Es war ein Ende mit Tiefgang: Zum 13. Mal und vermutlich letztmalig lud die Polizeidirektion Heidelberg mehr als 300 Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Schulen, Verwaltung, aber auch Kirchen, Verbänden und Jugendarbeit zum Austausch ein. Durch die Umstrukturierung der Polizei wird die Heidelberger Präventionsabteilung nach Mannheim versetzt. Kein Wunder, dass ein Hauch von Wehmut über der Fachtagung mit dem Titel „Prävention und Ethik“ lag. Auch wenn der Moderator und frühere RNZ-Chefredakteur Manfred Fritz für seine Mitwirkung zum Polizeidirektor ehrenhalber auf Lebenszeit ernannt wurde.
Für Bernd Fuchs als Leiter der Polizeidirektion ist Prävention „alternativlos“ und sein Heidelberger Team um Günther Bubenitschek spielen in der „Champions League“. Als „Vermächtnis“, so versprach er, „werde er dafür sorgen, dass die in Heidelberg entwickelten Standards als Maßstab für die landesweite Arbeit angewendet werden“. Ins gleiche Horn tönte auch Bürgermeister Wolfgang Erichson für die Stadt. „Wir werden uns dafür stark machen, dass es weiter geht“, versprach er.
Für eine breite Palette zum Thema sorgte Professor Manfred Spitzer vom Universitätsklinikum Ulm mit seinem Beitrag zur „digitalen Demenz“, sowie Professor Thomas Bliesener, der über jugendliche Intensivtäter informierte und Melanie Wegel, die den Nutzen von Prävention unter die Lupe nahm. Den Abschluss bildete dann Abt Franziska Heereman von Stift Neuburg.
Forschung, zumal auf dem Feld der Kriminologie, hat viele Fallen. Das muss auch Professor Bliesener vom Institut für Psychologie Kiel immer wieder erleben. Sein spezielles Thema sind jugendliche Intensivtäter. Einige von ihnen gehören zu einer kleinen, aktiven Gruppe, die ein Leben lang immer wieder kriminell werden, wenn nicht Einhalt geboten wird. Gelingt es aber, sie zu stoppen, könnte vielen Verbrechen vorgebeugt werden. Nun weiß die Forschungsgruppe um den Professor aber, dass es Risikofaktoren wie mangelnde elterliche Fürsorge oder Schulversagen, aber auch Schutzfaktoren wie Wertschätzung oder menschliche Bindung gibt. Die einen zu hemmen und die anderen zu aktivieren, das muss nach Ansicht von Bliesner gesellschaftliche Aufgabe sein.
Dr. Melanie Wegel vom Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Zürich geht das Thema von der Werteseite aus an. Sie referierte eine Studie, die Jugendliche in Strafanstalten und Schüler zu ihrer Orientierung befragten. „Eine heile Welt“, den Zahn musste die Wissenschaftlerin ziehen, gibt es nach ihren Untersuchungen nirgends mehr, in keiner Schulart, in keinem Landesteil. Oft, beispielsweise in Sachen Mobbing, sind die Werte verbal sogar vorhanden, werden aber nicht gelebt. Ein Grund mehr für sie, ein durchgängiges Konzept der Prävention zu fordern. Auch Melanie Wege sieht in dem, was in dieser Hinsicht in Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis geschaffen wurde, Vorbildliches.
„Menschen verlieren heute leicht das Gespür dafür, warum sie auf dieser Erde leben“, schilderte Abt Franziskus Heereman zum Abschluss seine Beobachtungen eines Benediktinermönches. Nicht zuletzt die Sinnangebote der Religionen hätten viel von ihrer Kraft verloren. Dieses Vakuum verführe Junge wie Ältere dazu, sich nur noch vordergründige Ziele zu setzen, woran seiner Ansicht nach, das Individuum wie die Gemeinschaft Schaden nehmen. Aus den Regeln seines Ordensgründers Benedikt sieht er dabei vielfältige Orientierungsmöglichkeit aufscheinen. Dazu gehört das gesunde Maß ebenso wie die Sorgfalt im Umgang mit den Dingen. Sich immer wieder zu fragen, wohin die Reise eigentlich gehe, sollte seiner Ansicht nach Richtschnur sein für Mönche und alle anderen.
Text: Kirsten Baumbusch
Quelle: Polizeidirektion Heidelberg