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Vor 10 Jahren letzte Landung der Concorde

24. Juni 2013 | Auto & Technik Museum, Leitartikel, Photo Gallery

Vor 10 Jahren – Am 24. Juni 2003 beendet eine Concorde der Air France ihren letzten Flug auf dem Baden Airpark bei Karlsruhe

(zg) 24. Juni 2003, kurz vor 13 Uhr. Schon seit Stunden ist der Verkehr rund um den Baden Airpark fast vollständig zusammengebrochen. Aus ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland haben sich über 20.000 Schaulustige auf den Weg zu dem badischen Flughafen in der Nähe von Karlsruhe gemacht, um bei einem Ereignis dabei zu sein, das einmalig bleiben wird: die letzte Landung der Concorde F-BVFB der französischen Fluggesellschaft Air France.

Fast drei Jahrzehnte lang war die Concorde der Stolz der französischen Airline gewesen. Und obwohl die Technik den Weiterbetrieb noch viele weitere Jahre ermöglicht hätte fiel, im Frühjahr 2003 der Entschluss, den Linienflugbetrieb mit der Concorde zu beenden und die Flugzeuge an Museen zu übergeben. Die wichtigsten Gründe für diese Entscheidung waren ungelöste Sicherheitsprobleme nach dem Unglück vom 25. Juli 2000, bei dem 113 Menschen ihr Leben verloren, und die sinkenden Passagierzahlen nach dem Anschlag auf das World Trade Center im September 2001 kurz nach der Wiederaufnahme der Linienflüge nach New York. Nur zwei „Concorde“ werden nach der Außerdienststellung von Air France an Museen außerhalb Frankreichs vergeben. Eine davon, die Concorde mit der Kennung F-BVFB, die am 24. Juni zur Mittagszeit auf dem Baden Airpark erwartet wird, ist für das Auto & Technik Museum Sinsheim bestimmt.

Der letzte Flug der Concorde „Fox Bravo“ beginnt morgens kurz nach 9 Uhr auf dem Flughafen „Charles de Gaulle“ in Paris. Auch für Flugkapitän Jean-Louis Châtelain ist dies ein ganz besonderer Tag, denn nicht nur für „seine“ Concorde, sondern auch für ihn endet heute die aktive Dienstzeit. Routiniert arbeitet er die Checkliste ab. Dann kommen die Passagiere an Bord – Journalisten, verdiente Mitarbeiter von Air France und vom Auto & Technik Museum Sinsheim sowie zahlreiche Ehrengäste, darunter die Witwe des Piloten des Unglücksflugs von 25. Juli 2000.

10.15 Uhr – Start in Paris. Kapitän Châtelain zündet die Nachbrenner. Das zusätzliche Einspritzen von Kerosin in die heißen Triebwerksauslässe katapultiert die Concorde auf eine Startgeschwindigkeit von 400 km/h. Mit der entfesselten Kraft von 69.000 Kilopond wuchten wenig später die vier Olympus-Triebwerke die „Fox Bravo“ in den Himmel. Im schnellen Unterschallflug steuert die Crew Richtung Le Havre und Atlantik. Über dem offenen Meer zünden die Piloten zum zweiten Mal die Nachbrenner. Zum letzten Mal durchbricht die Concorde die Schallmauer. Dann geht es wieder Richtung Festland, diesmal aber nicht nach New York oder Rio de Janeiro sondern nach Karlsruhe zum Baden-Airpark.

Um 12.40 Uhr, zwei Stunden und 25 Minuten nach dem Start in Paris, leitet Flugkapitän Châtelain den Landeanflug ein. Noch eine Ehrenrunde über den Baden-Airpark – dann schwebt die „Königin der Lüfte“ fast lautlos wie ein Raubvogel der Landebahn entgegen und setzt wenige Sekunden später punktgenau auf. Ein letztes Mal heulen die Motoren auf um den eleganten Riesenvogel mit ihrem Gegenschub abzubremsen. Die Zuschauer applaudieren, eine einzigartige Ära der Luftfahrtgeschichte hat ihr Ende gefunden.

Aber noch ist die Concorde nicht an ihrem endgültigen Bestimmungsort, dem Auto & Technik Museum Sinsheim, angekommen. Rund 130 km zu Wasser und zu Land müssen och mühsam zurückgelegt werden. Erst wenige Jahre zuvor hat das Museum mit dem Transport einer Tupolev 144 von Moskau nach Sinsheim eine vergleichbare logistische Meisterleistung vollbracht. Die Tupolev 144 ist das sowjetische Gegenstück zur Concorde und das einzige weitere Überschall-Passagierflug­zeug, das bis heute im Liniendienst eingesetzt wurde. Im Jahr 2001 war es dem Museumsverein pünktlich zum 20. Jubiläum der Museumgründung gelungen, eine Tupolev 144 zu erwerben und in Sinsheim auf riesigen Stahlstützen auf dem Museumdach aufzustellen. Vorsichtshalber wurde dabei ausreichend Platz für eine Concorde gelassen. Aber niemand hatte damals geglaubt, dass der Traum des Museums, die beiden einzigen jemals in Serie gebauten Überschall-Passagierflugzeuge Seite an Seite präsentieren zu können, sich so schnell erfüllen würde.

