Sparkasse Kraichgau deckte schon einige Romance-Scamming-Betrüger auf / Alleinstehende Frauen besonders gefährdet
(zg) Ein paar liebe Worte vorm Schlafengehen, eine kleine Botschaft zum Start in den Tag. Es sind immer nur wenige Zeilen, die die 62-Jährige* über WhatsApp liest. Doch sie machen sie glücklich. Endlich jemand, der ihr seit dem Tod ihres Mannes wieder Gefühle entgegenbringt. Dass Michael, der Verfasser dieser innigen Worte, tausende von Kilometern entfernt in Afrika lebt, stört die alleinstehende Frau nicht. Bald kommt er nach Deutschland zurück. Michael, der Mediziner im Auslandseinsatz. Ihre neue Liebe aus dem Internet.
Selbst als er sie plötzlich um 4.000 Euro bittet, schöpft sie keinen Verdacht. Er sei bestohlen worden, kurz vor seinem Rückflug, schreibt Michael. Geld und Kreditkarte weg, sein Flugticket könne er nicht bezahlen. Ohne nachzudenken, geht die 62-Jährige zur Sparkasse Kraichgau, will ihren Dispokredit erhöhen lassen, um ihrer Liebe das Geld zu überweisen. All das erzählt sie ihrem Berater – der wird sofort stutzig.
Die Realität trifft die Witwe hart: Michael ist alles andere als die ersehnte neue Liebe. Er ist ein Betrüger, der es allein auf ihr Geld abgesehen hat. Romance-Scamming heißt diese Form des Internetbetrugs, bei der gefälschte Profile in Singlebörsen dazu benutzt werden, von den Opfern immense Summen an Geld zu erschleichen. „Wir haben unsere Mitarbeiter für diese Betrügereien sensibilisiert“, sagt der Geldwäschebeauftragte der Sparkasse Kraichgau Peter Walz. „Denn die Fälle häufen sich auch in unserem Geschäftsgebiet.“
Betroffen vor allem: alleinstehende Frauen zwischen 55 und 70 Jahren. In einem Fall wollte eine Rentnerin* sogar einen Kredit über 10.000 Euro aufnehmen. Für Flugticket und Mietkaution ihrer neuen Liebe, ein amerikanischer Soldat, der in wenigen Wochen nach Heidelberg ziehen wolle. Doch auch er sei bestohlen worden. Wieder hat der Berater der Sparkasse Kraichgau noch reagieren können. „Unsere Kollegen kennen ihre Kunden und bemerken ungewöhnliche Kontobewegungen oder Anfragen ziemlich schnell“, sagt Walz.
Gerade wenn es um Auslandszahlungsaufträge von Privatpersonen gehe, seien die Mitarbeiter besonders achtsam. Denn Geld, das erst einmal nach Afrika überwiesen wurde, könne man nicht mehr zurückholen. Und selbst im europäischen Raum sei das nur zeitlich begrenzt möglich. „Manche Frauen stehen plötzlich vor dem Nichts, weil sie von der vermeintlichen Liebe um all ihr Erspartes betrogen wurden“, so Walz. Tendenz steigend.
Deshalb rät Walz, der eng mit der Polizei zusammenarbeitet: „Auf kein Fall darf man auf solche Forderungen eingehen. Kein Geld überweisen, keine Schecks einlösen oder Briefe und Päckchen des angeblichen Liebhabers weiterleiten oder aufbewahren. Stattdessen sofort die Polizei vor Ort informieren. Und jeglichen Kontakt abbrechen.“
*Bei den genannten Fällen handelt es sich um Beispiele, nicht um konkrete Personen.
Weitere Infos: www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/betrug/scamming/
Vorsicht bei Romance-Scamming
Die Polizeiliche Kriminalprävention für Bund und Länder informiert: „Ein kurzer Chat oder eine nette Mail von einem Unbekannten – das so genannte Romance-Scamming fängt harmlos an. Die Scammer suchen auf Online-Partnerbörsen oder in sozialen Netzwerken wie Instagram, Snapchat oder Facebook nach Opfern. Eine kurze Online-Einladung zum Chat dient vielen als Erstkontakt. Um sich beim potenziellen Opfer interessant zu machen, legen sich Romance-Scammer ungewöhnliche Lebensgeschichten zu und hinterlassen immer einen seriösen Eindruck.
Scamm-Männer geben sich als Ingenieure, Architekten, Soziologen, Konstrukteure in der Ölindustrie, als Tierärzte, Computerspezialisten und US.-Soldaten aus. Auf den Fotos des Scammer-Profils bekommen weibliche Opfer eine attraktive weiße Person präsentiert – die Bilder sind allerdings gestohlen.
Nach einer Zeit versprechen die Betrüger, dass sie ihre neue Liebe besuchen werden. Doch bevor oder kurz nachdem das Ticket nach Deutschland gebucht wird, gibt es Schwierigkeiten: Überfälle, gestohlene Pässe, ein Krankenhausaufenthalt nach einem Autounfall oder Probleme mit Kreditkarten. Die Opfer werden gebeten, Geld zu senden.
Zurzeit haben es die Betrüger vor allem auf ausländische Ausweispapiere abgesehen. Oft bitten sie ihre Opfer, ihnen Kopien von Pass und Reisepass zu schicken – mit der Erklärung, ein gemeinsames Konto eröffnen zu wollen. So können leicht Ausweise gefälscht werden.“
Quelle: Pia Jäger