(zg) Zum ersten Mal seit fünf Jahren konnten im baden-württembergischen Handwerk wieder mehr als 20.000 Neuverträge verzeichnet werden. Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold freut sich: „Das Werben um Nachwuchs trägt allmählich Früchte.“ Insgesamt sind zu Beginn des Ausbildungsjahres trotzdem wieder rund 9.000 Lehrstellen im Land offen geblieben.
Bis zum Stichtag 31. Oktober unterschrieben 20.016 neue Auszubildende ihren Vertrag, drei Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Reichhold zeigte sich optimistisch, dass bis zum Jahresende der Stand mindestens gehalten werden kann. Das Handwerk werbe in sozialen Netzwerken und über Beratungsstellen für Abiturienten und Studienabbrecher um neue Zielgruppen: „Das zahlt sich aus.“
Auch die im Handwerk ohnehin schon hohe Ausbildungsbereitschaft steigt weiter. Laut einer landesweiten Umfrage unter 1.500 Betrieben bilden aktuell 41 Prozent der Betriebe aus. Vor einem Jahr waren es nur 35 Prozent. Unter den Betrieben mit fünf und mehr tätigen Personen beschäftigt sogar jeder zweite Lehrlinge. Reichhold: „Die Betriebe wissen, dass Ausbildung der beste Weg zur Sicherung ihrer Fachkräfte ist.“ Gut acht Prozent der nicht ausbildenden Betriebe gehören unfreiwillig zu dieser Gruppe: sie gingen leer aus und erhielten gar keine Bewerbungen auf ihre Stellenausschreibung. Wer Bewerberinnen oder Bewerber ablehnen musste, tat dies vor allem auf Grund fehlender Leistungsbereitschaft und Motivation (46%). Mangelnde Deutsch- oder Rechenkenntnisse spielten eine geringere Rolle. Nur 21 Prozent beziehungsweise 32 Prozent der Befragten nannten schulische Defizite als Grund für die Ablehnung.
Dennoch gab es Berufsgruppen, in denen Formalbildung eine große Rolle spielte. In den Gesundheitshandwerken erwarteten über siebzig Prozent der Betriebe mindestens einen mittleren Schulabschluss, im Kfz-Gewerbe zwei von fünf Betrieben. Insgesamt waren jedoch zwei Drittel der Betriebe mit einem Hauptschulabschluss zufrieden. Dazu passt, dass 37 Prozent der Befragten in den letzten fünf Jahren Jugendliche mit schulischem Unterstützungsbedarf ausgebildet haben und weit mehr als die Hälfte konkrete Unterstützungsmaßnahmen anboten. In fünf Prozent der Ausbildungsbetriebe arbeiten Jugendliche mit Behinderung, bei den großen Betrieben mit 50 und mehr Mitarbeitern waren es sogar über 13 Prozent.
„Das Handwerk braucht beide Gruppen von jungen Menschen, die Leistungsträger, die später für die Meisterausbildung und auch für Betriebsübernahmen zur Verfügung stehen“, meinte Reichhold. Aber auch für schwächere Jugendliche gebe es Platz.
Quelle: Dr. Stefan Baron