Am 18. Juli 2003 ist dann alles zum großen Finale bereit. Um die Höhe und Breite des Flugzeugs so weit wie möglich zu verringern hat die Werkstattmannschaft des Museums gemeinsam mit Experten von Air France das Seitenleitwerk und die Flügelspitzen demontiert. So gerupft wird der Riesenvogel auf einem Tieflader zur NATO-Rampe nach Söllingen gefahren, auf einen Ponton verladen und auf dem Rhein bis nach Altlußheim transportiert. Von dort geht es dann am Abend wieder auf einem Tieflader über die A6 zum Museum nach Sinsheim. Entlang der Fahrtroute herrscht eine Stimmung wie bei einem Volksfest. Zehntausende Schaulustige haben sich auf den Autobahnbrücken und entlang der Strecke versammelt um das einzigartige Schauspiel zu verfolgen. Kurz nach Sonnenaufgang ist es dann soweit. Von einem riesigen Kran wird der Rumpf der Concorde von der Autobahn auf das Museumsgelände gehoben.

Zehn Jahre sind seither vergangen und die Concorde, die neben der Tupolev 144 weithin sichtbar majestätisch auf drei Stahlstützen auf dem Museumsdach in Startposition thront, ist längst zu einem Wahrzeichen nicht nur für das Auto & Technik Museum, sondern auch für Sinsheim geworden. In keinem anderen Museum der Welt können die beiden einzigen jemals in Serie gebauten Überschall-Passagierflugzeuge gemeinsam besichtigt werden. Sowohl die Concorde als auch die Tu-144 sind komplett von innen zugänglich. Der Aufstieg über eine Wendeltreppe und im Rumpf des Flugzeugs führt auf eine Höhe von über 30 Meter. Ein einzigartiges Erlebnis, das sich kein Museumsbesucher entgehen lassen sollte.

Zur Concorde F-BVFB des Auto & Technik Museum Sinsheim

Die „Concorde“ Seriennummer 7 mit der Kennung F-BVFB wurde am 8. April 1976 in die Air France Flotte aufgenommen. Die Maschine flog vom 1. bis 21. September 1988 um die Welt und legte dabei in 38 Stunden und 13 Minuten 47.572 km zurück. Insgesamt brachte diese Concorde 14.771 Flugstunden und 5.473 Flüge hinter sich.

Viele Arbeiten waren nach der Landung notwendig, um die Königin der Lüfte transportfertig zu machen. Spezialisten der Air France und des Auto & Technik Museum Sinsheim bauten die Triebwerke aus und nahmen die Flügelspitzen und das Heckleitwerk ab. Nach zahlreichen Machbarkeitsstudien und Sitzungen mit den zuständigen Behörden wurde eine optimale Transportstrecke ausgewählt und der Transport akribisch vorbereitet. Wie bei fast allen Schwertransporten des Museums waren wieder die Spezialisten der Spedition Kübler und der Firma Scholpp federführend tätig. Das größte Problem war die extreme Breite des Flugzeugs. Trotz der Demontage der Flügelspitzen betrug diese immer noch stolze 14,45 Meter. Der Transport konnte daher nur auf einem kippbaren Spezial-Tieflader erfolgen. Ansonsten hätte die „Concorde“ nicht unter der Autobahnbrücke beim Museum hindurch gepasst. Der Straßentransport startete am 19. Juli 2003 und dauerte bis in die Morgenstunden des darauf folgenden Tages. Zehntausende Schaulustige säumten noch weit nach Mitternacht die gesperrte Autobahn, um das Großereignis mitzuerleben.

Für das Fundament der Stützen wurden in der Museumshalle zwei Gruben ausgegraben und mit 1.200 Tonnen Stahlbeton aufgefüllt. Danach hob ein 500-to-Kran mit 40 m Ausleger ein Gerüst aus meterdicken Stahlrohren durch das Dach direkt in die Ausstellungshalle. 18 m lang sind die beiden hinteren Stahlrohre, die das große Flugzeug über dem Dach der Halle tragen. Die vordere ist 23 m lang. So ergibt sich der Anstellwinkel wie beim Start. Nach dem Zusammenbau wurde die „Concorde“ am 17. März 2004 auf dem neu errichteten Stahlgerüst über der Halle 2 des Museums neben der Tupolev 144 verankert.

Quelle: Auto & Technik Museum Sinsheim e.V.

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