„Schöne Gisela, 71, verwitwet, bin finanziell unabhängig, schätze eine gute Küche, mag Natur, Garten, fahre gern Auto. Als mein Mann verstarb blieb ich allein zurück. Ich suche e. lieben Mann mit ähnlichem Schicksal, wohne hier in der Gegend und würde gern mit Ihnen telefonieren üb 1&1 – pv Tel. […]“
Wer steckt hinter dieser Anzeige? Eine alleinstehende Rentnerin? Das dachte auch ein Verbraucher, der die Frau aus der Anzeige kennen lernen wollte. Doch unter der angegebenen Telefonnummer meldete sich eine Partneragentur, die ihn zum Abschluss eines Vertrages überredete, um geeignete Partner kennen lernen zu können. Darüber beschwerte er sich bei der Verbraucherzentrale.
„Ist eine Anzeige in der Ich-Form geschrieben und eine Telefonnummer angegeben, sollten Verbraucher erwarten können, unter der angegebenen Telefonnummer die beschriebene Person direkt zu erreichen“, betont auch Dunja Richter, Juristin der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich vor der Telefonnummer die Abkürzung „pv“ befindet.“ Diese Abkürzung ließe nicht automatisch auf eine Agentur schließen und könne eher als Abkürzung für „privat“ verstanden werden. Nach Ansicht der Juristin versuchte die Partneragentur Willibald Eberle mit der persönlich gehaltenen Anzeige bewusst, ihren gewerblichen Hintergrund zu verschleiern. Für sie eine klare Irreführung: „Nur, weil die Kontaktanzeige in der Rubrik „Heirat und Bekanntschaften“ erscheint, ist für Verbraucher der gewerbliche Hintergrund nicht erkennbar.“
Gleichwohl widersprach das OLG Nürnberg in seinem Beschluss der klagenden Verbraucherzentrale. Nach Auffassung des Senats habe Verbrauchern schon wegen der Platzierung der Kontaktanzeige in der Rubrik „Heirat und Bekanntschaft“ klar sein müssen, dass trotz der in „Ich-Form“ formulierten Kontaktanzeige eine Partneragentur hinter der Anzeige stehe. Für Richter nicht nachvollziehbar: „Eine Anzeige, die den werblichen Hintergrund verschleiert, ist wettbewerbswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) genügt es gerade nicht, wenn sich der gewerbliche Charakter erst auf den zweiten Blick erschließt.“
Obwohl für Richter die Entscheidung des OLG Nürnberg mit diesen strengen Vorgaben des BGH kaum zu vereinbaren ist, war eine Überprüfung durch den BGH nicht möglich, da das OLG Nürnberg die Revision nicht zugelassen hat. Verbraucher, die sich von scheinbar privaten Annoncen getäuscht sehen, können sich bei der Verbraucherzentrale melden.
Quelle: Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V.