Meine Lieblingsfarbe ist rot.
Bis zum Jahre 2000 war grün meine Lieblingsfarbe.
Ich war Polizeibeamter, genau gesagt, Autobahnpolizist und Chef der legendären Autobahnpolizei Sinsheim, der „schnellen Bullen von der Autobahn“, wie ein Zeitungsmann uns nannte. Obwohl es das kleinste Revier der Autobahnpolizei in Baden-Württemberg war, hatten wir die größten Fahndungserfolge. Über 400 Festnahmen in einem Jahr erreichte bei weitem kein anderes Revier. Mein Kommissar „Blaubart“ war der Fahnder. Vor allem Rauschgiftdelikte waren sein Metier. Er erarbeitete sich sein Wissen autodidaktisch und wurde ein Experte beim Erkennen, Besitz und Konsum von Rauschgift. Alle Polizeidienststellen in BW und anderen Bundesländern rissen sich um den Beamten, um wenigstens durch Vorträge die eigenen Beamten zu schulen und zu motivieren. An den Polizeischulen in Freiburg und Wertheim hatte er feste Unterrichtsstunden. Ein Richter in Heidelberg war derart erfreut, „Blaubart“ als Zeugen bei sich zu haben, dass er einer Schulklasse, die gerade seine Gerichtsverhandlung besuchte, den Beamten vorstellte. Beim Amtsgericht Sinsheim hatte Blaubart tagelang Gerichtsverhandlungen und der „Gott ähnliche“ Amtsgerichtsdirektor hatte seine helle Freude an Blaubart, der wirklich schwere Jungs anbrachte.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Kontrolle von Tiertransporten. Skandalöse Transporte der misshandelten Kreaturen erregten die Öffentlichkeit. Die Zusammenarbeit mit der „wunderbaren“ amtlichen Veterinärärztin Dr. Annete Menne und einem Reporter machten uns bundesweit bekannt. Dr. Menne nannte ich „Mutter Theresa von den Tieren.“ Einmal hatten meine Beamten einen Lastzug mit 6000 Stummenten aus dem Verkehr gezogen. Der Transport kam von der französischen Atlantikküste bei Bordeaux. Eine Vielzahl der Enten war bereits verendet. Sie hatten kein Wasser und waren regelrecht verdurstet. Die Situation war gespenstisch. Kein Laut war von den Tieren zu hören. Nicht verwunderlich. Es waren Stummenten!!! Um 04.00 Uhr morgens holten wir Dr. Menne, natürlich war ich auch vor Ort. Sie ordnete an, dass sämtliche Transportbehälter bei der Autobahnmeisterei abgeladen und jedes Tier von ihr begutachtet wird. Vier Metzger schlachteten die verletzten Tiere vor Ort. Die Tagestemperatur stieg auf 35 Grad. Der Oberstaatsanwalt von Heidelberg kam zu uns. Fernsehen und jede Menge Reporter berichteten über den schrecklichen Fall.
Was wollte ich sagen? Warum Mutter Theresa von den Tieren? Also, der Anhänger mit den restlichen Tieren wurde im Schlachthof Wiesloch entladen.
Es war bereits 18.00 Uhr. Wir waren alle hundemüde.
Annette, die meisten von uns waren per du mit der Tierärztin. Also Annette, selbst am Rande der Erschöpfung, ging mit prüfendem Blick an den letzten Transportbehältern vorbei. Eine Ente hatte ihren Fuß im Käfiggitter eingeklemmt. Sie nahm den Fuß der Ente behutsam in die Hand und befreite ihn. Dabei streichelte sie das Tier und sprach beruhigende Worte. Ich war beeindruckt, berührt ob soviel Tierliebe. Seit diesem Zeitpunkt war Annette für mich die „Mutter Theresa von den Tieren.“
Noch etwas. Es war wohl die sechs tausendste Ente, die ein Metzger gerade köpfen wollte. Ich hielt ihn zurück und sagte: „Die bitte nicht mehr! Die soll noch leben.“ Einem Mann von der Straßenmeisterei übergab ich die Ente und er versprach, dass er sie gesund pflegen wolle –sie war nur gering verletzt – und sie könne bei ihm in seinem Anwesen leben.“ Hinterher bereute ich dies und ich dachte mir, dass ich sie selber hätte mitnehmen können. Meiner Frau hätte ich das schon beigebracht.
Übrigens: Der Polizeibeamte mit Vornamen Gert erhielt wegen der Vielzahl der erfolgreichen Kontrollen von Tiertransporten den Tierschutzpreis des Landes Baden-Württemberg. Es war ja nicht getan, mit der Kontrolle und Beanstandung. Die Tiere, Kühe, Kälber, Hühner, Hunde, Schweine, Pferde, Hasen, Truthähne, sogar exotische Tiere eines Wanderzirkussees, mussten untergebracht und versorgt werden. Der Beamte hatte gute Beziehungen zu den Bauern und konnte deshalb alle Bedürfnisse der Tiere abdecken. Hatte die Tierärztin angeordnet, dass der Tiertransport bis zur nächsten Versorgungsstelle z.B. in Frankreich fahren dürfe, so begleitete ein Streifenwagen den Transport bis zur Versorgungsstelle. Nicht von ungefähr, denn die Fahrer waren oft skrupellos und wären einfach weitergefahren.
