Kommenden Juni feiert Sinsheim „50 Jahre Große Kreisstadt“, doch das erste „Geburtstagsgeschenk“ gab’s schonmal vorab: Der Gemeinderat änderte am 18. April mit 27 zu 18 Stimmen die Hauptsatzung und modernisierte das kommunale Wahlrecht.
Er ersetzte die unübersichtliche, komplizierte und fehlerbehaftete sog. „Unechte Teilortswahl“ durch die reine Verhältniswahl – wie dies im übrigen bei der Kreistagswahl schon lange üblich ist.
SPD-Fraktionssprecher Michael Czink erinnerte an die Argumente dafür:
+ Eine Wahlrechtsänderung beschneidet keine Rechte und ist schon gar keine Abschaffung der Ortsverfassung
+ Die Sorge, Ortschaften fänden im Gemeinderat kein Gehör, ist unbegründet. Auch künftig haben alle Ortsvorsteher Sitz und Rederecht im Gremium und können dort jederzeit die Belange ihrer Ortschaft einbringen.
+ Ein klares, unkompliziertes System trägt zur Erhöhung der Wahlbeteiligung bei.
+ Die Vereinfachung des Wahlsystems ist weniger aufwändig und kostengünstiger, weil es die Sitzzahl auf 32 begrenzt (derzeit 46!)
+ Es führt außerdem zu einer Verringerung der ungültigen Stimmen und liefert somit ein exakteres Ergebnis des Wählerwillens.
+ Neue Chance: Ortsteil-Wähler können künftig ihre gesamten zur Verfügung stehenden Stimmen alleine auf Kandidaten ihres Ortsteiles vergeben! Ortsteile können dadurch auch mit deutlich mehr als ihrem bisherigen Garantiesitz im Stadtrat vertreten sein.
Die SPD begrüßt die Änderung, denn ein einfacheres Wahlverfahren wird die Wahlbereitschaft verbessern, das Gemeinschaftsgefühl für ganz Sinsheim stärken und die aktiven Kandidaten in allen Stadtteilen unterstützen.
Dass es aber so kommen würde, war längst nicht klar, erlebte man doch in der Gemeinderatssitzung ein „Déjà Vu“:
Wie schon vor Jahren trafen die Modernisierer auf die ewig Gestrigen, also CDU und FWV. Letztere haben immerhin die Mehrheit und als Gralshüter der Kleinstaaterei versuchten sie mit allerlei Wortakrobatik, Emotionen und Befürchtungen, ihren Willen durchzusetzen. Dazu scheuten sie sich auch nicht, den OB und die Befürworter wahlweise der Lüge und der Feigheit zu bezichtigen!
Die CDU wollte sogar unbedingt namentlich abstimmen lassen, offensichtlich aus Sorge, einige könnten die Fraktionslinie verlassen. Und so kam es denn wohl auch, allerdings im besonderen Schutz der geheimen Abstimmung – da werden selbst die Zögerlichen mutig. .
In der Wahlkabine überlegte es sich manche/r anders . . .
Und so entschieden sich 8 „heimlich Sympathisierende“, mit den mutmaßlich 19 „Überzeugten“ ausgetretene Pfade zu verlassen und Sinsheim eine bessere (Wahl-)Zukunft zu ermöglichen. Das gefiel nicht jedem: „Typisch: Erst empören – und dann umfallen„, grummelte es im Zuhörerbereich.
Der SPD kann man das nicht vorwerfen: Sie war von Anfang an klar und eindeutig („Sagen, was man tut, und tun, was man sagt“), aber selbstverständlich freuen wir uns über jede/n, der dazugelernt hat. Wir wissen: Manche Entscheidungen müssen reifen. Und in Sinsheim kann das auch schonmal Jahrzehnte dauern. Aber spät als nie!
Quelle: THOMAS FUNK