Wir sehen, dass wir mit unserer Kritik einen wunden Punkt getroffen haben.
(zg) Über die Intentionen der initiativen Lehrerin – Naivität oder politisches Kalkül – können wir nur spekulieren. Tatsache aber ist, dass das Versenden der Osterpakete eine zutiefst politische Aktion
war und den Bundeswehreinsatz de facto unterstützt.
Die Bundeswehr versucht seit mehreren Jahren, ihr Image durch Vorträge an und Zusammenarbeit mit Schulen aufzubessern und Kinder und Jugendliche in ihrem Sinne zu beeinflussen. Ziel ist es, langfristig Rekrutinnen und Rekruten zu gewinnen. Wie aus einer kleinen Anfrage der LINKEN (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/085/1808597.pdf) an die Bundesregierung hervorgeht, setzt die Bundeswehr dabei auch verstärkt auf Lehrerinnen und Lehrer als Multiplikatoren und bietet sich als Referentin zu verschiedenen aktuellen gesellschaftspolitischen Themen an. Der Vortrag eines Oberstleutnants zur aktuellen Flüchtlingspolitik und der Rolle der Bundeswehr beim Aufbau der Flüchtlingserstaufnahmestelle im Patrick Henry Village ist für diese Art der Jugendwerbung typisch. Als weitere Steigerung der Zusammenarbeit der Bundeswehr erfolgte nun die Osteraktion. Diese ist unseres Achtens eine aktive kriegsunterstützende Handlung. Der Effekt einer solchen Aktion liegt auf der Hand. Soldaten, die ihren Einsatz und den Krieg richtig finden, fühlen sich in ihrem Tun bestätigt. Und auf diejenigen Soldaten, die an ihrem Einsatz zweifeln wird Druck aufgebaut: seht her, die Heimat steht hinter euch und schaut auf euch. So bringt man die Truppe auf Linie und sorgt für Sinnstiftung in einem ansonsten vollkommen sinnlosen Krieg. Ginge es einfach darum, den Soldatinnen und Soldaten etwas Gutes zu tun, hätten die Lehrerinnen die Osterpakete am Nachmittag als Privatperson packen können. Die Gummibärchen wären dieselben gewesen. Und als humanitäres Projekt hätte sich eine Aktion zugunsten der Welthungerhilfe, von Ärzte ohne Grenzen, dem UNHCR etc. pp. Mindestens genauso gut geeignet.
Stattdessen versendet sie die Pakete öffentlichkeitswirksam im Namen einer öffentlichen Schule ausgerechnet zu Ostern als Kontrapunkt zu den Ostermärschen der Friedensbewegung. Kann man
da wirklich noch von Zufall ausgehen?
§ 1 II 2 BW SchG (Schulgesetz Baden – Württemberg) nennt Friedensliebe explizit als Erziehungsziel an Baden – Württembergischen Schulen. Das Versenden von Süßigkeiten an Frontsoldaten kann man kaum als friedensliebend bezeichnen.
Dass unsere Kritik insbesondere bei der CDU, die vor zwei Jahren sogar den Parlamentsvorbehalt für Bundeswehreinsätze abschaffen wollte, inhaltsleere Empörungsblasen produziert, verwundert nicht weiter. Gemeinsam mit anderen hat die LINKE den Vorstoß Volker Rühes im Bundestag erfolgreich abgewehrt. Auch wenn eine Parlamentsarmee humaner ist als eine Interventionsarmee á la Reichswehr, so darf doch nicht vergessen werden, dass auch der Reichstag 1914 für die Kriegsanleihen stimmte und Großbritannien und Frankreich 1914 mehr oder wenig demokratische Staaten waren. Den in den Schützengräben elendig umgekommenen Soldaten hat das nichts genutzt.
Politische Profilierung hat die LINKE in der Friedensfrage nicht nötig: wir haben als einzige Partei stets geschlossen gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr gestimmt und wurden mit unseren Kernforderungen Frieden und soziale Gerechtigkeit 2013 als drittstärkste Kraft in den Bundestag gewählt. In diesem sind wir Oppositionsführer.
DIE LINKE wird auch in Zukunft nicht tatenlos zusehen, wenn die Hilfsbereitschaft und der gute Wille von Kindern schamlos und in unverantwortlicher Weise für militärische Zwecke ausgenutzt
wird.
Anja Lorenz, Mitglied des Vorstandes des Kreisverbandes Kraichgau – Neckar – Odenwald der Partei DIE LINKE