Die Partie gegen den amtierenden deutschen Meister, Borussia Dortmund, war im Vorfeld so wenig spannungsgeladen wie selten. Nur die Wenigsten trauten Hoffenheim die große Überraschung zu: anders als früher. Da schaute, als vor vier Jahren gegen Ende der Halbsaison das Spiel gegen den deutschen Meister anstand, noch ganz Fußball-Deutschland atemlos gebannt zu. Würde der furiose Aufsteiger auch die Bayern besiegen? Wie man weiß, gelang das nicht, Hoffenheim unterlag damals in München knapp und denkbar unglücklich mit 2:1. Diesmal hingegen gewann der amtierende deutsche Meister klar mit 3:1.
Es war ein überlegener Sieg, wenn man die zweite Halbzeit zum Maßstab nimmt. Dortmund hatte nach der Pause Abwehr und Mittelfeld deutlich besser organisiert und markierte nun mit gelungenen Kombinationen nach vorn den entscheidenden Unterschied. Hoffenheim, von Trainer Kramer defensiv merkbar verbessert, hielt zwar tapfer dagegen, vermochte aber offensiv kaum noch Impulse zu setzen. So kam es, dass nach ausgeglichener erster Halbzeit mit jeweils einem Tor die TSG in der zweiten Halbzeit kein einziges Tor schoss, der BVB dagegen doppelt traf: Hoffenheim, anfangs auf Augenhöhe spielend, vermochte nach der Halbzeitpause leider nicht mehr nachzulegen. In der Summe ergab das zwei Spielhälften, aber nur einen Endstand und die sechste Niederlage in Folge…
Der Blick geht in diesen Tagen und Wochen des Öfteren wehmütig zurück. Die Erinnerung an Zeiten, da die TSG in der Liga so viel Bewunderung wie Furcht und Schrecken verbreiten konnte, will so gar nicht zu den dürren zwölf Punkten passen, die Hoffenheim diesmal in der Hinrunde lediglich einfahren konnte. Und doch passen diese beiden so verschiedenen Hinrunden 2008 und 2012 viel besser zusammen, als die erfolgshungrige Rückschau platterdings erwarten lässt. Der Grund dafür? Es gibt im Leben keinen Erfolg ohne Misserfolg, und ohne Misserfolg ist eben auch Erfolg undenkbar. Anders gesagt kann Licht ohne Schatten nicht sein und haben Münzen und Papier jeweils eine Vorder- und eine Rückseite – und nur im seltensten Fall findet sich auf beiden Seiten die gleiche Prägung, der gleiche Text. Niemand kann auf Dauer immer nur Glück haben und fortwährend auf der Sonnenseite des Lebens stehen.
Man muss das im Grundsatz akzeptieren. Sonst frisst sich die unglückliche Hinserie 2012 immer tiefer in die Herzen ein, macht die Beine schwer und ragt am Ende noch in die Rückrunde hinein, was völlig unnötig wäre. Denn Hoffenheim verfügt über viel mehr Mittel, Punkte zu sammeln, als in dieser, um es einmal deutlich zusagen, vergeigten Hinrunde verfügbar gemacht wurden. Darin sind sich alle einig, die dem Fußball nahestehen – ob Franz Beckenbauer, der Kaiser, gestern Abend auf Sky, oder Joachim Król, der Tatort-Kommissar, gestern Nachmittag in der wieder ausverkauften WIRSOL Rhein-Neckar-Arena. Als bekennender BVB-Fan feierte er den Dortmunder Sieg, sagte aber anerkennend in Richtung TSG: „So spielt keine Abstiegsmannschaft. Ihr holt eure Punkte woanders…“
So gut gefüllt das Stadionrund also war, so verdruckst und leise ging es auf den Rängen zu. Die Proteste gegen die neuen Sicherheitsbestimmungen ließen die Fans diesmal übers gesamte Spiel weitestgehend auf die üblichen Anfeuerungen verzichten – was sie beiderseits aber nicht daran hinderte, sogar wechselseitig, zur Selbstunterhaltung in Abständen den DFB zu beleidigen und, natürlich nur aufseiten der Dortmunder, in unschöner Tradition Dietmar Hopp mit den bekannten Schmährufen zu belegen. Dieses irgendwie depressive Fan-Spektakel, unterstrichen durch trauergeschwärzte Aushänge im Dortmunder Fanblock, fand nur einen großartigen Moment der Aufhellung. Als Stadionsprecher Mike Diehl kurz vor der Partie einen Dankesgruß von Boris Vukcevic verlas, der sich auf seinem langsamen Weg der Genesung für die große Unterstützung bedankte, die ihm allerseits zuteil wird, da freuten sich die Hoffenheimer und Dortmunder Fans gemeinsam und applaudierten in schöner Eintracht.
Gut, dass jetzt Winterpause ist, es muss endlich etwas Ruhe einkehren. Gern hätte man zwar noch ein Pokalspiel erlebt, aber in einem Seuchenjahr wie 2012 ist natürlich auch so ein krachendes, frühes Pokal-Aus inklusive. Die Verantwortlichen sind nun um ihre Aufgabe, in den spielfreien Wochen für allerlei neue Weichenstellung zu sorgen, nicht zu beneiden, so interessant ihr Job auch sein mag: Weihnachtsferien, geruhsam verbracht, sehen anders aus. Für die Spieler jedoch heißt es, vor dem Trainingsauftakt Anfang Januar maximal auszuspannen, vor allem die Köpfe möglichst frei zu bekommen, damit sie danach wieder frisch angreifen können. Und auch die Fans müssen neue Kraft und Zuversicht tanken, um sich mit Beginn der Rückrunde, vielleicht schon beim Harder-Cup, wieder mit ganzem Herzen ihrer TSG zu widmen. Wenn das alles gelingt und alle zusammenhalten und wieder an einem Strang ziehen, dann wird die zweite Halbsaison sicher anders aussehen als die erste.
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und guten Rutsch in ein erfolgreiches neues Jahr!
Quelle: TSG 1899 Hoffenheim von Alexander Hans Gusovius