Ein anderer Beamter hatte sich auf die Kontrolle von Schwertransporten spezialisiert. Bis Sinsheim ging der Transport, dann war oft Feierabend. Wegen gravierender technischer Mängel wurde eine Vielzahl, vor allem ausländischer Fahrzeuge, aus dem Verkehr gezogen und dem TÜV vorgeführt. Die Beweissicherung durch den TÜV machten die Beanstandungen wasserdicht.
Es war ganz wichtig, dass ich hinter den Beamten stand und sie bedingungslos unterstützte.
Der Ausdruck „legendär“ mag überheblich oder übertrieben erscheinen, ist es aber nicht.
Durch eine offensive Pressearbeit kannte uns die Bevölkerung. Als 1996 das Revier aufgelöst werden sollte, sammelten die Bürger 26.500 Unterschriften. Ein großer Gedenkstein vor der Dienststelle erinnert daran.
2004 sollte das Revier wieder aufgelöst werden. Es konnte wiederum abgewendet werden. Der damalige Staatssekretär im Innenministerium Heribert Rech konnte sich nicht durchsetzen.
2007 dasselbe Spiel. Rech, jetzt Innenminister, setzte alles daran. Das Revier sollte endgültig aufgelöst werden. Wieder regte sich Widerstand. Es wurden sage und schreibe 30.000 Unterschriften gesammelt. Eine unglaubliche Zahl, die auch verdeutlicht, warum ich die Autobahnpolizei Sinsheim „legendär“ nannte. So viele Unterschriften für eine Autobahnpolizei, die gar nicht zuständig für die örtliche Bevölkerung ist. Da muss schon ein besonderer Grund vorliegen.
Dem Innenminister war dies egal. Er wird sowieso in die Geschichte eingehen als der Innenminister, der die gute und erfolgreiche Organisation der Autobahnpolizei zerschlagen hat, die drei Autobahnpolizeidirektionen in Stuttgart, Freiburg und Karlsruhe aufgelöst und die Reviere 21 Polizeidirektionen zugeordnet hat. Ein unsympathischer, arroganter Kerl.
Meine Polizei war grün, die Uniform und Streifenwagen grün-weiß.
Deshalb war auch meine Lieblingsfarbe bis zu meiner Pensionierung grün.
Danach wurde rot meine Lieblingsfarbe.
Vor den Kommunalwahlen im Jahre 1999 trat ich der SPD bei und wurde dann auch in den Gemeinderat gewählt. Vorher war ich zwar politisch schon immer interessiert, aber mehr oder weniger Wechselwähler. Eigentlich sind das die besten Demokraten, denn sie beurteilen die Parteien nach ihren Werken, d.h. was sie tun, welches Programm sie haben und ob sie das halten, was sie versprechen.
Rote Füßchen hatte ich schon immer.
Ja, aber was hat das alles mit einer roten Gießkanne zu tun?
Geduld, die Erklärung kommt gleich.
Meine liebe Frau, natürlich auch SPD-Mitglied, sagte nach dem Studium ihrer Angebotszettel: „Adolf“, der Aktivmarkt hat Gießkannen im Angebot.“ „Gießkannen!?“
Wir haben doch genug Gießkannen. Blaue, etliche grüne, eine gelbe, eine alte Zinkgießkanne von meiner geliebten Mutter. Gott hab sie selig.
Nach dem Einkaufen sagte sie zu mir: „Stell dir vor, die haben sogar rote Gießkannen.“ „Rote Gießkannen? sagte ich. „Ja, rote SPD-Gießkannen“, wiederholte Inge. „ Ja, dann könntest du mir doch eine holen!?“ Meine Frau nicht faul, machte sich sogleich auf den Weg und brachte mir eine knallrote Gießkanne. Die gefiel mir sehr gut. Ich sprach zu ihr: „ Haben die noch mehr?“ „Ja! Einige sind noch dort:“ Nach einer kurzen Schampause erfrechte ich mich zu sagen: „Könntest du sie alle kaufen?“ Meine Frau schaute mich ungläubig an. Sie war ja allerhand von mir gewöhnt. Ich versuchte mein Verlangen zu begründen und sagte: „Also man könnte ja so eine rote Gießkanne als Gastgeschenk mitbringen.“ Zuerst erklärt mich meine Frau bei meinen Einfällen immer erst für so ein bisschen verrückt. Nach ein paar Minuten schwenkt sie ein und zum guten Schluss ist sie begeistert, nicht immer, aber manchmal. Das geht sogar in einigen Fällen so weit, dass sie schließlich meint, es wäre ihr Einfall gewesen. Und das ist gut so, wie auch der Regierende Bürgermeister von Berlin zu seiner Veranlagung meinte.
