Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,
an dem, was heute zur Abstimmung stand (Erklärung des Euro-Gipfels im Anhang), habe ich viel zu kritisieren:
– Ich sehe zu wenig Impulse für die griechische Wirtschaft. Die bisherigen europäischen Programme waren nicht sonderlich erfolgreich oder wurden nicht abgerufen. Wenn nun 35 Milliarden aus dem EU-Haushalt gebündelt und vorgezogen werden sollen, bleibt für mich offen, wie das ab jetzt anders laufen kann. 12,5 Milliarden aus Privatisierungen müssen erst einmal erlöst werden.
– Wenn aber investiert wird, in welchen Bereichen soll das geschehen? Mir fehlen Konzeption und Phantasie. Griechenland hat wie jedes Land seine Eigenkräfte. Wie können wir sie stärken – welche Wirtschaftsbereiche versprechen Zukunft – statt hauptsächlich Schulden umzuwälzen und Kürzungen zu fordern? Darüber, über ein Wachstums- und Konjunkturprogramm zu sprechen, wäre einen Gipfel wert.
– Als Sozialdemokrat schmerzt mich ein Grieche in der Schlange vor der Suppenküche genauso wie die Schlangen vor unseren Tafelläden. Die ausgehandelte Grundlage für weitere Verhandlungen enthält weitere Härten für die Schwachen. Wie dagegen die reichen Griechen einen Beitrag zum Aufbau leisten werden, bleibt offen. Kredite aus Europa für Griechenland während griechisches Geld unversteuert außer Landes geschafft wird – das macht mich fassungslos. Vor allem, weil sich die griechische Regierung ja links nennt. Ich glaube, sie ist nicht besonders links, sondern vor allem schlecht.
– Ja, auch mir fehlt es an Vertrauen, dass Zusagen eingehalten werden. Ministerpräsident Tsipras hat nach dem fragwürdigen Referendum weniger erreicht, als ihm vorher angeboten worden war. Jetzt stimmt er mit „Ja“, spricht aber von Erpressung und dass er nicht an den Erfolg des Programmes glaubt. Wenn ich andere fähige Politiker sehen würde, bliebe eigentlich nur ein Rücktritt.
Die Frage ist allerdings nicht nur, ob einem passt, was vorgeschlagen wird. Es ist genauso die Frage, was passieren würde, wenn wir „Nein“ sagen würden. Klar ist, dass dann erst einmal nichts von dem, was oben kritisch angesprochen wurde, besser würde. Beispielsweise ist Griechenland sehr stark von Importen abhängig. Eine Abwertung der Währung (Grexit) würde das Land ins Chaos stürzen und das Leid würde noch größer als durch die Reformschritte, die nun vorverhandelt wurden. Und im Gegensatz zu dem jetzt eingeschlagenen Weg, würden bei uns sofort Kosten entstehen und Kredite ausfallen. Würde ich das verantworten wollen?
Ich habe einige Zuschriften erhalten, die mich aufgefordert haben, mit „Nein“ zu stimmen („einmal muss Schluss sein“, „das Geld lieber sinnvoller einsetzen“, „es hat nichts gebracht, es wird nichts bringen“, „die wollen nicht“). Ja, ich verstehe, wenn der Geduldsfaden reißt. Aber es geht um den Tag, nachdem er gerissen ist: würden wir die Mit-Verantwortung tragen wollen, für das, was dann passiert? Und dann sind da auch unsere Eigeninteressen, was den Zusammenhalt in Europa angeht. Darüber in späteren Zeilen bald mehr.
Griechenland muss wieder auf die Füße kommen. Dazu braucht es insbesondere auch Hilfen im Aufbau vernünftiger staatlicher Strukturen. Diese Hilfen sollen kommen. Und Griechenland muss sie auch annehmen. Vetternwirtschaft, Korruption und haltlose Versprechen zerstören am Ende das wichtigste, was es für den Aufbau braucht: Vertrauen – im Inneren und nach Außen. Und niemand kann dauerhaft über seine Verhältnisse leben, deswegen geht es auch nicht ohne Reformen, auf deren soziale Ausgewogenheit freilich stärker geachtet werden muss. Die Wirtschaft in Griechenland ist in den Jahren 2008 bis 2013 jährlich geschrumpft, zwischen -0,4% (2008) und -8,9% (2011). 2014 ist sie aber um 0,8% gewachsen – es kann gehen! Mit dieser Haltung mache ich Politik.
Erst vor 40 Jahren hat sich Griechenland von der Militärdiktatur befreit. Nur 30 Jahre davor wurden wir Deutschen befreit. Danach gab es internationale Solidarität, auch aus dem Europa, das wir zuvor in Schutt und Asche gelegt hatten. Haben wir das schon vergessen? Unsere Solidarität heute besteht zunächst einmal in Garantien für Kredite, die auch bei unseren Banken aufgenommen wurden. An den Krediten für notleidende EU-Staaten haben wir bislang mehr als 300 Mio. Euro verdient. Verdient, nicht bezahlt. Die Zinsen wiederum sind so niedrig, dass unser Bundeshaushalt alleine von 2010 bis 2014 rund 40 Mrd. Euro weniger aufwenden muss. Weniger, nicht mehr.
Hier ist nichts gut oder gar optimal. Hier sind viele Fragen offen. Zweifel sind berechtigt. So ist es oft in der Politik. Aber wir haben unsere Vorstellungen von einer besseren Welt. Und wir haben die Menschen vor Augen, die auf verantwortliche Politik angewiesen sind. Wir geben nie auf.
Verantwortung bedeutet für mich, sich bei jeder Abstimmung so zu verhalten als käme es auf die eigene Stimme an. Ich habe deshalb heute mit „Ja“ und damit für die Weiterführung der Verhandlungen gestimmt. In diesen Verhandlungen müssen die offenen Fragen und Schwierigkeiten in Angriff genommen werden. Dafür werde ich mit der SPD-Bundestagsfraktion arbeiten.
Euer/Ihr
Lars Castellucci
Termine:
- Sonntag, 19. Juli, 11 Uhr: 125 Jahre OV Nußloch, Festhalle.
- Dienstag, 21. Juli: Sommertour in Heiligkreuzsteinach.
- Mittwoch, 22. Juli: Sommertour in Leimen.
- Donnerstag, 23. Juli: Sommertour in Epfenbach.
- Samstag, 25. Juli, 14 Uhr: BIWU feiert und sagt Danke, Lempenseite 52, Wiesloch.
- Samstag, 25. Juli, 17 Uhr: Fest am Fluss, Rathaus, Zuzenhausen.
- Samstag, 25. Juli, 18 Uhr: Eschelbacher Dorffest.
- Montag, 27. Juli, 19 Uhr: Eröffnung „Wanderausstellung des Deutschen Bundestages“, Stadtbücherei, Hirschstr. 15, Walldorf.
- Dienstag, 28. Juli: Sommertour in Eberbach.
- Mittwoch, 29. Juli: Sommertour in Sinsheim.
- Donnerstag, 30. Juli: Sommertour in Wiesloch.
- Freitag, 31. Juli: Sommertour in Sandhausen.