(zg) Die Rhein-Neckar-Region in alten Landkarten Mehr als die Vermessung einer vergangenen Welt Rhein-Neckar-Kreis gibt sehenswerten Begleitkatalog zur Kartenausstellung im Kreisarchiv heraus
Das Format ist ungewöhnlich, die Haptik des neuen, vom Rhein-Neckar-Kreis herausgegebenen Katalogs zur interessanten Ausstellung im Kreisarchiv auch. Gewohnt qualitativ hochwertig ist der Inhalt, nämlich hervorragende Reproduktionen von Landkarten, die den Blick widerspiegeln auf die Kartographiegeschichte der Rhein-Neckar-Region von der Mitte des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, und ein informativer Text, in dem Kreisarchivar Dr. Jörg Kreutz einen Überblick über das zum Teil phantasievoll ausgeschmückte Kartenwerk gibt und jede der abgedruckten rund 70 historischen Karten kurz nach Schöpfer, Entstehungszeit und Besonderheiten erläutert.
Entstanden ist so ein sehenswertes Kompendium, mit dem sich an alten Landkarten und an der Geschichte der Region Interessierte die große Kartenausstellung, die noch bis 1. September im Kreisarchiv des Rhein-Neckar-Kreises in der Ladenburger Trajanstraße 66 zu sehen ist, auch zuhause betrachten kann. Zu sehen sind Arbeiten herausragender Kartographen wie Sebastian Münster und Gerhard Mercator sowie nahezu alle wichtigen Blätter der maßgeblichen europäischen Kartenverlage dieser drei Jahrhunderte, die ein privater Sammler zusammengetragen und über die Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Eine solche Qualität ist heute zumeist nur in den Kartenabteilungen großer Landesarchive oder großer Universitäts- und Landesbibliotheken anzutreffen.
Diese Zusammenstellung ist mehr als das Bild der Vermessung einer vergangenen Welt. Man erfährt natürlich, welche historischen Gebiete zu der heute die erfolgreiche Metropolregion Rhein-Neckar verschmolzen sind. In ihr überschneiden sich bzw. verschmelzen mehrere historische Territorien, die seit dem frühen Mittelalter die Kulturlandschaft(en) an Rhein und Neckar nachhaltig geprägt haben. Neben der Kurpfalz und ihren Nebenlinien (links wie rechts des Rheins) sind dies vor allem die ehemaligen weltlichen Gebiete der Bistümer Mainz, Speyer und Worms, von Hessen-Darmstadt sowie kleinere ehemals reichsritterschaftliche oder reichsstädtische Gebiete.
Gleichzeitig kann man gut die sich immer mehr verfeinernde Arbeitsweise erkennen. Der Einzug des Kupferstichs erlaubte im Gegensatz zum gröberen Holzschnitt, gerade für den (multiplen) Druck, weitaus präzisere und detailliertere Karten mit feinerer Schrift, Mercator verwendete als Erster beim Kartenzeichnen eine Gradnetzeinteilung. Natürlich sind auch Widersprüche, Irrtümer, Entwicklungslinien auszumachen, etwa wenn der Ort Bürstatt an ganz andere Stelle als der gewohnten auftaucht oder der Ort Vinom, der nicht existiert hat, in verschiedenen Kartenlinien immer wieder zu sehen ist, quasi als Synonym des sprichwörtlichen „Abkupferns“ der Kartenstecher. Auch unterscheiden sich natürlich die Darstellungsweisen der Topographie von den aktuellen Geländedarstellungen in Kartenbildern. Diese liefern darüber hinaus wertvolle sprachgeschichtliche Hinweise. Die häufigen Verschreibungen von Orts- und Städtenamen, die zum einen dialektal gefärbt oder zum anderen schlicht fehlerhaft sind, lassen Karten zu wertvollen Quellen werden.
In der Ausstellung wie im Katalog sind Karten aller niederländischen, französischen und deutschen Verlegerdynastien zu sehen, die damals mit dem „Atlas“, der in Buchform publizierten Kartensammlung, eine neue Art des frühmodernen ‚Massenmediums‘, gedruckt und vertrieben haben. In manchen der einerseits stilistisch oft ähnlichen Landkarten verblüffen die oft kunstvoll gestochenen dekorativen Schmuckelemente wie Kartuschen oder Vignetten, die in den Verlagen von versierten Mitarbeitern mit großer Sorgfalt koloriert oder illuminiert worden sind. Manche dieser Bilder entfalten als große Detailaufnahmen im Katalog ein beeindruckendes Eigenleben.
Das Katalogbuch „Die Rhein-Neckar-Region in alten Landkarten“ mit 120 Seiten und 91 Abbildungen ist zum Preis von 16 Euro erhältlich im Buchhandel (ISBN 978-3-932102-36-3) oder direkt beim Kreisarchiv des Rhein-Neckar-Kreises, Tel.: 06203 9306 7740 bzw. E-Mail: [email protected]<mailto:[email protected]>
Quelle: Silke Hartmann