„Noch 40 km dann sind wir in Sinsheim“, facebooken die Renchtäler Schlepper-freunde am Samstag Morgen bei kühlem Aprilwetter in die Fanpage der AGRI HISTORICA. Da sind sie schon fast 100 km auf ihren nostalgischen und luftigen Agrargefährten im Konvoi gut gelaunt on Tour. Ziel ist eines der größten jährlichen Treffen historischer Landmaschinen in Deutschland. Und es war dank der vielen angereisten Traktorenthusiasten und einer hervorragenden Organisation des Oldtimerschlepperclubs Kurpfalz mit der Messe Sinsheim wieder ein klasse Event. Rund 1000 Oldtimer und kuriose Fahrzeuge aller historischer Traktormarken gaben sich auf der AGRI HISTORICA in Sinsheim am vergangenen Wochenende ein fantastisches Stelldichein.
Das Zusammenspiel der großen Traktorparade mit den Ständen der ca. 90 Anbieter agrarhistorischer Ersatzteile und Utensilien, dem verführerischen Bauernmarkt, dem Miniatur-Agrarparcour, der Echtdampfbahn sowie den Vorführungen aus dem Leben von früher machen die AGRI HISTORICA zu einem ganz besonderen Highlight. Und immer gibt es ein mitreißendes Special.
Das stand in diesem Jahr ganz im Zeichen von richtig starken Bären: der Kultmarke Schlüter aus Freising. Schlüter spezialisierte sich seit 1964 auf den Bau von Großschleppern. Als richtiges Unikat gilt auch heute noch der Profi Trac 5000 TVL mit 500 PS aus dem Jahr 1978, der zu den stärksten jemals gebauten Traktoren zählt.
Riesige, schicke Ungetüme ließen sich dann auch in der Halle.6 bewundern und wurden von Topinsidern, wie den Brüdern Wendt aus Östringen und Hans Renn aus Sinsheim, bis ins kleinste Detail erläutert. „Bei Dr. Anton Schlüter war ich früher öfters mal zum Kaffee“, so erzählt Roger Wendt im typisch rotfarbenen Outfit. Er ist der Experte schlechthin auf der Sonderschau und entsprechend permanent umringt von Gleichgesinnten. Geduldig gibt der Landmaschinenmechaniker den Schlüterfans am laufenden Band wertvolle Tipps zu Farbnummern der Lacke, Motor- und Erkennungsdaten oder auch handfestes Know-how für die Reparatur eines gerissenen Motorblocks. Jahrelang hat er schließlich mit dem Unternehmer Schlüter selbst in persönlich Treffen oder im Dialog am Telefon über dessen Konstruktionen und Innovationen gefachsimpelt.
Mit allen Marken gesegnet ist die Firma Kühnemuth Traktorkissen, die dafür sorgt, dass die Hüften und Rücken der Landwirte langfristig geschont werden. Bereits in der dritten Generation produzieren die Kühnemuths ihre Kissen selbst – und sind – na klar, auch Schleppersammler. „Ja, wir haben auch eine seltene Rarität an Bord, einen von noch fünf weltweit existierenden Fergusons, aus der ersten Serie mit der Dreipunkt-Regelhydraulik.“, so der Hersteller und Händler verschmitzt. Die von Harry Ferguson konstruierte Dreipunkt-Regelhydraulik ist bis heute die Grundlage für die Befestigung und Steuerung von Arbeitsgeräten an fast jedem Traktor. Highlight des Oldtimertreffs sind des weiteren die versierten und gut bestückten Lanz-Händler: original Felgen, Kotflügel, Ledersitzbänke, Leuchten und seltene Kleinteile werden dargeboten, viele auch per Web vorbestellt und auf der AGRI gezielt abgeholt. Auf Deutz spezialisiert ist der Niederländer Remt Godlieb, seit mehr als 15 Jahren dabei, Mechaniker und Landwirt. „Früher haben wir von Deutschland nach Holland verkauft, jetzt ist es anders herum.“, sagt er augenzwinkernd und reicht seine Raritäten über die Wagentheke.
Kulinarische Kostbarkeiten bot der wunderbare Bauernmarkt dem Agri-Publikum: schwere Comté-Käseleiber und exzellenter Wein aus dem französischen Jura ließen das Wasser im Mund ebenso zusammen laufen, wie das frische Bauernbrot, der Schwarzwaldschinken und viele weitere deftige Wurstspezialitäten. Bei selbstgebackenen Kuchen und duftenden Kaffee konnten Eltern am Stand der Kleintierzüchter gemütlich plaudern, während sich die Kids an den preisgekrönten Hasen und Hühnern erfreuten. Gegenüber wurde auf Live-Vorführungen gezeigt, wie früher auf dem Bauernhof gewaschen, geflickt, gedengelt und gedroschen wurde. Landwirtschaftliches Kinderspielzeug sowie die Mitfahrt auf der beliebten Malu-Bahn rundeten das gelungene Erlebnis für die ganze Familie ab.
„Wir bieten Events und Messen mit faszinierender Technik erlebbar: in der realen Welt, hautnah zum Anfassen und Begreifen“, resümiert Andreas Wittur, Prokurist der Messe Sinsheim und Veranstalter der AGRI HISTORICA. „Damit leisten wir einen Generationen übergreifenden Beitrag zur Bodenhaftung in unserer Gesellschaft und schaffen Freude am ganzheitlichen Erleben.“
Die nächste Agri Historica findet im April 2018 in Sinsheim statt.
Quelle: Gabi Gresinger