Baden-Württemberg bleibt eines der sichersten Bundesländer in Deutschland. Im vergangenen Jahr wies der Südwesten mit 5.592 Straftaten pro 100.000 Einwohner im Ländervergleich erneut eine der niedrigsten Kriminalitätsbelastungen auf. Die Polizei klärte mehr Straftaten auf als im Vorjahr. Das sind die wichtigsten Merkmale der Polizeilichen Kriminalstatistik 2014, die Innenminister Reinhold Gall vorstellte.
„Die deutliche Verbesserung der Aufklärungsquote beim Wohnungseinbruchdiebstahl muss weiter Ansporn sein, in den Anstrengungen vor allem gegen mobile Banden nicht nachzulassen“, hob der Minister hervor.
Insgesamt gab es einen leichten Anstieg der registrierten Straften auf 594.534 Delikte. Ohne die Einflüsse der Flüchtlingsströme und die damit einhergehenden festgestellten spezifischen Verstöße gegen das Aufenthalts- beziehungsweise Asylverfahrensgesetz mit allein 14.023 Straftaten würde der Anstieg bei 2,3 Prozent liegen, erklärte er. Die Zahl bewege sich damit auf dem Niveau des Zehn-Jahres-Durchschnitts. Die Aufklärungsquote insgesamt sei um 0,9 Prozentpunkte auf 58,9 Prozent, den zweithöchsten Wert im Fünf-Jahres-Vergleich gestiegen. Besonders erfreulich seien die starke Abnahme von 102 auf 79 Fälle bei Mord(-versuchen) und der Rückgang der unter Alkoholeinfluss stehenden Gewalttäter (minus 4,1 Prozent auf 5.402 Gewalttäter). Positiv sei auch der erneute Rückgang der Jugendgewalt um 6,7 Prozent auf 5.269 Tatverdächtige unter 21 Jahren – was gegenüber dem Höchststand 2007 eine Abnahme von mehr als 45 Prozent bedeute.
Armutskriminalität wächst
„Gleichwohl sehe ich auch kritische Entwicklungen, denen wir mit vollem Einsatz begegnen müssen“, erklärte der Innenminister. Auf eine zunehmende Armutskriminalität hin deuteten die Steigerungen im Diebstahlsbereich um 4,1 Prozent auf 217.220 Straftaten – beispielsweise beim Ladendiebstahl um 5,5 Prozent (auf 41.026 Fälle), Taschendiebstahl um 17,1 Prozent (auf 10.021 Delikte), Diebstahl von Fahrrädern um 10,6 Prozent (auf 27.203 Straftaten) – und beim Schwarzfahren um 9,3 Prozent (auf 35.410 Fälle). Direkt mit der Wanderungsbewegung korrespondierten signifikante Zuwächse bei Diebstählen durch Asylbewerber (plus 1.287 auf 3.162 Tatverdächtige).
Im Kampf gegen Wohnungseinbrecher habe die Polizei 1.258 Tatverdächtige überführen und die Aufklärungsquote um über drei auf 14 Prozent steigern können. Die Aufklärungsquote bei den vollendeten Wohnungseinbrüchen liege mit über 17 Prozent erfreulicherweise sogar noch höher. Dennoch sei die Zahl der Delikte das achte Mal in Folge, diesmal um 19,4 Prozent auf 13.483 gestiegen – liege aber immer noch unter dem Höchststand 1994 von 13.681.
Mithin sei der starke Anstieg von ermittelten Einbrechern aus bestimmten Ländern wie Georgien (von 36 auf 134) oder Rumänien (von 54 auf 85) erschreckend. „Diese Entwicklung hängt meines Erachtens eng mit den Zuständen und der gegenwärtigen Armut in den Herkunftsländern zusammen“, sagte Minister Gall.
„Die Eindämmung der Wohnungseinbrüche ist absoluter Schwerpunkt unserer Polizei. Wir gehen dieser unguten Entwicklung nicht aus dem Weg, sondern setzen dem aufwändige und personalintensive Ermittlungen sowie akribische kriminaltechnische Ermittlungsarbeit entgegen“, stellte der Minister klar. Dass sich auch Sicherheitsvorkehrungen durch Hausbesitzer sehr wohl lohnen, zeigt der auf 42,9 Prozent gestiegene Anteil von Einbrüchen, die im Ansatz stecken blieben.
15 Prozent mehr Beratungen zum Einbruchschutz
Die Kriminalpolizeilichen Beratungsstellen der regionalen Polizeipräsidien im Land hätten 2014 insgesamt 15.286 Beratungen zur technischen Sicherung von Privatobjekten durchgeführt, dies sei eine beachtliche Steigerung um über 15 Prozent. Seit Juni 2014 stünden auch Fördermittel bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW-Förderung) für bauliche Maßnahmen bereit, die auch dem Einbruchschutz dienen. Wichtige Hinweise und Informationen seien im Internet über www.K-einbruch.de abrufbar.
Sehr erfreulich sei das nahezu gleichbleibend niedrige Niveau bei der Gewaltkriminalität mit 17.319 Fällen (2013: 17.306). „Die langjährige polizeiliche und kommunale Gewaltprävention wirkt offensichtlich“, betonte Innenminister Gall. Diese sei mit dem 19. Deutschen Präventionstag (DPT) im Mai vergangenen Jahres in Karlsruhe, bei dem das Innenministerium zusammen mit der Stadt Karlsruhe und der gemeinnützigen Gesellschaft mbH „DPT – Deutscher Präventionstag“ einer der Veranstaltungspartner war, fortgesetzt worden.
