Auf dem Esstisch stehen bereits Weihnachtsplätzchen, nebendran eine Schüssel mit Süßigkeiten. Janina Meißners Gastmutter begrüßt uns mit einem freundlichen Lächeln. Jonas, der achtjährige Sohn, spielt in seinem Kinderzimmer. Ganz oben hat Janina zwei Zimmer und ein eigenes Bad. „Ich sage meinen Eltern, ich bin zu Hause, wenn ich hier bin“, sagt die 17-Jährige, die sich richtig wohl und von Anfang an bei ihrer Gastfamilie gut aufgehoben gefühlt hat.
Dass es ihr bei Familie Östringer gut geht, sieht man: Kissenschlachten mit Jonas im Wohnzimmer, nach der Schule hilft Janina dem Zweitklässler mit seinen Hausaufgaben. Wenn es die Zeit erlaubt und Janina zu Hause ist, essen alle zusammen. Aber die offensive Mittelfeldspielerin kann sich in ihrem eigenen Wohnbereich auch zurückziehen. Seit fast eineinhalb Jahren wohnt Janina jetzt in St. Leon. „Es war ein wichtiger Schritt, weil ich mich so voll auf Fußball fixieren kann“, sagt Meißner. Am Anfang sei es natürlich nicht so einfach gewesen, auch für ihre Eltern nicht, meint die Nationalspielerin. Sie hat Glück, dass ihre Eltern sie bei ihrer Wahl, Fußball als Leistungssport zu betreiben, immer unterstützen. Das liegt aber nahe, weil für beide Elternteile Sport schon immer zum Leben gehört hat. „Meine Mama hat Handball gespielt, mein Papa Fußball. Von ihm habe ich wohl das Talent. Über ihn und die Freunde aus der Grundschule bin ich zum Fußball gekommen“, erzählt Meißner, die bis zu ihrem Wechsel nach Hoffenheim auch Handball gespielt hat. Erst dann, sagt sie, sei der Fußball Hauptbestandteil ihres Lebens geworden: „Ich habe alles auf eine Karte gesetzt, bin zu Hause ausgezogen und habe die Schule gewechselt. Aber ich wusste, dass es sich lohnen wird.“
Eine junge, erfolgreiche Karriere
Es hat sich gelohnt. Bei 1899 Hoffenheim ist Meißner Stammspielerin, meistens spielt sie im offensiven Mittelfeld. Seit der U15 trägt sie das Dress der deutschen Nationalmannschaft. Mit der U17-Nationalmannschaft hat sie gerade ein sehr erfolgreiches Jahr abgeschlossen: im Juli wurde sie Europameisterin, war damals Stammspielerin und nahm im Oktober an der U17-Weltmeisterschaft in Aserbaidschan teil. Deutschland wurde Vierter, eine tolle Erfahrung sei es dennoch gewesen, sagt Meißner. Außerdem durfte sie mit Hoffenheims U17-Juniorinnen die Deutsche Meisterschaft feiern – ein weiterer Erfolg ihrer jungen Karriere, in der sie schon viel erreicht hat. Sie ist über das Erreichte stolz, denkt aber nicht gerne über das Vergangene nach: „Dann würde ich mich auf meinen Lorbeeren ausruhen.“ Das will sie nicht, sondern macht sich lieber über das Gedanken, was sie noch erreichen möchte: mit Hoffenheim möchte sie natürlich in die erste Bundesliga aufsteigen und weiterhin eine wichtige Rolle im Team spielen. Nach den Erfolgen mit der U17-Nationalmannschaft möchte Meißner jetzt auch den Sprung in die U19 schaffen. Für ihre Leistungen wurde die gebürtige Pfälzerin 2011 bereits zur besten Sportlerin in Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. Bei der RNZ-Sportlerwahl des Sportkreises Sinsheim war sie als beste Einzelsportlerin nominiert, landete dort auf Platz vier.
Zuletzt hielt sie eine Knieverletzung vom Trainieren und Spielen ab. Die erste Diagnose wäre schlimm gewesen. Diese Saison hätte sie wohl nicht mehr gespielt. „Ich war sehr glücklich, dass sich die Diagnose nicht bestätigt hat. Ich hätte mir nie vorstellen können, so lange raus zu sein“, sagt Meißner. Pünktlich zum Spitzenspiel beim 1. FC Köln war sie wieder fit, stand nach drei verpassten Spielen in der Startelf und verpasste mit ihrem Kopfball nur knapp das 2:0.
Auf der einen Seite sind die Spielerinnen, die sich fast jeden Tag sehen, Freundinnen. Auf der anderen Seite aber auch Konkurrentinnnen. Der Spagat zwischen Freundschaft und Konkurrenz ist aber kein Problem: „Wir sind auf und neben dem Platz Freunde. Aber jeder kann trennen, was im Spiel oder Training passiert. Wenn man mal härter einsteigt, geben wir uns die Hand und es ist vergessen“, erklärt Meißner. Ihre eigene Karriere hat auf der Straße begonnen. In den Ferien war sie mit ihren Freunden fast den ganzen Tag auf dem Bolzplatz – eine wichtige Erfahrung, findet sie: „Ich denke, Straßenfußball ist sehr wichtig. Man sieht einem Spieler an, ob er auf der Straße oder von Beginn an im Verein gespielt hat. Es ist ein ganz anderes Flair, auf der Straße zu spielen.“ In ihrem jungen Leben hat Meißner schon viel erlebt, ist oft unterwegs – auf Länderspielreisen, Lehrgängen und mit Hoffenheim in der 2. Bundesliga in diversen Städten Süddeutschlands. Nebenbei meistert sie die Schule, im Frühjahr wird sie das Abitur am Wilhelmi-Gymnasium in Sinsheim machen, den Führerschein hat sie in Aussicht, im Februar wird sie 18. Der Rückzugsort, den ihr ihre Gastfamilie bietet, ist ihr viel Wert. Dort kann sie abschalten, Jonas bei den Hausaufgaben helfen oder mit ihm spielen – Kissenschlachten machen die beiden besonders gern.
Quelle: TSG 1899 Hoffenheim