Jeder Mensch macht’s. Manche tun es zu oft und zu üppig. Und obwohl es eine der geselligsten Tätigkeiten überhaupt ist, nehmen sich mehr und mehr Menschen dafür immer weniger Zeit. Die Rede ist vom: Essen. Trotz Kochshows im TV, trotz Kochevents als Team-Building, trotz in den letzten Jahren exponentiell gestiegener Ausgaben für Küchen – das Image von Lebensmitteln (und damit der Nahrungsmittelbranche insgesamt) ist vor allem in Deutschland nicht besonders gut. Möglichst billig sollen Nahrungsmittel meistens sein. Eine der Folgen: Lebensmittelskandale.
Um an der Einstellung zu Lebensmitteln zumindest auf regionaler Ebene etwas zu ändern, sowie für eine bessere Vernetzung der Unternehmen untereinander, einer stärkeren Sichtbarkeit der Branche insgesamt und einer engeren Zusammenarbeit im Sinne der regionalen Wertschöpfung, formierten sich vor vier Jahren sechs verantwortungsvolle Unternehmen aus dem Rhein-Neckar-Kreis und legten mit Unterstützung des Landratsamts den Grundstein für das Nahrungsmittelnetzwerk Rhein-Neckar. Aus dem kleinen Kreis um die Gründungsmitglieder REWE Markt, ADM Wild Europe, Freudenberg (Geschäftszweige Process Seals und Filtration Technologies), Gelita, Naturin Viscofan und Weldebräu wurde inzwischen ein Netz aus Firmen, das die ganze Bandbreite der Wertschöpfungskette abbildet. Nahrungsmittelhersteller, Veredler, Logistiker, Maschinenhersteller, Handelsunternehmen – sie alle haben einen Platz im Nahrungsmittelnetzwerk Rhein-Neckar. Spannend ist die Zusammensetzung auch aus anderer Sicht: Im Netz arbeiten Kleinunternehmen aus dem Kreis mit kaum zehn Mitarbeitern mit Großunternehmen zusammen, die zigtausend Mitarbeiter haben. „Das ist der Charme dieses Netzwerks. Hier treffen wir als Vertreter der Großunternehmen auf spannende Kleinunternehmen, die uns nicht selten Lösungen in regionaler Nähe bieten können, nach denen wir weit entfernt gesucht haben. Wir können viel voneinander lernen und profitieren“, so Thomas Eller, Manager bei ADM Wild Europe in Eppelheim, am Rande des ersten Lenkungskreistreffens des Netzwerks in Sinsheim. Gastgeber war die Firma Heiss MSP (MSP steht für „moderne Spezialprodukte“), ein typischer Vertreter der Start-up-Kultur, die in der Lebensmittelbranche im Moment stark im Kommen ist.
Firmenchef Michael Heiß sowie Danyel Atalay und Isabel Biegel als Vertreter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung für den Rhein-Neckar-Kreise konnten insgesamt 13 Firmenvertreter begrüßen. Diese lauschten zunächst den Ausführungen von Bernhard Grieb von der Cluster-Agentur Baden-Württemberg (Cluster ist ein anderes Wort für Netzwerke von Produzenten, Zulieferern, Forschungseinrichtungen und Dienstleistern), einer vom Land und anderen Institutionen unterstützten Organisation. Grieb beschrieb die Arbeit seiner Agentur, die in Baden-Württemberg derzeit 118 Cluster-Initiativen verfolgt, und gab Tipps für die strategische Ausrichtung des Nahrungsmittelnetzwerks Rhein-Neckar. In einer durchaus angeregt geführten Diskussion ermittelten die Anwesenden dann die Bereiche, die bis zum nächsten Treffen im Oktober mit besonderer Priorität behandelt werden sollen. In zunächst vier Arbeitsgruppen, in denen KMUs ebenso vertreten sind wie Großunternehmen, sollen die Themen Vernetzung, Innovation, Marketing und Organisationsstruktur durch praktische Maßnahmen besetzt werden.
Unisono sprachen die Teilnehmer sich dafür aus, dass es regionale Aktivitäten geben müsse, die zu einer positiveren Sichtbarkeit und Aufwertung der Branche führen. „Mehr Wertschätzung für die Nahrungsmittelbranche“, das war wohl der am häufigsten gehörte Wunsch an die Arbeit des Netzwerks. Hintergrund ist, dass vielen Unternehmen jeder Größe die guten Nachwuchskräfte ausgehen, zumal es in der Großregion mit ihren starken Playern aus dem Chemie-, IT- und Automobilsektor eine übermächtige Konkurrenz um die besten Mitarbeiter gibt.
Dass das kein einfacher und schon lange kein schneller Weg wird, dessen waren sich alle Teilnehmer des Lenkungskreistreffens bewusst. Mut machten den Netzwerkern erfolgreiche Initiativen aus dem Lebensmittelsektor in Berlin und Brandenburg sowie in Schleswig-Holstein. Der Weg entsteht also wie immer im Gehen. Und das Nahrungsmittelnetzwerk Rhein-Neckar hat nun in Sinsheim die Wanderschuhe fest geschnürt.
Wer generell mehr über das Nahrungsmittelnetzwerk Rhein-Neckar erfahren möchte oder konkretes Interesse an einer aktiven Mitarbeit bzw. Mitgliedschaft hat, kann sich direkt an Frau Isabel Biegel, Bereich „Netzwerke & Cluster“ der Stabsstelle Wirtschaftsförderung, wenden ([email protected] oder 06221 522-2510).
Quelle: Silke Hartmann