Insgesamt habe die Kriminal- und Verkehrsunfallprävention der Polizei, neben den Beratungen der Kriminalpolizeilichen Beratungsstellen und der Radfahrausbildung von Schülern, 2014 rund 31.900 Veranstaltungen für mehr als 700.000 Bürgerinnen und Bürger umfasst.
Cannabis-Konsum besorgniserregend
Mit einer Steigerung um 12,4 Prozent auf 36.216 Straftaten habe sich der Trend bei der mit Nachdruck geführten Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität fortgesetzt. „Dieses Deliktsfeld wird maßgeblich bestimmt durch die Aktivitäten der Polizei, wie zum Beispiel durch verstärkte Kontrollen an jugendspezifischen Treffpunkten und Veranstaltungen sowie intensive Folgeermittlungen, dennoch finde ich den in extremen Fällen schon fast alltägliche Cannabiskonsum von Jugendlichen und die teilweise verharmlosend geführte Legalisierungsdiskussion sehr bedenklich“, unterstrich Gall. Die Fälle von Besitz beziehungsweise Erwerb von Cannabis hätten sich um beträchtliche 15,1 Prozent auf 19.850 erhöht.
Im Fünf-Jahres-Vergleich mache ihm gerade der überproportionale Anstieg bei Konsumdelikten von Cannabis um 158 Prozent oder 2.305 auf insgesamt 3.763 tatverdächtige Jugendliche große Sorge. „Mitnichten bestimmt die verklärte Sichtweise des vermeintlich verantwortungsvollen Konsums eines `Joints´ die polizeiliche Realität. Vielmehr sind es hochkonzentrierte THC-Wirkstoffe im vielfach künstlich und professionell angebauten Cannabis und die abnehmende Hemmschwelle zum Konsum besonders bei Jugendlichen“, beklagte der Innenminister. Die Verharmlosung besonders von Cannabis konterkariere die vielfältigen Präventions-bemühungen, mit denen gerade Jugendliche für die Gefahren psychoaktiver Substanzen sensibilisiert werden sollen.
Gewalt gegen Polizei wächst
„Gewalt gegen unsere Polizeibeamtinnen und -beamte bleibt leider ein Dauerthema“, kritisierte Innenminister Gall. Die Zahl dieser völlig inakzeptablen Übergriffe sei 2014 um 5,1 Prozent auf 3.766 Fälle gestiegen. „Betroffen macht mich ganz besonders die um 3,1 Prozent gestiegene Anzahl der bei Gewalttaten im Dienst verletzten 1.784 Polizeibeamtinnen und -beamten“, hob Gall hervor. Über 60 Prozent der in diesem Zusammenhang erfassten rund 3.405 Tatverdächtigen hätten unter Alkoholeinfluss gestanden.
Null-Toleranz-Strategie gegen Rockergruppen
Ungebrochen sei der Zulauf von Personen, die sich Rocker- beziehungsweise rockerähnlichen Gruppierungen anschließen. Die kriminellen Aktivitäten solcher Zusammenschlüsse richteten sich hauptsächlich auf Deliktsfelder wie Rauschgifthandel, Gewaltkriminalität und Rotlicht-Kriminalität sowie Wirtschaftskriminalität. Oftmals zeichne sich ein Generationenkonflikt ab zwischen Mitgliedern von alteingesessenen deutsch dominierten Rockergruppierungen und Rocker- beziehungsweise rockerähnlichen Gruppierungen, deren Mitglieder überwiegend verschiedene Migrationshintergründe aufweisen. Dies sorge für permanente Spannungen zwischen einzelnen Mitgliedern und beinhalte die latente Gefahr krimineller Auseinandersetzungen.
„Unsere Polizei stellt sich solchen Entwicklungen mit einer Null-Toleranz-Strategie entgegen und setzt beispielsweise das sogenannte Kennzeichenverbot des Schriftzugs der Hells Angels nach dem Revisionsurteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg konsequent im Land um. Es gibt in Baden-Württemberg keine rechtsfreien Räume“, betonte Innenminister Gall. So habe die Kriminalpolizei im Land 2014 sechs (2013: 5) komplexe und aufwändige Ermittlungsverfahren gegen die Organisierte Kriminalität geführt, in die Mitglieder von Rockergruppen oder rockerähnlichen Gruppierungen involviert waren.
Wie können sich Bürger vor Einbrüchen in Haus oder Wohnung schützen?
- Auch wenn Sie Haus und Wohnung nur kurzzeitig verlassen: Ziehen Sie die Tür nicht nur ins Schloss, sondern schließen Sie immer zweifach ab.
- Prüfen Sie, wer ins Haus will, bevor Sie öffnen.
- Achten Sie auf Fremde im Haus, auf dem Nachbargrundstück oder im Wohngebiet: Sprechen Sie diese Personen direkt an.
- Verschließen Sie Fenster, Balkon- und Terrassentüren auch bei kurzer Abwesenheit.
- Vorsicht! Gekippte Fenster sind offene Fenster und von Einbrechern leicht zu öffnen.
- Rollläden sollten zur Nachtzeit – und nach Möglichkeit nicht tagsüber – geschlossen werden; Sie wollen ja nicht schon auf den ersten Blick Ihre Abwesenheit signalisieren.
- Lassen Sie sich von Ihrer Polizei über Sicherungstechniken beraten.
Kriminalstatistik 2014: Anlagen und Schaubilder
Quelle:Innenministerium