Andorra von Max Frisch
(zg) Die Badische Landesbühne zeigt am 22. März 2017 um 19.30 Uhr im Wilhelmi-Gymnasium in Sinsheim Max Frischs Andorra in einer Inszenierung von Wolf E. Rahlfs.
Vor der Vorstellung findet um 19.00 Uhr eine Einführung in die Produktion statt, zu der alle Interessierten herzlich eingeladen sind.
Andorra – ein Stück über das Vorurteil, das selbst mit einem Vorurteil zu kämpfen hat: An Max Frischs Text haftet der Kreidestaub schulischer Pflichtlektüre. Ein Lehrstück mit einem Lehrer – warum glaubt man, dafür Schülerinnen und Schüler begeistern zu können?
Aber Frischs zwölf Bilder sind vollgepackt mit starken Konflikten, die gerade von jungen Menschen ausgetragen werden. Allen voran von Andri, der seinen Platz in der Welt sucht, die Schwelle des Erwachsenwerdens passieren will, doch nur Zurückweisung erfährt. Andri ist Jude und damit in der Gesellschaft Andorras ein Außenseiter. In Andorra hat man zwar nichts gegen Juden, denn Andorra ist ein Hort des Friedens, der Freiheit und der Menschenrechte, aber man weiß hier auch ganz genau, wie so ein Jude ist: zum Beispiel geldgierig, feige und geil.
Andri kämpft an gegen die Vorurteile, mit denen die Andorraner ihn überhäufen. Er hadert aber auch mit Can, seinem Pflegevater. In ihm hat er zwar jemanden, der gegenüber den Andorranern kein Blatt vor den Mund nimmt, aber Can hat Andri über seine Herkunft betrogen. Damit gerät Andris Identitätssuche aus dem Ruder.
Max Frisch wollte sein Stück nicht nur als Kommentar zum NS-Staat verstanden wissen. Die Intention, dem Stoff die Zeitlosigkeit des Modells einzuschreiben, war leider richtig. Andorra ist heute aktuell wie lange nicht. In ganz Europa beuten rechtspopulistische Parteien und völkische Bewegungen Vorurteile aus, indem sie gegen Muslime, Menschen dunkler Hautfarbe oder fremder Sprache hetzen. Sie schüren Ressentiments, während im Einwanderungsland Deutschland viele Menschen danach streben, neue Identitäten für sich zu finden. Sie versuchen ihr Herkommen, ihre Lebensentwürfe zu fassen, mit anderen abzugleichen und kämpfen um Anerkennung als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft.
Regisseur Wolf E. Rahlfs will mit seiner Inszenierung an der Badischen Landesbühne die strenge Struktur des Lehrstücks, das mit jeder Station einen herauszulesenden Sinn bereithält, aufbrechen. Sein Besetzungskonzept betont den gruppendynamischen Aspekt der Erzählung. Entgegen der Vorgabe des Stücks, das viele Szenen mit überschaubarer Figurenanzahl enthält, lässt Rahlfs die Andorraner stets als Gruppe auftreten. So wird deren gefühlte Übermacht auch physisch greifbar. Dem Bühnengeschehen wird so zu einer größeren Form verholfen, die ihm angesichts der Relevanz von Frischs Themen zusteht.
Mit: Cornelia Heilmann, Katharina Heißenhuber, Jessica Schultheis; Martin Behlert, Hannes Höchsmann, Stefan Holm, René Laier, Andreas Schulz, Maximilian Wex, Inszenierung: Wolf E. Rahlfs, Bühnenbild: Tommi Brem, Kostüme: Franziska Smolarek, Musik: Paolo Greco
Mittwoch, 22. März 2017, 19.30 Uhr (Einführung um 19.00 Uhr)
Sinsheim, Wilhelmi-Gymnasium
Kartenvorverkauf:
Bürgerbüro der Stadtverwaltung, 07261.404136,
E-Mail: [email protected]
Bücherland Sinsheim, 07261.64288, E-Mail: [email protected]
Buchhandlung Doll, 07261.2322, E-Mail: [email protected]
Quelle:Martina Illinger