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Frühere Landrat des Landkreises Sinsheim Dr. Paul Herrmann verstorben

23. Oktober 2015 | Gesellschaft, Leitartikel, Photo Gallery

Sein Herz schlug für den Raum Sinsheim und seine Menschen

2011-07-23 022k

(Foto Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis): v.l.n.r. Landrat Stefan Dallinger, Landrat a.D. Dr. Paul Herrmann und Landrat a.D. Dr. Jürgen Schütz bei der Einweihung des Kulturzentrums „Stiftskirche Sunnisheim“ in Sinsheim im Sommer 2011

(zg) Im Alter von 101 Jahren ist am 19. Oktober 2015 der frühere Landrat des Landkreises Sinsheim Dr. Paul Herrmann verstorben. Er kann mit Fug und Recht als Baumeister des ehemaligen Landkreises Sinsheim bezeichnet werden.

Der am 16. Dezember 1913 in Ludwigshafen geborene und dort aufgewachsene Dr. Paul Herrmann war nach Abitur und Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zunächst Bürgermeister von Mühlacker und Kreisrat im Landkreis Vaihingen Enz, bevor er in der schwierigen Nachkriegszeit 1950 das Amt des Landrats übernommen hatte. In einem großen Kraftakt und einem weit vorausschauenden Plan führte er zusammen mit dem Kreistag den Landkreis Sinsheim zu einem prosperierenden Gemeinwesen.

Der ländlich orientierte Kreis verfügte kaum über eine Infrastruktur, ein hoher Einwohnerzuwachs durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene musste bewältigt werden und die große wirtschaftliche und soziale Not mit 22 Prozent Arbeitslosigkeit galt es zu beheben. Dr. Paul Herrmann ist es mit einem ungeheuren Arbeitspensum, geschickter Verhandlung und diplomatischem Fingerspitzengefühl gelungen, den Landkreis Sinsheim bis Ende 1972 aus dem strukturschwachen Schatten zu einer blühenden Landschaft zu entwickeln.

Zu den vielen Projekten, die er angeschoben und zusammen mit dem Kreistag gestemmt hatte, um die Lebens- und Wirtschaftssituation zu verbessern, gehörte zuerst ein Amt für Wirtschaftsförderung, um neue Gewerbe- und Industrieansiedlungen zu schaffen und damit Arbeitsplätze. Der Landkreis gab dazu sogar Bürgschaften und Investitionszuschüsse. Der Wohnungsbau wurde durch eine vom Kreis mitgetragene Wohnungsbaugesellschaft intensiviert, Straßenbau und öffentliche Verkehrsmöglichkeiten ausgebaut. Dr. Herrmann sorgte für eine zentrale Wasserversorgung in allen Gemeinden, dazu hatte er auch die Gründung der Fernwasserversorgung Rheintal (heute: Bodenseewasserversorgung) mit Sitz in Sinsheim initiiert. Die Abwasserbeseitigung, die weithin in den Gemeinden fehlte, wurde zum Teil als geförderte Notstandsarbeiten voll ausgebaut. Zur Verbesserung der Wohnverhältnisse und der Hygiene haben die Gemeinden eine ungeheure Zahl neuer Baugebiete ausgewiesen. Eine mehr als spürbare Hilfe für die Menschen im nördlichen Kraichgau war der 1954 beschlossene Bau des Kreiskrankenhauses Sinsheim, das gegen viele Widerstände errichtet und später auf 302 Betten erweitert wurde. Mit dem Bau von beruflichen Schulen und Werkstätten sorgte Dr. Herrmann für bessere Ausbildung, das Sinsheimer Zentrum beruflicher Schulen ist heute das größte im Rhein-Neckar-Kreis.

Anzeige SwopperDa Dr. Herrmann ein starkes Interesse an Heimatpflege und Heimatgeschichte des Kraichgau besaß, rief er 1965 einen heimatgeschichtlichen Arbeitskreis ins Leben, um Heimatforscher aus den Gemeinden zusammen zu bringen und eine Schriftenreihe herauszugeben. Da er befürchtete, dass diese Schriftenreihe die Kreisreform nicht überleben würde, beschloss der Kreistag 1972, die „Kraichgau-Stiftung“ zur Förderung der Heimatforschung und Heimatpflege mit einem Grundkapital von 100.000 DM zu errichten. Damit wollte Dr. Herrmann für die Zukunft das Zusammengehören des Kraichgaus als Geschichts- und Kulturlandschaft im Bewusstsein der Bevölkerung bewahren.

Der Kraichgau hat ihm sein Engagement gedankt und ihn 1972 zum CDU-Landtagsabgeordneten des Wahlkreises Sinsheim, der weitgehend identisch mit dem Altlandkreis war, gewählt (bis 1976), die Große Kreisstadt Sinsheim, die das von ihm errichtete neue Landratsamt als Rathaus übernommen hatte, ernannte ihn 1988, zum 75. Geburtstag, zum Ehrenbürger, gleichzeitig erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Ob seiner Verdienste, Landrat Dr. Herrmann war von 1971 bis 1973 Vorstandsvorsitzender der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und im Vorstand der Deutschen Krankenhausgesellschaft gewesen, hatte eine wichtige Stimme im Landkreistag und war unter anderem auch DRK-Kreisvorsitzender, hat ihm das Land Baden-Württemberg bereits 1977 seine höchste Auszeichnung verliehen, den Verdienstorden. Der Verstorbene, der zusammen mit seiner Ehefrau im Augustinum in Heidelberg lebte, nahm immer noch großen Anteil am Geschehen im Rhein-Neckar-Kreis und natürlich an „seinem“ alten Landkreis Sinsheim.

Landrat Stefan Dallinger würdigte die Leistungen Dr. Herrmanns. „Sein Herz schlug für den Raum Sinsheim und seine Menschen“, so Landrat Stefan Dallinger. Insbesondere beim Aufbau der beruflichen Schulen und Bildungseinrichtungen sowie des Kreiskrankenhauses Sinsheim habe Dr. Paul Herrmann sich bleibende Verdienste errungen. Damit habe er den Boden für eine erfolgreiche Entwicklung des am 1. Januar 1973 gegründeten neuen Rhein-Neckar-Kreises geebnet.

Für seine herausragenden Leistungen hat ihm das Land Baden-Württemberg die Verdienstmedaille verliehen. Zum 75. Geburtstag ernannte ihn die Große Kreisstadt Sinsheim zu seinem Ehrenbürger. Ebenso wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Der Rhein-Neckar-Kreis hat ihm zu seinem 85. Geburtstag die Goldene Ehrenmünze verliehen.

Quelle: Silke Hartmann

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