeutung ist. Die Partner der dualen Ausbildung – Betriebe, Bildungsstätten, Berufsschulen und Prüfungsgremien – bilden die Basis für den wirtschaftlichen Neustart. Diesen müssen wir jetzt konsequent vorbereiten, soll aus der gesundheitlichen Bedrohung unseres Wirtschaftsstandorts nicht auch noch eine substanzielle für Wohlstand und Wertschöpfung werden.“
Hintergrund:
- Nach Plänen des Kultusministeriums wird der Unterrichtsbetrieb an den Berufsschulen ab dem 4. Mai wieder aufgenommen. Das gilt auch für die berufliche Weiterbildung an Schulen, z. B. zum Techniker oder staatlich geprüften Betriebswirt, ebenso wie die Vorbereitung auf die Meisterprüfung.
- Bei einer Freigabe des Lehrbetriebs müssen auch die Bildungsstätten der Kammern mit einbezogen und diese eigenständig berücksichtigt werden. Es besteht die berechtigte Sorge, dass durch die zusammenfassende Nennung in § 4 Abs. 1 Nr. 2 Corona-Verordnung („Bildungseinrichtungen jeglicher Art“) die Bildungsstätten der Kammern bei einem Neustart nicht hinreichend Berücksichtigung finden.
Quelle: Marion Buchheit