„Du musst aber mitgehen!“ Ich gehe gar nicht gerne einkaufen, aber jetzt hatte ich keine Chance. Wir machten uns beide auf und siehe da, es waren noch vier rote Gießkannen da. Ich trug sie alle zusammen tapfer zur Kasse. An der Kasse lächelten die übrigen Kunden und die Kassiererin. „Was will denn der Kerl mit den vielen roten Gießkannen?“ Das sagte niemand, aber ich las es auf der Stirn der Leute. Ich trat die Flucht nach vorne an und erklärte laut und verständlich: „Ich muss meiner SPD auf die Beine helfen und das Pflänzchen gießen, damit es wieder kräftig wird.“ Die Leute freuten sich regelrecht und pflichteten mir bei.
Was machen wir mit den super roten Gießkannen?
Eines war mir von vornherein klar. Eine Gießkanne bekommt unsere SPD-Lady Magdalena Fritz. Wenn diese Auszeichnung „die rote Gießkanne“ jemand verdient, dann ist es Magdalena. Sie ist eine Sozialdemokratin im wahrsten Wortsinn. Ich kann gar nicht annähernd aufzählen, was diese Frau alles an sozialem Engagement tut. Sie ist die Vorsitzende des kleinen SPD-Ortsvereins Reihen und schafft es in dieser für die SPD sauren Gurkenzeit neue Mitglieder zu werben. Sie ist auch Pressereferentin des SPD-Stadtverbandes Sinsheim und der SPD-Gemeinderatsfraktion. Magdalena ist immer ansprechbar und inzwischen eine gute Freundin von meiner Frau und mir.
Jetzt in der Ferienzeit des Jahres 2008 hat sie mit jeder Menge Schulkindern verschiedene Einrichtungen wie die Bereitschaftspolizei in Bruchsal, die Elementa im Mannheimer Landesmuseum für Technik und Arbeit besucht, Kochkurse für Kinder organisiert, Grillfeste mit Nachtwanderung veranstaltet und was weiß ich noch alles unternommen. Die Busfahrten hat der kleine Ortsverein Reihen, natürlich mit tatkräftiger Unterstützung seiner Mitglieder und Sponsoren selbst finanziert, so dass den Kindern und Eltern keine Kosten entstanden sind. Magdalena hat aber auch einen exzellenten Beraterstab.
Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen.
Magdalena Fritz sammelte bei dem letzten Protest gegen die Auflösung der Autobahnpolizei annähernd 10.000 Unterschriften. Das ist unglaublich, aber wahr. Beispielsweise ging sie mit ihrem Hans auf den Sportplatz und alle Zuschauer, denen Magdalena die Liste offerierte, unterschrieben, wenn sie sagte, dass es um die Autobahnpolizei gehen würde. Sie sagte dann zu mir immer wieder: „Adolf, wie viel Unterschriften brauchst du noch?“ Wir wollten auf jeden Fall mehr als die 26.500 bei der ersten Aktion.
Schon deshalb hat Magdalena bei mir einen großen Stein im Brett.
Die übrigen Gießkannen werden wir auch noch loskriegen. Aber es müssen verdiente SPD-Frauen sein, die einen Garten haben.
Die nächste Kandidatin wird Dorothea Vogt sein. Sie ist auch unendlich sozial engagiert und eine verlässliche SPD-Frau.
Wenn es wieder rote Gießkannen gibt, werden meine Frau und ich alle aufkaufen.
Die Saat, die Magdalena und andere durch gute Beispiele aussäen, wird so bestimmt besser aufgehen. Für Magdalena und Dorothea heißt dies natürlich: Gießen, gießen und noch mal gießen. Wenn wir genügend Gießkannen ausgegeben haben, werden wir ein rotes Wunder erleben. Vielleicht wird das Pflänzchen SPD, wieder eine stattliche Pflanze, die blühen und viele Ableger bekommen wird.
Bleibt nachzutragen, dass ich mir erlaubt habe, auch eine rote Gießkanne zu behalten, obwohl ich kein besonders verdienter SPD-Mann bin.
Meine Lieblingsfarbe ist halt jetzt R O T !
Adolf Skrobanek
Nachtrag
Liebe SPD-Freundinnen und -freunde
Ich bin noch nicht sehr lange in der SPD. Es sind jetzt ca. 10 Jahre.
Es liegt wohl in der menschlichen Natur, dass es immer wieder Neid und Streit gibt.
Man muss gar nicht so weit gehen. Es fängt schon vor der Haustüre an. Sogar in der eigenen Familie ist es nicht ungewöhnlich. Und auch in der eigenen Partei lässt die soziale Gerechtigkeit zu wünschen übrig.
Bei den Völkern dieser Welt arten diese Streitigkeiten in Kriege aus.
Es gibt aber immer auch Bestrebungen von Menschen Frieden zu stiften.
Wir in der gebeutelten SPD müssen jetzt mehr denn je zusammenhalten. Wenn auch unsere Oberen Fehler nach Fehler machen. Es geht um die sozialen Grundprinzipien der SPD.
Meine Lieblingsfarbe ist rot.
Bis zum Jahre 2000 war sie grün.