Nicht nur die Stiftung Warentest und ÖKO-TEST lassen Produkte und Dienstleistungen vom Babybrei bis zur Sterbegeldversicherung untersuchen. In Deutschland gibt es über 700 „Testveranstalter“. Das Deutsche Institut für Servicequalität (DISQ) nimmt wöchentlich Fotoshops, Online-Anbieter für Lebensmittel und vieles mehr unter die Lupe. Auto-, Computer- und Testbild mischen im Test-Geschäft ebenso mit wie die Deutsche Gesellschaft für Verbraucherstudien (DtGV), die einen Testsieger unter den Online-Weinhändlern kürt.
Doch welchen Tests kann man vertrauen? Die Antwort: Die meisten sind nicht seriös. Im besten Fall sind sie unterhaltsam, zumeist aber schlicht Täuschung der Verbraucher. Um der Täuschung einen Riegel vorzuschieben, wurden unter Federführung des Bundesverbraucherministeriums bereits 2014 unter Mitarbeit von Stiftung Warentest, ÖKO-TEST, c’t (Heise) und ADAC „Regeln der guten fachlichen Praxis des Testens“ verabschiedet und unterzeichnet. Darin heißt es unter anderem: „Gestattet ein Testveranstalter die Werbung mit seinen Testergebnissen, Marken oder sonstigen Kennzeichen, so sind die Bedingungen für die Gestattung einschließlich der Entgelte offenzulegen“. Bis heute haben nur diese vier Erstunterzeichner sich verpflichtet, die Regeln bei ihrer Arbeit zu beachten.
Denn in den vergangenen Jahren ist der Verkauf von Testsiegeln zu einem großen und verschwiegenen Geschäft geworden. Seitdem sich auf fast jedem Produkt mindestens ein Label findet, seitdem fast jedes Finanzprodukt von irgendjemandem zum „Testsieger“ gekürt wurde, seit fast jede Krankenkasse mit mehreren Siegeln wirbt, ist eine Labelvergabe-Industrie entstanden. Die ist hochprofitabel – Hersteller und Anbieter zahlen oft 20.000 und mehr Euro für ein Label – hilft aber den Verbrauchern nicht. Denn die vielen unseriösen Anbieter wollen mit ihren „Tests“ keine Probleme aufdecken und damit für Verbesserungen von Produkten und Dienstleistungen sorgen. Die Unseriösen können keine „befriedigenden“, „ausreichenden“, „mangelhaften“ oder „ungenügenden“ Produkte gebrauchen, sie brauchen möglichst viele „gute“ und „sehr gute“, um möglichst viele Label verkaufen zu können.
Andere verdienen an so genannten Affiliate-Programmen. Das heißt, sie verlinken die „getesteten“ oder „verglichenen“ Produkte auf einen oder mehrere Online-Shops und bekommen dafür eine – meist umsatzabhängige – Vergütung. Auch für dieses Geschäftsmodell braucht man möglichst viele „gute“ und „“sehr gute“ Produkte.
Da setzt Testwatch – Die Verbrauchernützer an. „Wir testen die Tester“, sagt Jürgen Stellpflug, ehemals Chefredakteur von ÖKO-TEST und heute Vorstand von Testwatch e.V. „Wir sagen, auf welche Tests und Testsiegel man sich verlassen kann – und welche reine Geldmacherei sind“, so Stellpflug, der seit Gründung im Jahr 2009 auch Mitglied der Verbraucherkommission des Landes Baden-Württemberg ist.
Dazu prüft Testwatch beispielsweise, ob es nachvollziehbare Kriterien dafür gibt, dass ein Produkt zum Test-, Vergleichs- oder Preis-Leistungssieger gekürt wird. Unseriöse Testveranstalter fallen dadurch auf, dass sie in ihren Test- oder Vergleichstabellen lediglich allgemein zugänglich Daten aufführen, die in keinem Zusammenhang mit der Bewertung der Produkte stehen. Manchmal werden lediglich die auf Amazon verfügbaren Beschreibungen der Produkte aufgelistet. Durch solche Tests und Vergleiche werden somit Verbraucherinnen und Verbraucher getäuscht, die ihr gutes Geld nur für wirklich gute Produkte ausgeben wollen.
Jürgen Stellpflug, Vorstand von Testwatch e.V.
www.testwatch.de