(zg) In Sinsheim hat der Gemeinderat 2012 auf unsere Initiative eine Resolution gegen Rechtsextremismus verabschiedet. Gerade in dem ersten Jahr seiner Amtszeit hätten wir von dem Oberbürgermeister ein klares Zeichen zur Unterstützung dieses Mehrheitsbeschlusses erwartet. Nun werden sich viele fragen: „Welche politische Richtung sie mit ihrer Wahl tatsächlich unterstützten“. Die Chance wie zuletzt in unserer Nachbarschaft Wiesloch geschlossen den Rechtsextremismus quer durch alle Parteien entgegen zutreten sind jedenfalls vertan.
Für die SPD sind das entschlossene Entgegentreten bei Nazi-Demonstrationen und Kundgebungen die einzig richtige Reaktion. Gleichzeitig sei ein solches Engagement eine Werbung für eine weltoffene Stadt. Jeder habe das Recht und im Fall von Nazi-Aufmärschen auch die Pflicht, zu verhindern, dass rassistische Ideologien ungehindert Verbreitung finden. Die Bürger müssten die Möglichkeit haben, demokratische Grundwerte zu verteidigen.
Wenn es um den Kampf gegen Rechtsextremismus geht, rufen die meisten Politiker/Innen schnell nach Verboten. Was im Grundsatz nicht falsch sein muss, wird von der Politik nun allerdings zum Allheilmittel gegen den Rechtsextremismus erkoren. Das ist ein riskanter Fehler. Denn die Geschichte der Parteiverbote hat gezeigt, dass sie zwar die Kriminalisierung der Mitglieder und die polizeilichen Maßnahmen gegen Veranstaltungen der Partei deutlich vereinfachen. Doch auf der anderen Seite bilden sich immer neue Vereinigungen und Zulaufpunkte für diese Menschen. Wer die zahlreichen Anhänger/Innen einer Parteiideologie in den Untergrund drängt, macht sie für jeglichen demokratischen und gesellschaftlichen Einfluss unerreichbar und unberechenbar. Grundsätzlich ist es richtig, dass der Staat sich gegen verfassungswidrige Parteien und Verbände wehrt. Für alle Menschen sollen die Grundrechte der Verfassung ein Rahmen sein, den es zu respektieren gilt. Doch überzogener Aktionismus und vor allem der Glaube, solche Einzelverbote würden auch langfristig zu einer Auslöschung faschistischer Ideologien führen, schaden der Gesellschaft mehr als sie ihr nützen. Es muss eine dauerhafte und breit getragene Bewegung gegen Fremdenhass und Nationalismus geben Rechtsextremen müssen wir mit aller Härte entgegentreten – sie haben in unserer Demokratie keinen Platz. Doch Verbote und Strafen alleine helfen nicht weiter. Wir müssen auch um die Überzeugungen – gerade junger Menschen – kämpfen.
60 Jahre nach dem Ende der national-sozialistischen Diktatur in Deutschland rufen Neonazis zur Hetze gegen Jüdinnen und Juden, Migrant/Innen, Behinderten, Obdachlose und Homosexuellen auf. Die Zustimmung zu solchen Ideologien gerade bei jungen Menschen muss alle Demokrat/Innen alarmieren. Die Ergebnisse rechtsextremer Parteien dabei als Ausrutscher oder Protestwahl abzutun, wäre falsch. Die Gefahren durch Rechtsextremismus sind nicht auf Provokationen in Parlamenten oder Aufmärschen beschränkt. Viele neue Phänomene sind zu beobachten. Schon lange gilt zum Beispiel das Bild des Rechtsextremen „als dumme Glatze“ nicht mehr – Rechtsextremismus ist in viele Jugendkulturen und in alle Schichten der Gesellschaft eingedrungen, rechtes Gedankengut ist bis in die Mitte der Gesellschaft hinein hoffähig geworden. Es gilt die Auseinandersetzung mit den Rechtsextremist/Innen offensiv zu führen. Alle demokratischen Parteien sollten deshalb gemeinsam für eine demokratische Erinnerungskultur, die sich dieser Verantwortung stellt eintreten, und eine Wiederholung dieser Verbrechen niemals zulässt.
Quelle: Hans Gilbert Schroeder