(zg) 1899 Hoffenheim ist beim Aufeinandertreffen mit dem kommenden Deutschen Meister nicht unter die Räder geraten, wie manche im Vorfeld befürchtet hatten. Als guter Verlierer – in diesen Tagen keine Selbstverständlichkeit – ging die TSG nach 90 spannenden Minuten vom Platz.
Durch das Fehlen des verletzten Delpierre und der gelb-gesperrten Beck und Polanski waren Ochs, Williams und Vestergaard aufgeboten worden, für Firmino (2. Halbzeit für Usami) spielte Schröck auf der rechten Seite, ohne dass die seit der Winterpause anhaltend guten Defensivleistungen dadurch beeinträchtigt wurden. Der Pflicht der TSG, etliche Wechsel vorzunehmen, stand die Kür beim Wechselspiel der Bayern gegenüber: Kroos und Mandzukic auf der Bank, mit Shaqiri und Boateng, dazu mit Gomez im Sturm und Starke im Tor.
Ansonsten sahen die 31.500 Zuschauer im ausverkauften Haus aufseiten der Bayern diejenigen spielen, die den Verbleib in der Ersten Bundesliga allein schon lohnenswert machen. Mit Martinez, Ribéry, Lahm, Dante, Schweinsteiger, Alaba und Müller war hoher Besuch in die WIRSOL Rhein-Neckar-Arena gekommen, später stieß auch noch Luiz Gustavo dazu und vervollständigte das bayerische Trio der drei Ex-Hoffenheimer.
In den verbleibenden zehn Spielen muss alles dafür getan werden, dass es auch in der nächsten Saison noch zu solchen glanzvollen Momenten kommen kann. Sie bieten, unabhängig vom Ergebnis, einen vielleicht schon gewohnten, aber stets von neuem faszinierenden Einblick ins eigentliche Leistungsvermögen des deutschen Fußballs. Das hautnahe Erleben ist durch das Rechteck des Fernsehers nicht zu ersetzen. Sich mit den Größten der Liga zu messen, ist vor Ort ein Spektakel.
Es war diesmal aber mehr ein Spiel der ungleichen Möglichkeiten. Vor allem in der Offensive war die überlegene Durchschlagskraft der Bayern deutlich wahrnehmbar. Umso anerkennenswerter, dass die TSG von der ersten Minute an entschlossen dagegenhielt und das komplexe bayerische Aufbau- und Angriffsspiel wirkungsvoll störte. So kam es zu keinem frühen Gegentor und konnte die gegnerische Tormaschinerie an der Entfaltung gehindert werden. Gar nicht so selten gelangte Hoffenheim sogar gefährlich vors Tor von Starke.
1899 Hoffenheim unterlag denkbar knapp nur mit 0:1 und hätte selber ebenfalls ein Tor verdient gehabt. Ein gerechtes Remis wäre auch dann jedoch nicht zustande gekommen, immerhin hatten die Bayern in der zweiten Halbzeit zwei Aluminiumtreffer durch Schweinsteiger zu verzeichnen und wirkten durchgehend so, als könnten sie im Notfall noch einen Gang zulegen. Aber die Chance auf ein Unentschieden bestand eben doch, und die TSG tat alles in ihren Möglichkeiten liegende dafür, die in solchen Spielen bestehende grundsätzliche Ungleichheit zu überwinden und mit etwas Glück vielleicht zu einem oder mit noch mehr Glück sogar zu drei Punkten zu kommen.
Die Grundlage dafür war, auch wenn das Glück den tüchtigen Hoffenheimern zuletzt nicht hold war, ein geschlossenes mannschaftliches, kämpferisches Auftreten, von dem man sich in der nahen und ferneren Zukunft noch den Aufschwung erhoffen darf. Gegen Fürth wird man anders jedenfalls nicht bestehen können, wenn es Ende nächster Woche zum nächsten sogenannten Sechs-Punkte-Spiel geht. Das ist schon deswegen so, weil die Franken, anders als die Bayern, keine spielerischen Räume öffnen werden.
Im Spiel gegen hochklassige Mannschaften hat Hoffenheim tendenziell immer schon gut ausgesehen. Mannschaften, die geordnet spielen und nicht zu zweit oder dritt den Ballführenden wild attackieren, machen es der TSG leichter, selber spielerische Akzente zu setzen. In Fürth wird es aber ein Hauen und Stechen setzen, der Gegner tritt ohne ähnlich entwickelte Spielkultur an und muss sein Heil eher in derber Balleroberung suchen. Dafür dürfte es leichter fallen, wenn man trotzdem nach vorn kommt, die Abwehr zu überwinden und wieder Tore zu schießen, ohne die der inzwischen höchst reale Abstiegskampf nicht bestanden werden kann.
Immer noch ist aber nichts verloren. Immer noch kann, auch wenn der Punkterückstand auf Platz 16 jetzt fünf Punkte beträgt, das Ruder herumgelegt werden. Der Tabellenstand ist weiterhin nichts als eine Momentaufnahme, die mit entschiedenem Antritt durchaus zu verändern ist. Denn Augsburg wird seine Serie von Punktegewinnen nicht bis zum Ende der Saison durchhalten können.
Hoffenheim kann, Hoffenheim muss dann zur Stelle sein. Das Bayern-Spiel hat gezeigt, dass viel mehr möglich ist, als man sich nach so vielen Rückschlägen mitunter zutraut. Wenn es in Fürth gelingt, daran anzuknüpfen und sich offensiv noch zu verbessern, dann hat die lohnenswerte Aufgabe, auch in der nächsten Saison den FC Bayern München im eigenen Stadion zu erleben, am Sonntag den grundlegenden Impuls erhalten.
Quelle: TSG 1899 Hoffenheim von Alexander Hans Gusovius