Claude Chabrol/Odile Barski -Gute Miene zum bösen Spiel
In seinem Film „Masken“ vereint der „französische Hitchcock“ Claude Chabrol Thriller und Lustspiel zu einem medienkritischen Pamphlet gegen die leeren Glücksversprechen des Fernsehens. Carsten Ramm bringt das Drehbuch als packendes Theatererlebnis auf die Bühne. Es ist Carsten Ramms letzte Insze-nierung als BLB-Intendant. Nachdem er die Landesbühne 25 Jahre lang geleitet hat, wird er Ende dieser Spielzeit in den Ruhestand gehen.
In Sinsheim ist die Vorstellung am Mittwoch, 1. März 2023, um 19.30 Uhr in der Dr.-Sieber-Halle zu sehen.
Licht aus, Spot an, die Maske sitzt: Christian Legagneur ist der geborene Showmaster! Vor der Kamera trieft er vor Güte, Herzlichkeit und Nächstenliebe. In seiner populären Fernsehsendung „Glück für alle“ betreibt er ein vorgeblich menschenfreundliches Spiel mit den Sehnsüchten seiner betagten Studiogäste. Nun will der junge Journalist Roland Wolf eine Biografie über den Publikumsliebling schreiben. Zur Recherche lädt Legagneur Roland auf seinen Landsitz ein. Umgeben von einer illustren Schar Hausangestellter taucht er dort in das extravagante Leben Legagneurs ein. Nach und nach beginnt die Hochglanzfassade der berühmten TV-Persönlichkeit zu bröckeln. Aber auch Roland führt ein Doppelleben. Denn in Wahrheit ist sein Name nicht Wolf, sondern Chevalier – und er will das plötzliche Verschwinden seiner Schwester aufklären, die sich zuletzt im Haus des Moderators aufgehalten hatte. Auf ihren Spuren gerät er in einen Strudel dunkler Machenschaften.
In seinen psychologischen Dramen und Kriminalfilmen hat Claude Chabrol das Bürgertum immer wieder erbarmungslos analysiert. Er verstand es, Gesellschaftskritik humorvoll mit Genuss und Unterhaltung zu verbinden. In seinem Film „Masken“ von 1987 reißt Chabrol die Fassade des schönen Scheins ein und zeigt, was sich dahinter verbirgt: rücksichtslose Menschenverachtung und Habgier.
Chabrol hat über seine Arbeit mal gesagt, dass er im Grunde die Wahrheit und die Menschen zeigen wolle, so wie sie wirklich seien. Carsten Ramm fasst diese künstlerische Leitidee gewissermaßen als eine Hommage an Molière auf: „Was bei Molière ‚Der Bürger als Edelmann‘ ist, wird bei Chabrol ‚Der Gangster als Edelmann‘“, sagt Regisseur Ramm.
„Schlagzeilen über Korruptionsvorwürfe oder Steuerhinterziehung von Prominenten oder Politikern überraschen heutzutage nicht mehr. Dennoch finde ich es erstaunlich, wie stark das öffentliche Bild eines Menschen und dessen wahres Gesicht auseinanderklaffen können. So ist es auch bei Legagneur: Sobald er ins Rampenlicht seiner Showbühne tritt, ist er ein Mensch von überströmender Herzlichkeit, der sein Publikum und seine Kandidaten liebt. Im Off wird er zu einem skrupellosen Despoten, der nicht nur den Ablauf seiner Show, sondern auch den seines Privatlebens bis aufs kleinste Detail kontrolliert und inszeniert. Was mich an dem Stoff besonders interessiert, ist das perfide Spiel, in das diese schillernde TV-Persönlichkeit ihre Mitmenschen hineinzieht und dabei keine Miene verzieht.“
Das Bühnenbild, entworfen von Tilo Schwarz, eröffnet drei Spielebenen. Getrennt durch eine halbdurchlässige Glaswand, entsteht davor sowie dahinter eine Spielfläche, die durch unterschiedliche Möblierung verschiedene Räume behauptet. So kann von Legagneurs Fernsehstudio fließend zu den Räumlichkeiten auf seinem pompösen Landsitz gewechselt werden. Die Glaswand selbst dient zusätzlich als Projektionswand für Videoaufzeichnungen, wie z. B. jenen von Legagneurs Fernsehshow „Glück für alle“ (Video: Tommi Brem).
Darin tanzen Legagneurs Studiogäste, die im Herbst ihres Lebens stehen, noch einmal die Tänze ihrer Jugend. Die überdimensionierten Pappmachéköpfe, die Figurenbildnerin Judith Mähler für sie entworfen hat, spitzen die Groteske lustvoll zu.
Der ausschweifende Lebensstil Legagneurs kommt besonders in seinen allabendlichen Festbanketts zum Vorschein. Für diese nötigt der gönnerhafte Patriarch seine Angestellten, in barockem Aufzug mit ihm zu speisen. Die Kostüme, entworfen von Kerstin Oelker, verleihen diesem aristokratisch anmutenden Aufzug sowie Legagneurs Fernsehauftritten eine ausgefallene Note.
Die Rolle des abgründigen Fernsehmoderators spielt René Laier, die Rolle seines mutigen Kontrahenten Thilo Langer. Es wird vermutlich die letzte
Hauptrolle von Laier auf den Brettern der BLB sein, denn auch er geht im Sommer in den Ruhestand.
Mit: Lydia Fuchs, Stefan Holm, René Laier, Thilo Langer, Ghorban Moinzadeh, Evelyn Nagel, Nadine Pape, Lukas Maris Redemann, Ines Unser, Inszenierung: Carsten Ramm, Bühnenbild: Tilo Schwarz, Kostüme: Kerstin Oelker, Masken-bau: Judith Mähler, Video: Tommi Brem
Mittwoch, 1. März 2023, 19.30 Uhr, Sinsheim, Dr.-Sieber-Halle
Kartenvorverkauf:
Buchhandlung J. Doll, Telefon: 07261.2322, E-Mail: [email protected],
Tourist-Information der Stadtverwaltung, Telefon: 07261.404109, E-Mail: [email protected]
Quelle: Die Badische Landesbühne