Autorenlesung mit Werner Becker
24.05.2019 – 19:00 Uhr – Bürgersaal, Stadtmuseum Sinsheim
(zg) Peterge, ein berüchtigter Tag- und Nachtsdieb, welcher beständig unter dem Rock Gewehr bey sich führet, und zu Stromberg von einer Spizbuben-Rott mit Gewalt aus der Gefängnis genommen worden, ist mittelmäßig – nicht dicker Statur, glatten spitzen Gesichts, hat braune stracke Haar, traget einen hellblauen Rock und gibt sich für einen Kramer aus.
Außerdem werden gesucht: der Bumber-Jacob, der so genannte rote Wilhelm, der Mühl-Hans, der krumme Peter, der Schlangen-Fänger, der große Lenhard, der schwarze Jörgel.
Die Kurpfälzische Regierung ersucht nach jeder Sichtung dieser Diebs- und Landstreichersbande dem Amte sofortige Anzeige zu tun, Mannheim den 30. Mai 1754.
Viele Steckbriefe mehr werden in der im Stadtarchiv Sinsheim verwahrten „Aktenmäßigen Liste“ aufgeführt und beschrieben. Eine Polizei, wie wir sie kennen, DNA-Analyse oder Datenbanken mit Fingerabdrücken, gab es nicht. Bewaffnete Bürgertrupps durchkämmten regelmäßig die Wälder, um Diebesnester auszuheben. Lange vor der Erfindung der Fotografie mussten Personenbeschreibungen und Zeugenaussagen ausreichen. Diese wurden an die kurpfälzischen Amtsorte verteilt und öffentlich, meistens im Gottesdienst verlesen. Umständlich wurde es, wenn sich der Dieb ins Ausland flüchtete, das war in früheren Zeiten gar nicht so schwer, wenn man sich wortwörtlich mit einem Katzensprung in das Territorium des nächsten Reichsritters retten konnte. Sicherlich wurde auch über die eigenen Landesgrenzen hinaus Amtshilfe geleistet, dies war aber an viel Schriftverkehr und Diplomatie geknüpft. Aber wer waren diese Vaganten und das Diebsgesindel? Wie wurde man zum Räuber und hatte man überhaupt eine Wahl?
Als der Autor Werner Becker seine Ahnen erforschte und stieß er durch Zufall auf ein echtes Mitglied einer Räuberbande: Friedrich Philipp Schütz, besser bekannt als Mannefriedrich. Zwölf Einbrüche und Diebstähle, vier Straßenraube und ein Raubmord wurden Mannefriedrich zur Last gelegt. Ein Räuberleben vor 200 Jahren war aber oft weit entfernt von der verklärten Vorstellung des schneidigen Räuberhauptmanns und seinen Kumpanen. Es ging ums nackte Überleben, und war man erst mal von der Gesellschaft verstoßen, so war die Rückkehr in ein ehrbares Leben schier unmöglich. Der Autor des Buches „Mein Vetter, der Räuber“ hat bei seinen Recherchen in vielen verschiedenen Archiven Mosaiksteine einer spannenden Biographie eines jungen Mannes um 1800 gefunden. Es ist ein einfaches Leben mit vielen Schicksalsschlägen – der oftmals brutale Alltag eines Räubers wird von ihm nicht romantisiert. Was bedeutete das Vagabundenleben? Ob Räubernamen, Steckbriefe oder Verhörprotokolle – mit viel Feingefühl und auch Humor nimmt er den Zuhörer bei seiner Lesung mit auf eine spannende Zeitreise in die Vergangenheit. Vielleicht warten im Stadtarchiv Sinsheim noch weitere spannende Geschichten von unseren Vorfahren auf ihre Entdeckung, es muss ja nicht gleich ein Räuber sein.
Autorenlesung 24.05.2019 – 19:00 Uhr – Bürgersaal Stadtmuseum Sinsheim
Veranstalter: Stadtmuseum Sinsheim und Buchhandlung Doll
Eintritt: Vorverkauf 6,00 € / Abendkasse 7,00 €
Vorverkauf: Buchhandlung Doll, Bücherland, Bürgerbüro der Stadtverwaltung
Quelle: Stadt Sinsheim