Vier Fragen an Sebastian Eick, stellvertretender Leiter des Kreisforstamtes des Rhein-Neckar-Kreises, zum Zustand des Waldes im Rhein-Neckar-Kreis:
Frage 1:
Die beiden Jahre 2018 und 2019 haben durch ausgeprägte Trockenperioden bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und den menschengemachen Klimawandel zu gespürter Realität für die Menschen im Rhein-Neckar-Kreis werden lassen. Welche Baumarten leiden in unserem Wald am meisten unter diesen extremen Temperaturen und wie reagieren die Forstbetriebe kurzfristig darauf?
Die erwähnten Dürreperioden haben allen Baumarten in unserem Wald stark zugesetzt. Von unseren heimischen Baumarten hat die Fichte durch ausgeprägten Borkenkäferbefall am stärksten unter den ausgedehnten Trockenperioden gelitten. Aber auch bei der Rotbuche und der Kiefer treten in diesem Jahr für diese Baumarten ungewöhnlich hohe Absterbeerscheinungen auf. Gerade bei der Buche stellen abgestorbene Bäume auch ein Sicherheitsproblem für die Erholung suchende Bevölkerung und die im Wald arbeitenden Personengruppen dar. Um diese Gefahren zu beseitigen, werden daher aufgrund der Trockenheit stellenweise nennenswerte Fällarbeiten durchgeführt oder Waldsperrungen erforderlich. Planmäßiges Arbeiten im Wald wird durch diese Störungen erheblich erschwert.
Frage 2:
Der von Ihnen erwähnte Borkenkäferbefall hat in diesem Jahr enorme Ausmaße erreicht. Wie kommt es zu so einer Massenvermehrung dieses Käfers in unserem Wald?
Der Grundstein für die aktuell beobachtbare Massenvermehrung wurde im ausgehenden Winter 2017/2018 durch mehrere Winterstürme in Mitteleuropa gelegt. Dadurch hatte der Borkenkäfer viel Brutmaterial, welches ihm bis zu seinem Ausschwärmen nicht in genügendem Maße entzogen werden konnte. Dazu kamen dann die beiden extrem trockenen Sommer 2018 und 2019. Durch die Wärme und Trockenheit konnten sich die Käfer äußerst erfolgreich fortpflanzen und die Bäume hatten Wasserstress. Sobald die Fichte nicht mehr auf genügend Wasser im Boden zurückgreifen kann, fehlen ihr die erforderlichen Abwehrkräfte gegen den Borkenkäfer. Der Käfer hat dann ein leichtes Spiel.
Frage 3:
Gibt es Prognosen, wie sich unser Wald in den nächsten Jahrzehnten durch den menschengemachten Klimawandel verändern wird bzw. wie wollen die Forstbetriebe auf diese zukünftigen Herausforderungen langfristig reagieren?
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg hat erst kürzlich aufgrund neuer Rahmenbedingungen der zugrunde gelegten Modelle neue Baumarteneignungskarten für das Land Baden-Württemberg veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass die Eignung unserer Standorte für die vier wichtigsten Baumarten, nämlich Buche, Fichte, Kiefer und Eiche, bis ins Jahr 2100 weiter abnehmen wird. Die bereits angesprochenen Absterbeprozesse bestätigen diese Prognosen. Besonders betroffen von dem Rückgang wird die Fichte sein aber auch die Buche wird zukünftig nur noch auf knapp 40 Prozent der Waldfläche geeignete Standorte finden.
Viele Forstbetriebe werden daher den bereits seit vielen Jahren erfolgreich praktizierten Waldumbau hin zu Mischbeständen auch weiterhin vorantreiben, da diese weniger unter den Klimaextremen leiden.
Parallel dazu laufen bereits intensive Forschungsprojekte zu der Frage, welche Baumarten zukünftig eine größere Rolle in unserem Wald spielen können. Gerade für die Rheinebene drängt sich diese Frage auf. Diese Anbauversuche benötigen jedoch Zeit.
Frage 4:
In Russland und dem Regenwald brennen aktuell riesige Waldflächen. Wie beurteilen Sie als Forstexperte die Waldbrandgefahr für unsere Wälder in dieser klimatischen Situation?
Im Vergleich zu anderen Bundesländern hat Baden-Württemberg eine eher geringe Waldbrandgefahr. Der überwiegende Teil unserer Waldbrände wird durch fahrlässiges Verhalten verursacht. Aus diesem Grund gilt in unseren Wäldern auch in der Zeit vom 1. März bis 31. Oktober ein Rauchverbot. Durch umsichtiges Verhalten mit Feuer im Wald bzw. der freien Landschaft kann das Risiko einer ungewollten in Brand Setzung bei uns auf ein Minimum reduziert werden. Nur durch Verantwortungsbewusstsein eines jeden Bürgers kann dazu beigetragen werden, dass unser heimischer Wald den Trockenstress bestmöglich übersteht.
Quelle: Silke Hartmann