Kommunaler Behindertenbeauftragter Patrick Alberti wünscht sich, dass sich mehr Menschen mit Behinderung in die Entscheidungsfindung einbringen können
(zg) „Im globalisierten Zeitalter ist unsere Gesellschaft auf vielfältige Weise herausgefordert: Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Unser Handeln ist zunehmend abhängig von anderen Akteuren und hat Auswirkungen von globaler Reichweite. Das gilt nicht nur für das politische und administrative Handeln, sondern auch für unser privates Leben. Und weil unser Handeln unter immer komplexer werdenden und beschleunigten Rahmenbedingungen stattfindet, müssen Ansätze gefunden werden, die auf diese Komplexität reagieren.“ So äußert sich der kommunale Behindertenbeauftragte des Rhein-Neckar-Kreises, Patrick Alberti, anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderung am kommenden Montag, 3. Dezember.
Für ihn erscheint es nur folgerichtig, dass die Vereinten Nationen, die den Gedenk- und Aktionstag ausgerufen haben, diesen ebenfalls in den Kontext gesellschaftlicher Komplexität einordnen: Dieses Mal lautet das Thema des Welttags: „Empowering persons with disabilities and ensuring inclusiveness and equality.“ Frei übersetzt: Menschen mit Behinderungen soll es möglich sein, gemeinsam mit allen anderen Bürgerinnen und Bürgern zu mehr Inklusion und Gleichberechtigung beitragen zu können.
Die wechselnden Themen des Welttags, der seit 1993 immer am 3. Dezember stattfindet, orientieren sich an den „Zielen für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen. Unter dem Titel „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ hat sich auch Deutschland dazu verpflichtet, die 169 Zielvorgaben auf nationaler Ebene umzusetzen, berichtet Alberti. Inklusion und Gleichberechtigung wird dabei in der Agenda 2030 als ein weiterer Schritt zu mehr Nachhaltigkeit, Reduktion von gesellschaftlichen Krisen und besserer kommunaler Entwicklung gesehen: „Im Mittelpunkt der Nachhaltigkeitsziele steht die ‚resiliente Gesellschaft‘“, erklärt der kommunale Behindertenbeauftragte. „Damit ist eine Gesellschaft gemeint, die gut auf die sozialen Veränderungen und die damit verbundenen Herausforderungen vorbereitet ist.“
Auf die vielfältigen Herausforderungen gibt es in globalisierten und digitalisierten Zeiten keine einfachen Antworten. „Wir benötigen das Gespräch mit den zahlreichen zivilgesellschaftlichen Akteuren, um uns immer wieder neu zu orientieren. Gerade auf kommunaler Ebene halte ich es für wichtig, dass jede Gruppe ihren Standpunkt einbringen kann. Das gemeinsame Ringen um die besten Lösungen sollte hier im Mittelpunkt stehen“, meint Alberti. Doch nicht jede Gruppe könne gleich gut für sich sprechen: „Damit jeder auf Augenhöhe mitsprechen kann, müssen Menschen dazu befähigt werden, dies zu tun. Der Fachbegriff dafür ist Empowerment.“ Für Menschen mit Behinderungen hat dieses Empowerment viele Facetten: Früh angesetzt bedeutet das unter anderem, dass die Eltern von Kindern mit einer Behinderung vor und nach der Geburt eines Kindes mit Behinderung gezielt informiert und gestärkt werden, um gute Entscheidungen zu treffen. Im späteren Lebensverlauf sind alle Lebensbereiche wie zum Beispiel Bildung, Arbeit, Wohnen, Freizeit und politische Teilhabe mögliche Handlungsfelder von Empowerment, wobei Menschen mit Behinderungen gezielt in die Lage versetzt werden, selbstbewusst ihre eigenen Ziele und Wünsche zu verfolgen.
„Wenn Angehörige aller gesellschaftlichen Gruppen in der Lage sind, gleichberechtigt miteinander zu sprechen, dann hat man von Anfang an alle Meinungen im Blick und vergisst niemanden“, so Alberti. Die Chance besteht darin, gemeinsame Lösungen zu finden, die eine möglichst breite Zustimmung haben, die mit ihnen verbundene Komplexität berücksichtigen und damit auch nachhaltig sind. So verstanden sind Menschen mit Behinderungen nur einer von vielen Partnern in diesem Prozess zu mehr gesellschaftlicher Inklusion. Eine wirklich inklusive Gesellschaft versucht, jedem gute Lebensbedingungen zu bieten. Und zwar unabhängig von Behinderung, Herkunft, Alter oder anderen gesellschaftlich konstruierten stigmatisierten Merkmalen.
„Das Finden von gemeinsamen Lösungen und Kompromissen ist kein leichter Prozess, aber einer, der sich lohnt“, ist Patrick Alberti überzeugt. „Und ich wünsche mir, dass sich in Zukunft mehr Menschen mit Behinderung in die Entscheidungsfindung einbringen können.“
Quelle: Silke Hartmann