Künstler der Kraichgau-Werkstätten gestalten 24 „Türchen“ in der Sparkasse in Sinsheim
(zg) Die Heiligen Drei Könige sind auf dem Weg. Mitten durch die Wüste, selbst ein Sandsturm kann sie nicht aufhalten. Genau so stellt es sich Marvin Schadwinkel vor. Und genau so hat er es gemalt. Die Könige in bunten Gewändern, und für den Sandsturm hat er extra Kreidebrösel über seinem Gemälde verteilt.
Zu sehen ist sein Bild – zusammen mit 23 anderen – in einem riesigen Adventskalender mitten im Kundencenter der Sparkasse in Sinsheim. Oder anders gesagt: 24 Bilder, entstanden im Kunstatelier der Kraichgau-Werkstätten, zieren ab dem 1. Dezember dort die Galerie. Anfangs freilich alle verhüllt. Doch an jedem Morgen öffnet sich ein Türchen mit einem neuen Bild.
Derweil sind die behinderten Frauen und Männer im Atelier fleißig am Malen. Akkurat setzt beispielsweise Hans Schön Linie an Linie. So entsteht Fenster um Fenster des Rockefeller Centers; so wächst der geschmückte Weihnachtsbaum empor. Das Motiv habe er aus dem Internet. „Der Weihnachtsbaum hat mir so gut gefallen, weil er so sehr groß ist“, sagt Hans. Nun setzt er alles schier detailgetreu auf seinem Gemälde um. Keine Frage, jede Künstlerin, jeder Künstler erzählt in seinem Adventskalender-Bild eine Geschichte. Mal etwas Gesehenes, mal die eigenen Vorstellungen, mal Wünsche und Gefühle. So wie Rosemarie Hübner, die ganz viele Schneeflocken malt. „Die gehören doch im Winter und zu Weihnachten dazu.“
Viele Gemälde entstehen aus dem Inneren der behinderten Menschen heraus, stecken voller Phantasie und Erfindungsreichtum. Georg Philipski, Leiter der Kunstwerkstatt und selbst Illustrator und Grafiker, gibt den Frauen und Männern immer wieder Hilfestellung. Zeigt ihnen neue Materialien und Techniken. „Sie sollen lernen und experimentieren wie jeder andere Künstler auch.“ Denn für Philipski ist die sogenannte Outsider-Art (Außenseiter-Kunst von Menschen mit geistigen oder psychischen Behinderungen) genau so eine Kunstrichtung wie Impressionismus, Surrealismus oder Naive Kunst. Mehr noch: „Unsere behinderten Künstler nenne ich in einem Atemzug mit Picasso – sie alle sind großartige Maler“, sagt Philipski. Mit einem Unterschied wahrscheinlich: Die behinderten Frauen und Männer malen zwar auch, um zu gefallen. Aber sie verbiegen sich nicht, sie erschaffen ihre Kunst aus Spaß und Lebensfreude.
Auch Bernd Eknigk, Regionaldirektor der Sparkasse Kraichgau, ist von den kreativen Arbeiten der behinderten Menschen begeistert. „Im Atelier und den anderen Werkstätten wird so toll gearbeitet, das muss man einfach vielen Leuten zeigen.“ Da brauche man keine Berührungsängste zu haben. Im Gegenteil. Deshalb die Idee des Adventskalenders, dessen erstes Bild am Donnerstag, 1. Dezember, um 11.30 Uhr ganz besonders festlich „geöffnet“ wird. Unter anderem mit zwei Musikern der „Kraichgau-Band“, die Georg Philipski erst vor kurzem ins Leben gerufen hat.
Geöffnet werden die bildhaften Adventstürchen jeden Morgen um 11.30 Uhr; zu sehen sind die Bilder dann immer während der Öffnungszeiten bis zum 6. Januar.
Quelle: Pia Jäger