Mehr Dramatik ist nicht zu denken. Am letzten Spieltag muss die TSG ausgerechnet in Dortmund ihre letzte Chance nutzen, um nicht abzusteigen. Der HSV hat mit seinem ersten Auswärtssieg in Sinsheim den Grundstein dafür gelegt.
Dabei wäre es zum ersten Mal seit dem Amtsantritt von Markus Gisdol möglich gewesen, mit einem Sieg die Abstiegsränge zu verlassen. In der Partie gegen Hamburg lagen genau deshalb wohl die Nerven zu Beginn blank. Hoffenheim brauchte die ganze erste Halbzeit und zwei Tore Rückstand, um die merkbare Verkrampfung abzuschütteln und in der zweiten Halbzeit richtig gefährlich vors Tor des HSV zu kommen. Und selbst dann noch, als Chance um Chance die Zuschauer im ausverkauften Haus aufspringen ließ, war es um die Nervosität der Spieler nicht zum Besten bestellt. Verstehbarerweise, es ging um so viel.
In der Folge versuchten sie, um ganz sicher zu sein, den Ball förmlich ins Tor hineinzutragen, statt zu riskieren, ihn auf dem einfachsten Weg egal wie über die Linie zu befördern – weshalb immer noch ein Hamburger im letzten Augenblick dazwischenfahren konnte. Als es schließlich sogar 0:3 stand und die Partie Richtung Aussichtslosigkeit tendierte, nahm sich Volland ein Herz und zog ab. Prompt zappelte der Ball im Netz. Doch anders als zuletzt in Bremen gelang es beim Stand von 1:3 nicht, den Zwei-Tore-Vorsprung des Gegners zu egalisieren. Zeit dafür gab es genug, eine knappe halbe Stunde, und auch an Chancen fehlte es nicht. Unglaublich schöne Ballstafetten waren zu bewundern, die TSG spielte sich wie schon seit Wochen zurück in die Herzen der Fans.
Nur zum erhofften nächsten Treffer wollte und wollte es nicht kommen, stattdessen erzielte der HSV kurz vor Schluss noch das 1:4. Der Sog dieser unglücklichen Saison war wohl einfach zu groß. Wie in einem Blockbuster-Film, wenn vor dem großen Showdown alle Versuche scheitern müssen, sich aus einer maximal vertrackten Lage zu befreien, wurden vielmehr die Fäden fürs große Finale gesponnen. Das nun in Dortmund steigt. Weil parallel auch Augsburg und Düsseldorf ihre Spiele verloren.
Auf dem Papier hat Hoffenheim die schlechtesten Aussichten. Mit zwei Punkten Rückstand und dem schlechtesten Torverhältnis hilft nur ein Sieg bei der Borussia, während Augsburg und Düsseldorf bei einem Unentschieden das rettende Ufer erreichen. Zudem tritt Augsburg zuhause gegen Absteiger Fürth an; Düsseldorf kann in Hannover sein Glück versuchen, wo zuletzt nicht mehr der beste Fußball gespielt wurde. Trotzdem haben beide Vereine den nötigen Punkt noch lang nicht gewonnen. Und die TSG könnte in Dortmund unter Umständen auch wirklich siegen.
Hält man sich, wenn man über derartige Szenarien nachdenkt, an einem Strohhalm fest? Vielleicht ja, vielleicht nein. Letzte Spieltage haben oft genug große Überraschungen parat gehalten, manchmal in letzter Minute. Darauf zu setzen, dass Hoffenheim bei eigenem Sieg und der Niederlage der beiden Kontrahenten sogar auf Platz 15 der Abschlusstabelle klettern würde, wäre jedoch vermessen. Aber zu hoffen, dass Düsseldorf in Hannover oder eventuell sogar Augsburg gegen die unter dem Ex-Hoffenheimer Trainer Kramer wiedererstarkten Fürther verlieren könnte, muss erlaubt sein. Einen der beiden kann es durchaus erwischen.
Und was ist mit Hoffenheim? Wird 1899 in Dortmund drei Punkte holen? Ist der Champions-League-Finalist nicht massiv überlegen? Genau da liegt die Chance. Denn in der Liga geht es für den BVB um gar nichts mehr, eine Woche vor dem Finale in Wembley ist man völlig auf die Champions-League fokussiert. Obwohl man in Dortmund sicher nichts lieber täte, als die TSG auf dem Weg dorthin in die 2. Liga zu schießen… Aber das Spiel gegen Hoffenheim ist wegen Wembley dann doch eher nebensächlich und nur eine Art Generalprobe, bei der die Dortmunder zwar gerne glänzen würden, sich aber auf keinen Fall im Übermaß verausgaben und schon gar keine Verletzungen riskieren wollen. Für Kampfbereitschaft im Übermaß spricht das nicht.
Anders Hoffenheim. Dieses Spiel bietet die letzte, große Chance, den Klassenerhalt doch noch zu schaffen, und sei sie im Prinzip noch so klein. Für Hoffenheim ist das daher ein Spiel wie ein Pokalfinale, in dem man alles auf den Augenblick setzt, in dem man kämpft bis zum Umfallen, in das man maximal motiviert hineingeht, in dem man mutiger denn je angreift, indem es um alles oder nichts geht. Und in solchen brisanten Lagen hat der vermeintlich Kleine schon des Öfteren gegen den vermeintlich Größeren den Sieg davontragen können. Nicht nur in Blockbuster-Filmen, auch in der Realität…
Quelle: TSG 1899 Hoffenheim, Alexander Hans Gusovius