Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde
(sto) Am Mittwoch, dem 20.11.2013 brachte Die Badische Landesbühne „Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde auf die Bühne der Stadthalle Sinsheim. Wer ein zeitgemäßes, aber dennoch klassisch inszeniertes Stück erwartete, wurde durch die Bühnenfassung von Carsten Ramm durchaus überrascht.
Basil Hallward (Matthias Hinz), ein aufstrebender Künstler, wird von dem jungen Dorian Gray (Ole Xylander) so inspiriert, dass er ein Meisterwerk schafft: Das Bildnis des Dorian Gray, welches so perfekt ist wie sein Vorbild. Lord Henry (Mehdi Moinzadeh), Basils Freund, öffnet Dorian die Augen für seine Schönheit, Perfektion und seine unzähligen Möglichkeiten. Dorian ist so von Eifersucht auf das Bild erfüllt, dass er sogar bereit ist, seine Seele zu verkaufen, um an Stelle des Bildes auf Ewigkeit jung, schön und perfekt zu sein. Dorian ahnt nicht, was er mit diesem Verlangen freisetzt.
Denn nun ist er nur auf sich selbst bedacht und reduziert seine Mitmenschen nur auf ihre Äußerlichkeiten.
So verschmäht er auch seine große Liebe, die junge und schöne Schauspielerin Sybil Vane (Kathrin Berg), als diese eine so miserable Aufführung von „Romeo und Julia“ darbietet, dass sich der junge Dorian für sie schämen muss. Doch Sybil will nicht weiter Theater spielen, denn nun hat sie die wahre Liebe gekostet und das Schauspielern kommt ihr verlogen und so weit von der Realität entfernt vor, dass sie sich nicht mehr in der Lage sieht, Gefühle auf der Bühne vorzutäuschen. Ohne ihre Kunst ist sie für Dorian jedoch ein Nichts. Für ihn besitzt sie keine Vielfältigkeit mehr, wenn sie nicht in verschiedene Rollen schlüpft.
Als er jedoch sein Portrait erblickt, erkennt er eine Veränderung. Nach seinem grausamen Auftreten gegenüber Sybil überkommen Dorian Zweifel und er fragt sich, ob es möglich sei, dass das Bild seine Seele widerspiegelt oder gar sich an seiner Stelle verändert.
Doch bald ereignen sich weitere Dinge, die Dorian immer weiter in den Sog der Selbstverliebtheit und Selbstüberzeugung ziehen.
Kann Dorian es noch schaffen, seinem Fluch zu entkommen? Oder wird er es für immer als Segen betrachten, jung und schön zu bleiben?
Ole Xylander spielt den Dorian Gray so facettenreich und vielfältig, dass es ein Hochgenuss ist, ihn bei der Entwicklung der zentralen Figur zu beobachten: Schwankend zwischen wirklicher Reue und der Gleichgültigkeit eines Egoisten.
Auch Mehdi Moinzadeh verkörpert den Lord Henry so, wie man sich einen Draufgänger, Frauenheld und Lebemann vorstellt: Von sich selbst überzeugt, abenteuerlustig, durchaus gebildet und der es versteht, Menschen in seinen Bann zu ziehen.
Kathrin Berg glänzt mit ihrer Darstellung der Sybil Vane. Der Unterschied zwischen der guten Schauspielerin Sybil und der schlechten Schauspielerin Sybil sticht stark heraus.
Andreas Krüger, der Sybils Bruder Jim Vane spielt, bringt viel Leidenschaft und Gefühl mit.
Das Bühnenbild, gestaltet von Tilo Schwarz, ist wie immer schlicht gehalten, bietet aber den Schauspielern viele verschiedene Möglichkeiten, den Raum auf der Bühne zu nutzen.
Die Kostüme von Kerstin Oelker sind modern bis retro gehalten.
Das Ensemble wird durch das gesamte Stück von Musik begleitet. Diese schafft immer wieder den Rahmen für die passende Stimmung. Für die musikalische Einrichtung ist Hennes Holz verantwortlich.
Um die Veränderung des Bildnisses von Dorian Gray für den Zuschauer sichtbar zu machen, werden Lichtreflexe eingesetzt. Eine interessante Möglichkeit, die das ständige Austauschen des Bildes entbehrlich macht. Auch die altersbedingte Veränderung der Charaktere wird auf eine spektakuläre Art gelöst, um keine unnötige Zeit für das aufwendige „Alt-Schminken“ zu verbrauchen: Während eines, teilweise humoristisch angelegten Tanzes bemalen die Darsteller sich selbst oder gegenseitig mit schwarzen Schminkstiften im Gesicht und benetzen ihre Haare mit einem weißen Material.
Das Rezitieren von Passagen aus William Shakespeares „Romeo und Julia“ sorgt am Anfang für Verwirrung, ebenso die vereinzelten Tanzeinlagen. Doch auch diese skurrilen Einschübe sind im Nachhinein selbsterklärend: Sybil Vane spielt die Julia, als Dorian Gray sie zum ersten Mal auf der Bühne sieht. Ein Theaterstück im Theaterstück. Die Tanzeinlagen gehören entweder dazu, oder sollen verdeutlichen, dass eine Steigerung bzw. Veränderung eintritt.
Die Inszenierung trifft eventuell nicht den Geschmack eines jeden, dies ändert aber nichts an der unglaublichen Leistung der einzelnen Beteiligten und der Botschaft, die in diesem Stück steckt: Alle Schönheit und Jugend ist vergänglich. Das Innere -die Seele- ist wichtig.