(zg) Einen anderen Blick auf Rabenvögel am Ende des Abends, das versprach Stefan Bosch, der Referent des Vortrags „Rabenvögel- nur ein krächzendes Ärgernis?“. Auf Einladung des NABU Sinsheim war er in den „Grünen Baum“ gekommen, um über die großen Singvögel zu berichten.
Sein Anliegen war, mit dem schlechten Image der Rabenvögel aufzuräumen und so erzählte er sehr lebhaft und mit ansteckender Begeisterung von der Intelligenz der Vögel, die mit der von Menschenaffen und Delfinen vergleichbar ist. Rabenvögel erkennen sich im Spiegel und benutzen gezielt Werkzeuge, biegen sich beispielsweise Draht passend zurecht, um damit Futter zu angeln.
Uns Menschen sind sie überraschend ähnlich: Sie sind sehr gesellig, bilden große soziale Netzwerke und gehen lebenslange Freundschaften ein, Paare leben in der Regel monogam. Die Vögel können sehr zärtlich miteinander umgehen, sie teilen Leckerbissen, helfen sich gegenseitig, sind aber auch Meister im Schummeln und Täuschen. Bei Untersuchungen in der Schweiz hat sich gezeigt, dass sie in jedem Tal einen anderen Dialekt sprechen; außerdem sind sie sehr neugierig und haben einen ausgeprägten Spieltrieb, welcher zu Vorurteilen wie „Diebische Elster“ geführt hat.
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Trotz zahlreicher Studien findet sich kein Hinweis für den häufig erhobenen Vorwurf, Rabenvögel seien Schuld an der Dezimierung der Singvögel. Hier ist die menschliche Einwirkung durch den Singvogelmord in Ägypten oder auch Italien wesentlich gravierender. Aber auch hierzulande kommt es oft zu organisierten Jagden auf Singvögel – nämlich auf unsere Rabenvögel. Über 100000 Jungtiere wurden beispielsweise im Jahr 2008 allein in NRW erlegt, von der hohen Dunkelziffer ganz zu schweigen.
Dabei täuscht der Eindruck, dass sich Rabenvögel in den letzten Jahrzehnten stetig vermehrt haben. Die Vögel sind lediglich mehr in Siedlungsgebieten präsent, da in den vom Menschen ausgeräumten Landschaften immer weniger Platz für sie ist – ein Symptom unserer Natur- und Umweltproblematik.
Im Vergleich zu anderen Singvögeln haben Rabenvögel deutlich weniger Nachkommen, sie brüten nur einmal im Jahr. Die Bestände unterliegen seit Millionen von Jahren der Selbstregulierung. So ist es pro Quadratkilometer nur etwa einem Paar möglich zu brüten, alle anderen Vögel haben bis zu fünf Jahre Wartezeit, bis sie aus der Gruppe der Revierlosen aufsteigen können. Diese Tatsache verdeutlicht die Sinnlosigkeit der Jagd auf unsere Rabenvögel.
Besonders fasziniert waren die Zuhörer von den oft mehr als 40 Kilometer weiten abendlichen Flügen zu den Schlaf- und Versammlungsplätzen. Tausende Vögel aus dem ganzen Umkreis treffen sich an solchen Plätzen, die als Heiratsmarkt und Infobörse, aber auch der Sicherheit dienen, und tratschen dort noch bis tief in die Nacht.
Mit diesen und noch vielen anderen sympathischen Informationen über die Rabenvögel gefüttert konnten die Besucher des spannenden Vortrags dann tatsächlich bestätigen, ihre Sicht auf die großen Singvögel geändert zu haben. Die Veranstalter des NABU Sinsheim hoffen, dass solche Abende zum Verständnis und damit auch zum Schutz unserer Tier- und Pflanzenwelt einen wichtigen Beitrag leisten.
Quelle: Anja Wirtherle