Theaterkiste Sinsheim – eine gute Adresse
(hjj) Die 12 Geschworenen – ein Schauspiel von Reginald Rose – hier eine Inszenierung von Nina von Carlsburg in der Carl-Orff-Schule in Sinsheim. Dieses Stück, aus 1954, und 1957 zum ersten Mal verfilmt mit Schauspielergrößen wie Henry Fonda, Jack Klugman und Ed Begley, 1963 in deutscher Verfilmung mit Mario Adorf , Siegfried Lowitz und Herbert Bötticher, wohl geläufigere Namen, nun auf den Sinsheimer Brettern aufgeführt. Wir hatten schon einen kurzen Vorbericht veröffentlicht und gestern hatten wir das „große Vergnügen“, das ganze Stück zu sehen. Nicht ohne Grund ist das „große Vergnügen“ fett geschrieben, eine schauspielerische Leistung, vor der man nur den Hut ziehen kann. ALLE 13 Akteure, damit meine ich die 12 Haupt-Protagonisten und den Gerichtsdiener, die Regisseurin Nina von Carlsburg in dieser Nebenrolle spielten in einer Weise, die bis ins Detail eine lebensechte Beratung über ein Urteil, das einen Delinquenten auf den elektischen Stuhl bringen könnte. Bevor ich weitere Worte über den Inhalt in Kurzform verliere habe ich einige visuelle Eindrücke für Sie aufbereitet …
Ein Geschworerengericht, in den USA „Jury“ genannt, besteht aus 12 amerikanischen Staatsbürgern, die durch Abstimmung ein Urteil fällen sollen. Für die Dauer der Beratung und Abstimmung werden diese vollkommen isoliert und unterliegen deshalb keiner Einflussnahme der Aussenwelt. Das Ergebnis ist verbindlich – so zu sagen Gesetz! „You are the law“! – Ihr seid das Gesetz! In diesem Fall geht es um Mord, der im Fall des 100% Beweises, die Todesstrafe nach sich zieht, eine verantwortungsvolle Aufgabe also. Der Beschluß muß einstimmig sein.
Man wurde also eingeladen, per Post, kannte sich vorher nicht, was das erste Kriterium war, worüber es unterschiedliche Meinungen gab. Ohne Rücksicht auf Geschlecht und Stand, zusammengesetzt, unterschiedliche Bildung und Charaktere. „An diesem Tag war es sehr heiß und drückend, dass man sich zuerst über die -lokalen Bedingungen- aufregen mußte.“ Unterschiede fange schon da an, einer ist erkältet, dem Anderen läuft der Schweiß, wieder ein Anderer hatte Zeitdruck, weil er zu einem Baseball-Spiel wollte, so wurden im Laufe der Zeit einige „Nebenkriegsschauplätze“ aufgemacht, brachte Sympathien und Antipathien hervor, die exzellent von den Akteuren ausgedrückt wurden, Mimik und Gestik zeigten mit welch einer inneren Einstellung gespielt wurde, ich glaube jeder der Personen lebte seine Rolle. Erste Abstimmung : 11 zu 1 !!! – Man dachte die Beweislage sei klar, zumal der Delinquent ein „Farbiger“ war – der seinen Vater erstochen haben sollte. Nr. 8 – hat mit NEIN gestimmt. Nun sollte argumentativ dieser überzeugt werden. Doch es kam völlig anders – im Laufe der Beratungen wurden immer mehr Widersprüche aufgetan und so kippte peu à peu die Abstimmung ins Gegenteil. Final war das Ergebnis – einstimmig – NICHT SCHULDIG. Wie das zustande kam würde hier zu weit führen! Angriffe und Verteidigungen, Beleidigungen und Entschuldigungen, Gleichgültigkeit und Interesse wechselten sich ab! – Klasse!
Mein Vorschlag – schauen Sie sich das Schauspiel selbst an, spannend, zuweilen unterhaltsam bis witzig, aber immer am Rande der Ungewissheit. Ich hatte es bereits erwähnt, eine schauspielerische Meisterleistung der Akteure und der jungen Regisseurin. Ich werde diese Truppe weiter im Auge behalten – Laienschauspieler höchster Güte verdienen der Beachtung! Theater ist LIVE und kann nicht in mehreren „TAKES“ produziert werden. Freuen Sie sich auf solch grandiose Künstler, die sich mit einer beispiellosen Leidenschaft präsentieren können!
Text und Fotos: Hans-Joachim Janik Kraichgau-lokal,de