Die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) geht unverändert weiter. Zwar rutschen die Zinsen nicht noch weiter in den Minusbereich, doch werden sie in allzu naher Zukunft auch nicht wieder ansteigen. Stattdessen bleiben sie auf dem aktuellen Niveau – das verkündete Mario Draghi nach einer Sitzung in der vergangenen Woche. Aktuell müssen Banken einen Negativzins von -0,4 Prozent an die EZB zahlen, wenn sie ihr Geld dort parken. Bis März 2017 wird sich an dieser Zinspolitik nichts ändern, erst danach kann es zu einem Kurswechsel kommen. Normalerweise verkündet die EZB solche Änderungen sehr früh – dass Draghi dies noch nicht getan hat, werten Beobachter als Signal. Nach dieser Einschätzung benötigt die EZB lediglich mehr Zeit, um einen neuen Plan auszuarbeiten und einen Kurswechsel einzuleiten.
Des einen Leid, des anderen Freud
Banken schadet der Niedrigzins. Zwar kommen sie über die EZB an günstiges Geld, doch verdienen sie kaum noch daran und zahlen für ihre Einlagen sogar drauf. Aktuell zahlen europäische Banken Negativzinsen für ihre Spareinlagen von rund 1022 Milliarden Euro. Umgehen können sie diese -0,4 Prozent Zinsen nur, indem sie das Geld in Form von Investitionen oder Krediten auf den Markt bringen – dadurch soll die Wirtschaft in der Eurozone angekurbelt werden.
Kreditnehmer können sich darüber freuen. Banken müssen sich zunehmend um Kunden bemühen und stehen unter einem starken Konkurrenzdruck. Dadurch sinken die Zinsen für Raten-, Immobilien- oder Autokredite kontinuierlich, und davon profitieren Kunden, die jetzt einen neuen Kredit abschließen. Ein Beispiel der Norisbank: Dort erhält man aktuell einen Ratenkredit mit einem Jahreszins ab 2,9 Prozent. Auch die Vertragskonditionen verbessern sich stetig, wodurch kostenfreie Sondertilgungen und ein erweitertes Widerrufsrecht zur Norm werden.
Änderung in Sicht
Laut Handelsblatt gehen viele Finanzexperten davon aus, dass die EZB ihren Kurs auf lange Sicht ändern muss. Aufgrund dieser Einschätzung stiegen die Zinsen von 10-jährigen Bundesanleihen erstmals seit dem Brexit-Votum wieder an – auf 0,021 Prozent. Grund für diesen Optimismus ist die Zurückhaltung der EZB und der fehlende Glaube, dass eine noch lockerere Geldpolitik die Schwierigkeiten des Marktes lösen könnten. Bisher konnten die Banken den Niedrigzins verkraften, da die Maßnahmen der EZB das Wirtschaftswachstum ankurbelten. Dieses Wachstum soll allerdings laut einer Studie der Deutschen Bank einbrechen und in Zukunft deutlich geringer ausfallen. Dadurch können Banken die Verluste nicht mehr über das Wirtschaftswachstum ausgleichen. Daher gehen Finanzexperten von einer Trendwende in der EZB-Politik aus und rechnen ab März 2017 mit einem neuen Kurs.
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